Mülheim. Nach der mitunter hitzigen Diskussion um die Corona-Ausbreitung in migrantischen Milieus hat nun ein Runder Tisch mögliche Maßnahmen diskutiert.

Nach dem Austausch am Runden Tisch zur Eindämmung der Corona-Pandemie insbesondere in Stadtteilen mit weit überdurchschnittlichem Infektionsgeschehen hat Mülheims Krisenstabsleiter, Stadtdirektor Frank Steinfort, ein Papier mit möglichen Akutmaßnahmen herausgegeben. Dabei legte Steinfort gleich noch mal den Finger in die Wunde: Weil Mülheim seit der Amtsübernahme von OB Marc Buchholz ohne Sozialdezernenten dastehe, stelle sich die Frage, wer das Akutprogramm nun ins Rollen bringe.

Zunächst einmal resümiert Steinfort aber eine „fruchtbare Veranstaltung“ für den Runden Tisch. Die Stadtverwaltung hatte Mitglieder des Integrationsrats, Vertreter von Kultur- und Moscheevereinen, von Netzwerken, vom Sozialbüro Styrum oder der Sozialverbände zusammengerufen, um Ideen einzusammeln, wie sie mit Corona-Informationen und ihrer Impfkampagne besser Menschen in Stadtteilen wie Styrum, Eppinghofen oder der Innenstadt erreichen kann. Hierin hatte Krisenstabsleiter Steinfort zuletzt – insbesondere mit Blick auf Teile der migrantischen Bevölkerung – Defizite ausgemacht.

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Chef des Krisenstabs: Es fehlt vielen Menschen an Vertrauen, sich impfen zu lassen

„Es fehlt vielen Menschen noch an Vertrauen, sich impfen zu lassen“, stellt Steinfort nach dem Gespräch seine wichtigste Erkenntnis heraus. „Vor allem jüngere Leute sollen kein Vertrauen haben.“ Mit einem bunten Strauß Ideen ist der Chef des städtischen Krisenstabes aus der Runde gegangen.

Auf vielfältige Weise sollen Menschen nun sensibilisiert werden dafür, dass eine Impfung sinnvoll ist und Vorsicht im Alltag weiter nötig. Gedacht ist daran, etwa mehrsprachige Videobotschaften zu produzieren. In Moscheen könnten sie auf Bildschirmen abgespielt werden. Vorgeschlagen sind auch Videos, in denen sich etwa Personen aus Vereinen, die breites Vertrauen genießen, an die Menschen richten, womöglich auch Imame oder Ärzte. Kurzvideos könnten über die Folgen von Corona und die Risiken und Nebenwirkungen von Impfungen aufklären.

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Stadtdirektor sieht Kommunikationsteam personell nicht ausreichend ausgestattet

Allein hierfür sei das Kommunikationsteam der Stadt aktuell nicht breit genug aufgestellt, sagt Steinfort. Entweder müsste verwaltungsintern Verstärkung organisiert werden oder wären Aufträge an Dritte zu vergeben.

Die Kommunikationsoffensive soll über soziale Medien, über Vereine und Organisationen ausgebreitet werden. Ehrenamtliche könnten in den Stadtteilen unterwegs sein, um aufzuklären. An Informationsstände von mehrsprachigen Ärzten ist gedacht, an Aufklärungsaktionen rund um Testzentren, Unternehmen und Lebensmittelmärkte. Laut OB Marc Buchholz hat es etwa schon ein Gespräch mit einem Händler gegeben, der ins Spiel gebracht habe, über QR-Codes in seiner Werbung Corona-Informationen zu verbreiten.

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Krisenstabs-Chef vermisst Sozialdezernten im Rathaus

Auch will die Stadt die Chance nutzen, über Kita- und Schulkinder eher mit Informationen in Milieus durchzudringen, die über herkömmliche Wege bislang mutmaßlich nicht erreicht werden konnten. Corona-Coaches, die zuvor eine Schulung bekommen sollten, könnten zudem bei der Suche nach Impfterminen behilflich werden. Selbstkritisch sieht auch der Krisenstab der Stadt die Möglichkeit, selbst den Informationsfluss zu den „Communities“ verbessern zu können. Noch ein Vorschlag: die Schaffung einer Corona-App, um vielleicht Menschen zu erreichen, die andere Medien nicht nutzen.

Die Vorschläge müssten nun strukturiert und gebündelt, auch priorisiert werden“, sagt Steinfort, wohlwissend, dass Eile geboten ist, sollte eine Kampagne noch rechtzeitig starten. Deutlich macht der Stadtdirektor, dass er bei all den Herausforderungen der Pandemiebekämpfung einen Sozialdezernenten im Rathaus schmerzlich vermisst, der die Kampagne nun federführend organisieren könnte. Bekanntlich ist die Stelle seit Amtsantritt von OB Marc Buchholz vakant.

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OB Buchholz sieht kein Problem, ohne Sozialdezernent klarzukommen

Auf Buchholz’ Initiative hin hatte die Ratsmehrheit gar eine Wiederbesetzung hinausgeschoben, um mit dem eingesparten Geld etwa den Mülheimer Karneval finanziell zu unterstützen. „Eine Nachbesetzung ist dringend erforderlich“, sieht Steinfort den Verwaltungsvorstand in der Corona-Krise aktuell überfordert. „Wer macht jetzt Volldampf?“ Das sei die Frage, die jetzt dringend zu beantworten sei, machte der Krisenstabschef klar, dass er bei sich keinen Raum dafür sieht.

OB Buchholz will das Klagelied nicht mitanstimmen, auch wenn es „sicher eine besondere Belastung“ gebe. Die Aufgaben des Sozialdezernates seien auf die verbliebenen vier Kräfte des Verwaltungsvorstandes verteilt. Die Umsetzung der nun anstehenden Maßnahmen sei ohnehin in den Fachbereichen darunter zu organisieren; es gebe starke Leitungen im Sozialamt, im Jugendamt oder im Kommunalen Integrationszentrum.

Man werde die Sache als „Querschnittsaufgabe“ im Verwaltungsvorstand angehen. Über allem stehe er als OB noch für die Steuerung. Schon in der kommenden Woche werde er das Ideen-Papier in seine Dezernatsrunden mitnehmen.