Mülheim. Mediziner ziehen sich aus Kostengründen aus dem Kampf gegen Corona zurück, heißt es von der KV. Dem Krisenstabsleiter bereitet das große Sorgen.

Rund ein Dutzend Mülheimer Arztpraxen, die sich bislang aktiv am Kampf gegen das Coronavirus beteiligt haben, bieten kein Testen und Impfen mehr an – dabei steigt die Inzidenz seit Tagen und lag am Montag schon wieder bei 42,8. Und es droht der Ausstieg von weiteren Medizinern, weiß Dr. Frank Steinfort, Leiter des Mülheimer Krisenstabes, der am Montag getagt hat. „Die Entwicklung macht mir Sorgen.“ Für ihn nämlich ist „Impfen, Impfen, Impfen“ nach wie vor die beste Strategie gegen Covid-19.

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Noch habe man zum Glück viele Ärzte, die sich beteiligen. Und auch das Impfzentrum in Broich arbeitet bekanntlich bis Ende September. „Da hatten wir gerade erst wieder schöne Erfolge“, so der Stadtdirektor. „Am Samstag und Sonntag haben sich jeweils 500 Menschen dort impfen lassen.“ Doch auch in der Einrichtung auf dem ehemaligen Tengelmann-Gelände werde die Situation schwieriger, „das Personal bricht weg“. Man müsse „noch so viel schaffen wie irgend möglich“, sagt Steinfort, und setzt darauf, dass sich rasch viele Bürger auf den Weg machen. Noch könne es klappen, beide Spritzen im Impfzentrum zu erhalten: Biontech werde dort im denkbar kürzesten Abstand von drei Wochen verabreicht.

Die Vergütung pro Test ist von 15 auf 8 Euro reduziert worden

Dr. Stephan von Lackum, Leitender Impfarzt und Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) in Mülheim, weiß, warum einige seiner Kollegen zum Testen nicht länger bereit sind. Seit Anfang August können sich Patienten ihr Testergebnis auch direkt in die Corona-Warn-App schicken lassen; das aber sei für die Praxen aufwendig, erfordere unter anderem Verträge mit der Telekom. „Zudem ist die Vergütung pro Test von 15 auf 8 Euro reduziert worden. Heißt: Es ist mehr Arbeit für weniger Geld.“ Laut von Lackum ist diese Arbeit zum Teil „nicht mehr kostendeckend möglich“.

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Die KV habe daher vorgeschlagen, das stillgelegte Diagnosezentrum wieder zu öffnen, um dort im großen Stil auf Covid-19 zu testen. Die Idee werde aktuell geprüft. Auch das Impfen sei von den Praxen oft nicht mehr kostenneutral zu stemmen, sagt von Lackum, und weist auch auf zeitaufwendige Aufklärung und Dokumentation hin.

Steinfort spricht beim Impfen vom „Wettlauf gegen die Zeit“

Steinfort spricht beim Impfen von einem „Wettlauf gegen die Zeit“. Er setzt seine Hoffnung auch auf die vielen mobilen Impfangebote, die der Krisenstab am Montag besprochen hat. Unter anderem mache man in den kommenden Wochen rund 3000 Schülerinnen und Schülern der Berufskollegs vor Ort ein Angebot sowie rund 2900 Schülern der Sekundarstufe II an Gymnasien und Gesamtschulen. Dabei sollen auch Kinderärzte eingesetzt werden.

Auch im Forum will man noch mehrmals jedermann eine Offerte mit dem Einmalimpfstoff Johnson & Johnson machen: Der nächste Termin ist am Samstag, 21. August.