Mülheim. Der Betreiber hat sein Bauwagen-Hotel frühzeitig vor der Flut vom Mülheimer Ruhrufer geholt. Lange warten bis das Wasser kommt, wollte er nicht.

Man könnte sagen, er hat Glück gehabt. Doch eigentlich hat Thomas Hagemann nichts dem Zufall überlassen und umsichtig gehandelt. Denn der Betreiber des Bauwagen-Hotels an der Mintarder Straße hat die fünf Bauwagen, die am Ruhrufer sein Hotel bilden, frühzeitig beiseite geschafft. Was ihm half: Den Ruhrpegel nicht aus den Augen zu lassen.

„Wir sind schadenfrei davon gekommen“, sagt Thomas Hagemann nach den Tagen des Jahrhunderthochwassers in Mülheim. Dem Zufall hat der Betreiber des Bauwagen-Hotels an der Mintarder Straße es indes nicht überlassen, dass er seine besondere Herberge wieder aufstellen kann, sobald die Fläche an der Ruhr nicht mehr durchnässt und wieder standfest genug ist.

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Mülheimer Bauwagen-Hotel an der Mintarder Straße frühzeitig evakuiert

Ganz im Gegenteil: „Ich achte sehr sensibel auf den Wasserpegel, wir tragen ja auch eine Verantwortung für die Gäste.“ Und weil die Ruhr nicht zum ersten Mal über die Ufer treten wollte, seitdem er vor rund fünf Jahren mit seinem Bauwagen-Hotel von Kettwig nach Mülheim gezogen ist, hat Hagemann gehandelt. „Schon am Mittwoch habe ich die Bauwagen und die Wohnwagen vom Campingplatz hinter den Deich gezogen, stand mit einem Traktor bereit, um sie, wenn nötig, noch weiter wegziehen zu können“, berichtet der Kettwiger. Damit schlossen sich die Türen des Bauwagen-Hotels fürs Erste wieder. Erst Anfang Juni hatte es nach einer coronabedingt verlängerten Winterpause wieder öffnen dürfen.

Hotel-Betreiber Thomas Hagemann in einem der Bauwagen an der Mintarder Straße 139 in Mülheim: So stehen die Bauwagen normalerweise für die Gäste an der Ruhr.
Hotel-Betreiber Thomas Hagemann in einem der Bauwagen an der Mintarder Straße 139 in Mülheim: So stehen die Bauwagen normalerweise für die Gäste an der Ruhr. © Udo Gottschalk

„Wir waren jetzt voll besetzt“, schildert Hagemann – klar, mitten in den Sommerferien, in denen wegen Corona Ziele vor der Haustür umso attraktiver für Urlauber sind. Frühzeitig vor dem Hochwasser habe er seine Gäste nach Hause geschickt und sei von denen noch gefragt worden: „Meint ihr wirklich, dass es so schlimm wird?“ Das meinte er nicht nur, er war ziemlich sicher, dass den immensen Regenmengen ein bedrohliches Hochwasser folgen wird – die Ruhr hat ihm recht gegeben. Die Gäste hätten schließlich vollstes Verständnis für seine Entscheidung gehabt, berichtet der Betreiber, der noch versucht hat, für die Besucher andere Unterkünfte zu organisieren.

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Nicht auf die Wetter-App verlassen, sondern auf den Ruhr-Pegel achten

Dass manche Campingplätze entlang des Flusses nicht auch früher – wie er – gehandelt haben, sondern schließlich von den Wassermassen überrascht und teils verheerend erwischt worden sind, wundert Hagemann. „Man darf nicht nur auf die Wetter-App gucken, sondern muss den Ruhr-Pegel bei Hattingen im Blick halten“, sagt der Betreiber des Mülheimer Bauwagen-Hotels dazu. „Wenn der auf 3,60 Meter steigt, sind wir in Alarmbereitschaft.“ Der Fluss sollte um ein Vielfaches anschwellen. Rückblickend sagt seine Frau Claudia: „Wir sind dankbar und demütig, dass wir solch ein Glück gehabt haben. Dass es zu so einer Katastrophe kommt, damit hat niemand gerechnet.“

Deutlich dramatischer ist das Hochwasser in Essen verlaufen: In der Nachbarstadt ist ein Bauwagen-Hotel den Fluten zum Opfer gefallen, Wasser drang in die Bauwagen. „Es stand bis zu den Fenstern“, beschreibt die Betreiberin, die sich ihrer Existenz beraubt fühlt und den Behörden schwere Vorwürfe macht, nicht rechtzeitig gewarnt worden zu sein.

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Sanitärräume haben etwas Flusswasser abbekommen

Hotel besteht aus fünf Bauwagen

Fünf Bauwagen in verschiedenen Größen bilden das Hotel, das an der Mintarder Straße 139 in unmittelbarer Nähe zu dem früheren Ausflugslokal Dicken am Damm steht. Sie sind mit fließend Wasser sowie Kochgelegenheit und Kühlschrank ausgestatten.

Thomas Hagemann und seine Frau vermieten an gleicher Adresse auch Kanus. Aber auch hier gilt derzeit: Aufgrund der extremen Hochwassersituation ist der Betrieb bis auf Weiteres eingestellt. Weitere Infos: www.kanu-kettwig.de

Als die Fluten dann kamen, stand die Fläche am Mülheimer Ruhrufer, auf der die Bauwagen normalerweise stehen, komplett unter Wasser. Auch in den Sanitärbereich sei etwas Wasser gelaufen, schildert Hagemann, das aber sei halb so schlimm: „Nichts, was man nicht mit Putzen wieder hinbekommt.“

Eines hätten die Fluten aber doch angerichtet: Seine Lieblingsbadewanne, in der er Salat und Kräuter zieht, haben sie hochgehoben und um zehn Meter versetzt. Sobald die Wiese abgetrocknet ist, werde die Badewanne an ihren alten Standort zurückkehren, verspricht Hagemann, genau wie die fünf roten Bauwagen.