Mülheim. Die Debatte um einen neuen Spitzenposten in Mülheims Rathaus spitzt sich zu. Stadtdirektor Steinfort irritierte mit einer persönlichen Erklärung.

Braucht Mülheims Stadtverwaltung in der Führungsmannschaft der Dezernenten personelle Verstärkung? Ein entsprechender Vorstoß der Mehrheitsfraktionen von CDU und Grünen stieß im Hauptausschuss nur an einer Stelle auf Gegenliebe.

Es war die Verwaltungsspitze selbst, die in Person von OB Marc Buchholz sowie Stadtdirektor und Krisenstabsleiter Frank Steinfort die schwarz-grüne Initiative ausdrücklich begrüßte. So soll das einst geschaffene Mega-Dezernat mit seinen Themen Bildung und Schule, Kinder und Jugend, Soziales und Jobcenter, Gesundheit und Sport aufgesplittet werden und künftig neben dem OB wieder fünf Dezernenten das Verwaltungshandeln verantworten.

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Mülheim leistet sich seit Monaten ein Mega-Dezernat ohne Führungskraft

Bekanntlich ist das Mega-Dezernat aktuell ohne Führung, seit Marc Buchholz aus dem Dezernat heraus im September 2020 ins OB-Amt gewählt worden war. CDU und Grüne wollen es nun zügig aufteilen – in ein Dezernat für Kinder, Jugend und Schule und Sport sowie ein Dezernat für Soziales, Beschäftigung, Hygiene (Gesundheit) und Kultur.

Für die Verwaltungsspitze verlas im Hauptausschuss Stadtdirektor Steinfort eine Stellungnahme, die den Antrag stützt. Nicht zuletzt die Corona-Pandemie bringe immense zusätzliche Herausforderungen für die nächsten Jahre. Ob Kinder und Jugendliche, Familien und Alleinerziehende oder alte Menschen: Sie seien in den Fokus zu rücken, bedürften der Unterstützung der Verwaltung. Auch Wirtschaft, Sport und Kultur hätten unter Corona stark gelitten, das Gesundheitsamt sei stark belastet und für die Zukunft neu aufzustellen.

Stadtdirektor spricht von „drei sehr harten Jahren“

OB: „Dies kann einer allein nicht leisten“

Oberbürgermeister (OB) Marc Buchholz erklärte als ehemaliger Dezernent für Bildung, Soziales, Jugend, Gesundheit, Sport und Kultur, dass auch er es als „große Herausforderung“ wahrgenommen habe, jenes Mega-Dezernat zu führen.

Neben der Bewältigung der Corona-Pandemie sei auch mehr Austausch und Kooperation mit Kirchen, OGS-Trägern, Eltern- und Sozialverbänden, mit Kultur- und Sportvereinen nötig, um Problemlösungen zu erarbeiten. Dies sei nur auf Führungsebene möglich, „dies kann einer allein nicht leisten, auch bei 24/7 nicht“.

In einer persönlichen Erklärung sprach Steinfort schließlich für sich von „drei sehr harten Jahren“: erst die Vertretung des dauererkrankten ehemaligen OB Ulrich Scholten und danach das Corona-Krisenmanagement. Er wehrte sich gegen Vorwürfe aus der Opposition, es gehe aktuell nur um Postengeschacher oder einen aufgeblähten „Wasserkopf“. Dem Anspruch, die Verwaltung mit Innovationskraft in die Zukunft zu führen, sei aktuell mit drei Dezernenten nicht gerecht zu werden.

Für Empörung aus nahezu allen Richtungen sorgte Steinfort mit seiner Aussage, Innovation könne „nur von oben kommen“, sprich: von den Dezernenten. Amtsleiter seien dafür zu sehr im Alltagsgeschäft verhaftet. Steinfort nahm dies noch in der Sitzung zurück: „Innovation kann natürlich auch von unten kommen, aber sie muss durchgesetzt werden.“

MBI fordern flachere Hierarchien, FDP will es bei vier Dezernenten belassen

Während die Fraktionsspitzen von CDU und Grünen, Tim Giesbert und Christina Küsters, ihre Forderung nach einer fünften Dezernentenstelle noch einmal mit der aktuell hohen Arbeitsbelastung der Verwaltungsspitze (Küsters: „am Limit“) und „großen Herausforderungen“ der Zukunft (etwa bei der Bekämpfung der Kinderarmut oder der Rückabwicklung von G8 auf G9) begründeten, gab es aus der Opposition durchweg Kritik an der Stellenausweitung.

MBI-Fraktionssprecher Lothar Reinhard ging dabei am weitesten und vertrat die Meinung, die Verwaltung könne wie aktuell mit drei Dezernenten für die Steuerung auskommen; „die wirkliche Arbeit“ werde ohnehin in den Ämtern geleistet. Es sei Zeit für flachere Hierarchien. Peter Beitz (FDP) vertritt die Meinung: vier Dezernenten – aber nicht mehr. „Wir haben ja jetzt einen Oberbürgermeister, der mitarbeitet.“

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Bicici: Alle Mitarbeiter gehen auf dem Zahnfleisch, nicht nur die Dezernenten

AfD-Ratsherr Dominic Fiedler und Cevat Bicici (Wir aus Mülheim) äußerten ihren Unmut, dass die Verwaltung nicht auf die Idee komme, statt einer hoch dotierten Stelle für die benannte Fülle an Herausforderungen mehr „einfache“ Sachbearbeiter einzustellen. „Alle Mitarbeiter gehen auf dem Zahnfleisch, nicht nur die Dezernenten“, so Bicici.

Die SPD meldete Beratungsbedarf an, trotzdem machte Schwarz-Grün mit einer Abstimmung im Hauptausschuss deutlich: Der fünfte Dezernent soll kommen.