Mülheim. Vor rund 25 Jahren sollte ein Verkehrskonzept den Mülheim-Heißener Stadtteilkern beruhigen. Doch Stadt und Politik streiten bis heute darüber.

Sie sollte eine „vernünftige Lösung“ für Heißen-Mitte werden: Als vor etwa 25 Jahren die Straße An der Seilfahrt und Hardenberg für viele Millionen – inklusive einer Rampe von der Autobahnabfahrt der A 40 – ausgebaut wurde, versprachen die Planer eine verkehrsberuhigte Stadtteilmitte ohne belastenden Durchgangsverkehr: „Besser fahren in Heißen - Mülheim baut Zukunft“, verkündete damals ein Flyer Aufbruchstimmung. Doch wirklich umgesetzt wurde das Konzept nie.

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Der Kern von Mülheim-Heißen ist für Durchgangsverkehr so löchrig wie ein Schweizer Käse

Oder genauer gesagt: nicht konsequent. Besagte Straßen wurden zwar ausgebaut, doch augenscheinlich ohne großen Effekt: Noch immer ist der Heißener Kern für den Durchgangsverkehr so löchrig wie ein Schweizer Käse. Und die Paul-Kosmalla-Straße inzwischen ein Sinnbild dieser gescheiterten „Zukunft“ und einer Stadt, die dem motorisierten Individualverkehr offenkundig nur selten Grenzen setzen will.

Denn nach wie vor nehmen LKW und PKW die Verbindung zwischen B1 und Heißener MItte als Hüpfer etwa zum Gewerbegebiet: darunter Aldi, Lidl, Netto. Mitten durch, statt, wie einst gedacht, die vom Flyer blumig beworbene „attraktive Umfahrung des Ortskerns“ zu nutzen. Oder eben zu anderen Bereichen des Stadtteils, denn in den vergangenen Jahrzehnten der Verkehrsdebatte sind etliche Neubausiedlungen hinzugekommen, die den Verkehr steigerten. 7500 Fahrzeuge zählte die Stadt zuletzt, die am Tag durch die Straße fahren. Normal? Argumentiert jedenfalls die Stadt.

Tauziehen zwischen Verwaltung und Politik zerrt an den Nerven der Anwohner

Harald Dransfeld und Wilhelm Langenhorst machen das seit fast 30 Jahren mit. „Die restlichen 30 Jahre gehen auch noch vorbei“, meint Dransfeld nicht ohne Sarkasmus. Denn das Tauziehen zwischen Verwaltung und Politik über die Umsetzung des Verkehrskonzepts füllt inzwischen einen dicken Aktenordner und kostet Nerven.

Neuester Streich der Politik: CDU und Grüne, die im vergangenen Kommunalwahljahr noch ein LKW-Verbot beschlossen, zogen kürzlich überraschend ihren Beschluss zurück. Und stellten einen „Prüfauftrag“ an die Verwaltung, die Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung erarbeiten sollen. Man wolle „geduldig einen neuen Versuch machen, eine Lösung zu finden“, vermeldete die CDU-Bezirksfraktion. Der einstige Partner SPD kritisiert hingegen den „Kuschelkurs“ der Union mit der Verwaltung.

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Anwohner fühlen sich von der Mülheimer Verwaltung hingehalten

„Man hat langsam keine Lust mehr, weil die Gegenargumente sich ständig ändern: Mal warte man auf Hinweisschilder von Straßen-NRW an der Abfahrtsrampe, dann will man die Durchfahrt für LKW offen halten, die die Ausfahrt an der Rampe verpasst haben. Jetzt heißt es, eine Sperrung für LKW wäre ,rechtswidrig’“, sehen die Anwohner nur eine Kontinuität: das Hinhalten.

Eine Grundlage dafür, dass die Verwaltung nach jahrzehntelanger Vertröstung nun doch überraschend eine Lösung präsentiert, ist für Dransfeld und Langenhorst daher nicht erkennbar. Dass die CDU aktuell darauf setze, folge offenbar dem Prinzip Hoffnung.

Dabei gab es die Tonnage-Beschränkung längst, wie aus einem Schreiben der Verwaltung hervorgeht – aber in Gegenrichtung: Ein entsprechendes Schild über 7,5 Tonnen stand an der Kreuzung Lemberg-/Hardenbergstraße in Richtung Stadtteilkern. Inzwischen ist es demontiert. Warum also nicht die Beschränkung umgekehrt? Eine Antwort darauf haben die Anwohner nicht.