Mülheim. Banken- und Sparkassen-Kunden dürfen auf Gebührenerstattung hoffen. Ein BGH-Urteil steckt dahinter. Was Mülheimer Kreditinstitute dazu sagen.

Schweigen ist Zustimmung – nach diesem Verfahren haben Banken und Sparkassen in der vergangenen Zeit häufig Gebühren erhöht. Wer als Kunde innerhalb einer Frist nicht Widerspruch gegen die Erhöhung von Entgelten einlegt, erkennt diese stillschweigend an – und muss zahlen. Für unwirksam hat diese Praxis kürzlich der Bundesgerichtshof (BGH) erklärt. Das hat Folgen auch für Mülheimer Kunden von Banken und Sparkassen. Sie können laut Verbraucherzentrale Gebühren zurückfordern.

In den letzten Jahren haben viele Banken Kontoführungsgebühren eingeführt oder die Gebühren von kostenpflichtigen Konten erhöht. Die Bankkundin oder der Sparkassenkunde erhält dann in der Regel ein Schreiben von seinem Geldinstitut mit Informationen über künftig höhere Gebühren – darin enthalten: Zumindest ein Verweis auf die Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB).

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Kritik der Verbraucherschützer an Klauseln der Postbank

Die Verbraucherzentrale weist Kunden von Kreditinstituten nun darauf hin, dass in den unterzeichneten AGB der Bank – im konkreten Fall wurde gegen die Postbank prozessiert – Klauseln zu Vertragsänderungen und Preiserhöhungen enthalten waren. Diese fingierten aber die Zustimmung des Kunden, so die Kritik des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen (VZBV) – das heißt: Wenn Kunde oder Kundin nicht aktiv widersprechen, wird angenommen, dass die Änderung akzeptiert wird. Zu dem kürzlich gefällten BGH-Urteil sind zahlreiche Anfragen auch bei der Mülheimer Beratungsstelle der Verbraucherzentrale eingegangen, berichtet deren Leiterin Christiane Lersch.

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Dass Banken sich mit den entsprechenden Klauseln das Recht vorbehalten, Teile ihrer Verträge anzupassen, sei normal, heißt es bei der Verbraucherzentrale. Die Klauseln vieler Banken – wie auch der Postbank – seien aber so offen formuliert, dass für Verbraucher nicht mehr ersichtlich ist, welche Änderungen durchgeführt werden dürfen. Das kritisiert der VZBV, der stellt klar, dass das Urteil des BGH daher beispielhaft für andere Geldinstitute sei und Bank- bzw. Sparkassenkunden die Möglichkeit gebe, seit dem 1. Januar 2018 geänderte Entgelte zurückzufordern. Die Forderung des VZBV lautet, dass Banken und Sparkassen in Zukunft ausdrücklich festhalten müssen, unter welchen Umständen und in welchen Grenzen eine Änderung des Vertrages erfolgen darf.

Verbraucherzentrale stellt Musterbrief für Rückforderung zur Verfügung

Christian Lersch von der Mülheimer Beratungsstelle verweist auf einen Musterbrief auf der Internetseite der Verbraucherzentrale, den man zur Rückforderung der Bankgebühren nutzen kann. Verbraucher könnten zudem eine „Entgeltaufstellung“ beantragen, wenn sie nicht wissen, welche Gebühren die Bank von ihnen verlangt hat.

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Auch bei den Banken und der Sparkasse vor Ort sind das BGH-Urteil und die möglichen Konsequenzen ein Thema. Die beklagte Postbank nimmt zu dem BGH-Urteil auf Anfrage dieser Redaktion Stellung: „Auch wenn eine Vertragsanpassung im Einzelfall unwirksam gewesen sein sollte, können Kunden nicht pauschal alle gezahlten Entgelte zurückverlangen. Ein solcher Anspruch kann sich vielmehr nur auf solche Entgelte erstrecken, die seit der letzten wirksamen Vertragsanpassung oder seit dem ursprünglichen Vertragsschluss zu viel gezahlt worden sind.“ Dies sei eine Frage des Einzelfalls, heißt es bei der Postbank, die nach eigener Aussage grundsätzlich keine regionalen Angaben zur Anzahl ihrer Kunden macht.

Sparkasse Mülheim mit 75.000 Kunden: Rund 400 Anfragen zur Rückerstattung eingegangen

„Die Schweigen-ist-Zustimmung-Formulierung ist ein Standard-Verfahren gewesen. Sie hatte Vorteile für beide Seiten, also sowohl für das Unternehmen als auch für den Kunden“, erläutert Frank Hötzel, Pressesprecher der Sparkasse Mülheim, die rund 75.000 Kunden betreut. Knapp davon 400 hätten sich bislang mit einem Schreiben zur Gebührenrückerstattung an die Sparkasse gewendet.

„Noch gibt es keine abschließende Vorgehensweise, da auch die Urteilsbegründung noch nicht komplett von den Juristen durchinterpretiert ist“, so Hötzel, der erklärt: „Wir gehen davon aus, dass wir spätestens Ende September unseren Kunden genaueres sagen können.“ Bei der Sparkasse Mülheim gab es zum 1. Januar dieses Jahres die letzte Gebührenanpassung, erläutert Hötzel, der betont: „Allerdings haben wir nicht, wie im vor dem BGH verhandelten Fall ein kostenloses Girokonto mit einem Preis versehen.“

Commerzbank hat AGB-Klausel bereits geändert

Auch bei der Sparda-Bank West, die in Mülheim rund 12.800 Kunden hat, sei das Verfahren der stillschweigenden Zustimmung bei Änderungen eingesetzt worden, bestätigt Pressesprecherin Ulrike Hüneburg. Über die letzte Anpassung der Kontoführungsgebühren im April vergangenen Jahres seien die Kunden etwa über Anschreiben und das Kundenmagazin informiert worden. „Nun hat das BGH-Urteil vom diese Klauseln für unwirksam erklärt“, räumt Hüneburg ein und führt aus: „Aktuell werten wir aus, wie sich das Urteil konkret auswirkt und welche Folgemaßnahmen es nach sich zieht.“

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Bereits tätig geworden ist die Commerzbank, die in Mülheim nach eigenen Angaben mehr als 20.000 Kunden zählt. „Wir haben die entsprechenden AGB-Klauseln dahingehend geändert, dass sie keine Anwendung für Verbraucher mehr finden“, erläutert Pressesprecher Matthias Kretschmer. Wenn trotzdem rückwirkende Erstattungsforderungen eingingen, würden diese geprüft.

Die Volksbank Rhein-Ruhr mit rund 13.000 Kundinnen und Kunden in Mülheim hat nach eigenen Angaben in den vergangenen drei Jahren keine Entgelte, die von der Regelung betroffen sind, erhöht. Gleichwohl seien nach Bekanntwerden des BHG-Urteils einzelne Anfragen dazu eingegangen, die nun individuell ausgewertet würden.