Essen. Ihr Hotel war die vielleicht originellste Übernachtungsmöglichkeit in Essen. Dann kam die Flut. Sabine Bauer sieht nun ihre Existenz in Trümmern.

Sie hat schon manche Überschwemmung am Ruhrufer erlebt, nie drang das Wasser bis in die liebevoll gestalteten Bauwagen vor, die als Hotelzimmer dienen. Dann kam in der Nacht zum Donnerstag die beispiellose Flut. „Das war ein Jahrtausendhochwasser“, sagt Gastgeberin Simone Bauer.

Seit 2006 betreibt sie das „Ruhrcamping“ in Horst, Feriengäste und Radtouristen nutzen gerne diese originelle Übernachtungsmöglichkeit. Die Gäste hätten sich noch retten können, bevor das Wasser in die Wagen drang. „Meine Existenz aber ist vernichtet“, fürchtet die Gastgeberin. Geblieben sind Hilflosigkeit und die Frage: „Warum hat uns niemand vor solch einer schrecklichen Katastrophe gewarnt?“

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„Das Hochwasser hat uns hart getroffen. Es gibt kein Bauwagenhotel mehr. Wir wissen noch nicht, wann und wie es weitergeht“, steht nun auf der Internetseite zu lesen. Von der Idylle und den bunten Übernachtungsmöglichkeiten am Ufer ist nichts übrig. Der magische Ort, den Simone Bauer einst so beschrieb, ist der braunen Brühe gewichen, die ihn überflutet hat. Hier wurde sie mit ihrem Partner zum „Aussteiger in der eigenen Stadt“, nun empfinden sie sich vielmehr als Einzelkämpfer – allein gelassen mit den Schäden und Sorgen.

Die Dimension des Unwetters hat die Ruhrcamping-Betreiber in Essen-Horst überrascht

Das Wasser sinkt langsam wieder, bis zu den Bauwagen in Essen-Horst reicht es nun nicht mehr, sicher erreichbar sind diese jedoch noch nicht.
Das Wasser sinkt langsam wieder, bis zu den Bauwagen in Essen-Horst reicht es nun nicht mehr, sicher erreichbar sind diese jedoch noch nicht. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

„Wir sind völlig überrascht worden von den reißenden Fluten und den gewaltigen Wassermassen“, sagt Simone Bauer über die Dimension des Unwetters und die verheerenden Folgen. Dabei habe sie die Prognosen verfolgt, habe kürzlich noch mit Blick auf ihre Lage am Ruhrufer in den Schutz ihres Kellers investiert.

Tausende Euro hat sie in Einrichtung und Ausstattung wie Bettwäsche gesteckt, um im Mai nach der Coronapause endlich wieder starten zu können. „Mit vollem Buchungskalender ließ sich ja gut investieren“, blickt sie zurück. Welche Dramatik diese Nacht mit sich bringen würde, das habe sich erst am späten Abend abgezeichnet.

30 Gäste haben sich in Sicherheit bringen müssen

Zwischen 22 und 23 Uhr sei ihnen klar geworden, dass es am Ufer keinen Schutz für sie geben könne. „Zum Glück hat ein Mann geistesgegenwärtig reagiert“, berichtet Simone Bauer zu der anschließenden Evakuierung. 30 Gäste hätten sich in Sicherheit bringen müssen. Diejenigen mit Wohnmobil schafften es noch aus dem Areal heraus. Ihre E-Bikes aber sind den Fluten zum Opfer gefallen, Wasser drang in die Bauwagen. „Es stand bis zu den Fenstern“, beschreibt die Betreiberin.

Fortgerissen hat die Flut die Wagen zwar nicht, da diese etwas erhöht am Rand des Grundstücks stehen. Aber alles darin werde wohl zerstört sein. „Ob wir die Wagen selbst werden trocknen können, das wissen wir noch nicht“, sagt Simone Bauer, die davon ausgeht, auf dem Schaden sitzenzubleiben. „Die Versicherung schützt am Wasser vor Elementarschäden nicht“, erklärt sie verzweifelt und steht schlimmstenfalls vor dem Nichts.

Die Betreiber sind überschüttet worden mit guten Wünschen

Das Gelände des Ruhrcampings, auf dem die bunten Bauwagen in Essen-Horst stehen, steht noch unter Wasser.
Das Gelände des Ruhrcampings, auf dem die bunten Bauwagen in Essen-Horst stehen, steht noch unter Wasser. © Sagan | Foto

„Wir wollten hier alles geben und jetzt ist alles den Fluss runtergelaufen.“ Noch trauen sie sich nicht längere Zeit zu den Bauwagen, das Wasser steht zu hoch. Sie wollen nicht noch mehr riskieren. Am Wochenende werden sie sich die Schäden genauer anschauen, die Möbel herausholen – so lautet ihr Plan.

Die Gäste sind längst abgereist, sie hätten nur noch nach Hause gewollt, zurück nach Koblenz oder in den Schwarzwald. Zurückgeblieben in Horst sind die Gastgeber: „Wir sind hier überschüttet worden mit guten Wünschen“, sagt sie einerseits gerührt. Was sie aber dringend bräuchten, seien Antworten darauf, wie sie etwa an die zugesagten Landesgelder kommen, um irgendwann wieder nach vorn schauen zu können.

Überfordert, hilflos und allein gelassen

Simone Bauer hätte sich zudem gewünscht, dass die Stadt sich nach ihr erkundigt, der Oberbürgermeister vielleicht auch nach Horst ans Ruhrufer blickt. „Sind wir hier vergessen worden“, fragt sie sich in manchen Augenblicken. In dieser schwierigen Situation fühlt sie sich überfordert wie hilflos und bräuchte dabei doch, „jemanden, auf den ich mich verlassen kann.“