Mülheim. Während sich der Eindruck verhärtet, der Flughafen Essen-Mülheim könnte über 2034 hinaus Zukunft haben, kämpft ein Netzwerk erbittert dagegen an.
Das „Netzwerk Mülheimer Bürger gegen Fluglärm“ beklagt erheblich mehr Flugbewegungen am Flughafen Essen-Mülheim und damit einhergehend mehr Lärmbelastung für Anwohner ringsum. Die Initiative fordert ein unabhängiges Lärmgutachten.
Die von den Städten Mülheim und Essen getragene Flughafen-Gesellschaft verweigere die Herausgabe lärmrelevanter Daten für ein solches Gutachten, beklagt das Netzwerk über seinen Sprecher Waldemar Nowak. Die Anzahl der Flugbewegungen – derzeit würden circa 60 Prozent davon auf die Flugschulen entfallen – habe insbesondere in den Platzrunden von 2016 bis 2020 „erheblich zugenommen“. Mit entsprechend hoher Lärmbelastung, insbesondere am Abend, am Wochenende oder an Feiertagen.
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Netzwerk berichtet von vermehrten Klagen über Lärm – Umweltamt kennt diese nicht
„Zurzeit gibt es massive Bürgerbeschwerden über ständig steigenden Fluglärm, insbesondere verursacht durch Flugzeuge in den Platzrunden, wobei uns viele Bürger mitteilten, dass die vorgeschriebenen Platzrunden nicht eingehalten werden. Viele Beschwerdeführer fragen sich, ob eine ausreichende Kontrolle durch die Luftaufsicht und die Bezirksregierung stattfindet“, so Nowak.
Dem Mülheimer Umweltamt ist dieses Phänomen hingegen nicht bekannt. In der jüngeren Vergangenheit habe es „keine auffällig massierten Beschwerden wegen Fluglärm“ gegeben, so Stadtsprecher Volker Wiebels. Auch die Flughafengesellschaft FEM reklamiert für sich, von derartigen Klagen nichts zu wissen.
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Mülheimer Netzwerk fordert neues Lärmgutachten und Lärmminderung
Das Netzwerk fordert dessen ungeachtet ein unabhängiges Lärmgutachten, um für die Diskussion um die mögliche Zukunft des Flugbetriebs über das Jahr 2034 hinaus „objektive Grundlagen“ zu schaffen. Das letzte stamme aus dem Jahr 1982. Die Städte Essen und Mülheim, deren FEM sowie die Bezirksregierung zeigten sich in dieser Angelegenheit aber sperrig, gäben Daten nicht heraus. Das Netzwerk erwartet laut Nowak von der Politik, „dass ihre im Wahlkampf versprochenen Lärmminderungsmaßnahmen umgesetzt werden“. Das sei technisch machbar.
Auf die erneuten Anwürfe von Nowak reagierte der städtische Beteiligungsmanager Hendrik Dönnebrink auf Anfrage etwas spöttisch. Die Behauptung „des sich selbst so nennenden Netzwerkes“, die Anzahl der Flugbewegungen habe auf den Raadter Höhen in den vergangenen Jahren erheblich zugenommen, sei nicht zu bestätigen, legte Dönnebrink Zahlen seit 2015 dazu auf den Tisch.
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Massiver Anstieg der Flugzahlen zeigt sich im Vergleich zu 2015 nicht
So seien für das Jahr 2015 insgesamt 59.049 Flugbewegungen (28.319 davon von den Flugschulen) registriert, im vergangenen Jahr seien es 55.665 (31.725 Schulflüge) gewesen. Insgesamt präsentierte Dönnebrink für die vergangenen sechs Jahre schwankende Zahlen: für die Flugbewegungen insgesamt von 52.275 (2016) bis 60.847 (2019), für die Schulflüge von 18.729 (2017) bis 31.725 (2020).
Dönnebrink ist „nicht verständlich“, wie Nowak als Aufsichtsratsmitglied der Flughafen-Gesellschaft zu der Behauptung kommt, die Anzahl der Flugbewegungen sei deutlich gestiegen. Nowak sei seit mehr als zehn Jahren Aufsichtsratsmitglied der FEM. Dort würden die Zahlen stets berichtet und Schwankungen auch erläutert.
Stadt Mülheim sieht keine rechtliche Pflicht, Lärmdaten herauszugeben
Dass die Städte Essen und Mülheim dem Netzwerk die Herausgabe der lärmrelevanten Daten zur Erstellung eines Lärmgutachtens verweigert habe, bestätigt Dönnebrink. Eine solche Verpflichtung bestehe nicht aufgrund des geltend gemachten Informationsfreiheitsgesetzes (IFG). In einem Schreiben an das Netzwerk, das dieser Redaktion vorliegt, heißt es zur Ablehnung, Informationsansprüche könnten gegen die FEM nicht geltend gemacht werden, weil sie als privatwirtschaftliche Gesellschaft vom IFG nicht erfasst sei. Das Netzwerk müsste nun klagen, um diesen Anspruch zu klären.