Mülheim. Zufrieden ist der Vorstand der Sparkasse Mülheim mit dem Jahr 2020 – trotz Corona. Noch gebe es keine Insolvenzwelle. Was aktuelle Zahlen zeigen.
Privatleute, die 100.000 Euro oder mehr auf ihrem Giro- oder Tagesgeldkonto bei der Sparkasse Mülheim haben, müssen in den kommenden Wochen mit Anrufen des Geldinstitutes rechnen. Denn die Sparkasse führt – ähnlich wie andere Banken es schon getan haben – ein „Verwahrgeld“ in Höhe von 0,5 Prozent ein. Dies war eine der zentralen Nachrichten des Bilanz-Pressegesprächs am Donnerstag.
„Nach einem für uns alle nicht einfachen Jahr haben wir für 2020 eine solide Bilanz vorzuweisen,“ so Vorstandsvorsitzender Martin Weck. Man sei zufrieden, zumal die Wirtschaft in der Stadt trotz Corona bislang „ordentlich“ dastehe. Die Bilanzsumme habe mit 2,998 Milliarden Euro erstmals knapp die Drei-Milliarden-Euro-Marke erreicht. Und das Kreditvolumen sei mit 2,3 Milliarden Euro stabil.
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„Viel zu viele Kunden warten weiter auf steigende Zinsen“
Die Kundeneinlagen aber seien erneut deutlich angewachsen. In Zeiten von Minuszinsen stelle das ein Problem da. „Viel zu viele Kunden warten auf steigende Zinsen und lassen ihr Geld auf dem Girokonto oder Sparbuch liegen“, so Vorstandsmitglied Frank Werner. Bis zum 31.12. seien es „unglaubliche“ 1,6 Milliarden Euro gewesen. „Ein Teil davon müssen wir als Bankeinlagen bei der Bundesbank hinterlegen und zahlen dafür schon seit Jahren ein Verwahrentgelt“, sagte Weck – aktuell in Höhe von 0,5 Prozent.
Da immer mehr Kreditinstitute ein solches Entgelt auch für ihre Kunden eingeführt hätten – mancherorts wird von „Strafzinsen“ gesprochen –, seien die Einlagen „im sicheren Hafen Sparkasse“ weiter angestiegen. „Nun sind auch wir gezwungen zu reagieren“, so Werner. Firmenkunden habe man bereits informiert. Die Neuregelung betreffe rund vier Prozent der über 70.000 Sparkassenkunden. In persönlichen Gesprächen wolle man den Privatkunden Wege aufzeigen, Geld „nicht nur zu parken, sondern sinnvoll zu investieren“. Versicherungen, Wertpapiere, Immobilien – all das kommt in Frage.
Mitarbeiter der Sparkasse können bald „Jobräder“ nutzen
Auch nachhaltige Fonds seien ein Weg, Geld anzulegen. „Davon verwalten wir mittlerweile einige“, so Werner. Martin Weck wies auch auf andere ökologisch wertvolle Schritte hin: So habe man jüngst eine Fahrradgarage eingeweiht. Und künftig könnten einige der 490 Mitarbeiter auch „Jobräder“ nutzen.
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Apropos Mitarbeiter: Der Vorstand versprach, in den kommenden zwei Jahren keine Filialen zu schließen – auch wenn sich das Kundenverhalten verändert habe, und man darauf reagieren müsse. Beleg für das veränderte Verhalten ist zum Beispiel das immer stärker frequentierte Kunden-Service-Center (KSC). Es ist unter 0208 3005-0 zu erreichen und kein externes Call-Center, sondern ein Team aus eigenen Bankkaufleuten. Im Corona-Jahr hätten sie „ihre Feuerprobe bestanden“: 193.000 Telefonate wurden geführt – 37 Prozent mehr als im Vorjahr. 2019 arbeiteten dort 13 Mitarbeiter, mittlerweile sind es über 30. Nach der Hauptstelle sei das KSC nun „die mit Abstand größte Filiale“. Unter anderem wurden 5900 Überweisungen via Telefon getätigt. Und auch ums Online-Banking geht’s regelmäßig.
Mehr als die Hälfte der Kunden machen inzwischen Online-Banking
Mehr als die Hälfte der Sparkassen-Kunden, insgesamt 44.281 Menschen, nutzen diesen Service mittlerweile. 24.116 verwenden zudem die Sparkassen-App. In 2020 haben über 31 Millionen Besucher auf spkmh.de zugegriffen; das entsprach einem Plus von 30 Prozent. Die Auswirkungen der Pandemie seien hier deutlich erkennbar.
Noch sind Ausbildungsplätze frei
Über 200 Vereine haben sich 2020 um den „Corona-Fördertopf“ der Sparkasse in Höhe von 75.000 Euro beworben, hieß es bei dem Bilanzgespräch. Insgesamt habe man die Vereine mit Spenden- und Sponsoringmaßnahmen von rund 450.000 Euro unterstützt. Außerdem habe die Sparkassenstiftung 52.330 Euro für Projekte bereitgestellt.
Trotz der Coronazeit bilde man wie gehabt aus: Die 44 Azubis könnten auch wieder Projekte wie die Azubi-Filiale realisieren. Noch seien auch Ausbildungsplätze frei. „Jungen Menschen mit einer Ausbildung bei der Sparkasse stehen alle Wege offen“, so Vorstandsmitglied Frank Werner.
An anderer Stelle hingegen (noch) nicht so: „Wir haben noch nichts von einer Insolvenzwelle gemerkt“, betonte Werner. Zu den Kunden gehörten allerdings auch kaum Einzelhändler, die wohl besonders betroffen sind, dafür aber reichlich Handwerksbetriebe, die einen Boom erleben. Viele Kunden, lobte Werner, hätten auf die Pandemie offenbar schnell reagiert und sich andere Wege für ihr geschäftliches Tun gesucht. „Die Gespräche, die wir führen, machen uns verhalten optimistisch.“
Das Jahr 2020 mit einem Überschuss von 699.000 Euro abgeschlossen
Die Sparkasse hat das Jahr 2020 mit einem Überschuss von nur noch 699.000 Euro abgeschlossen. Ob es in diesem Jahr eine Ausschüttung an die Stadt geben wird, ist noch unklar, wird voraussichtlich in der Ratssitzung kurz vor den Sommerferien entschieden, so Weck. „Ich kann das aber keinesfalls garantieren, zumal die Bankenaufsicht hohen Druck ausübt, dass die Gelder im System bleiben.“ Als Vorstand empfehle man, das Geld im Institut zu belassen. Auch 2020 war nichts an die Kommune ausgeschüttet worden.