Mülheim. Ein Mülheimer Bezirkspolitiker hat den Mülheimer Verschönerungs Klub gegründet. Gesucht werden Ideen, um die Innenstadt attraktiver zu gestalten.
Die Sorge um die Attraktivität der Innenstadt treibt Stadtplaner, Politik und Bürger seit etlichen Jahren um. Andreas Preker-Frank will die Debatte darüber ins Positive lenken, will Ideen von Bürgern einsammeln, wie es schöner, lebenswerter werden könnte. Dazu hat er den „Mülheimer Verschönerungs Klub“ ins Leben gerufen.
Verschönerungs Klub? Ja, den Namen für die Debattierrunde im sozialen Netzwerk Facebook hat Preker-Frank bewusst an etwas angelehnt, was in Mülheims Geschichte einst schöne Blüten getrieben hatte: Der Mülheimer Verschönerungsverein hatte sich 1879 gegründet. 159 Mitglieder zählte der Verein schon in seinem ersten Jahr. Diese spuckten in die Hände und machten sich ehrenamtlich daran, die Stadt trotz bescheidener Finanzlage lebenswerter zu machen.
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Mülheimer Verschönerungsverein hat einst das grüne Image Mülheims mitgeprägt
In einem der „Mülheimer Zeitzeichen“ ist geschrieben, dass der Verein den Kahlenberg zu einem seiner ersten Projekte machte. Vereinsmitglieder vermaßen den Kahlenberg eigenständig, ein Gärtner besorgte mit seinem Personal schließlich unentgeltlich den Ausbau der Grünanlage. In diesem Zuge entstand 1890 auch ein Ausflugslokal, die spätere Jugendherberge. Der Verschönerungsverein steht für zahlreiche Spazierwege, die Ruhranlagen oder den Witthausbusch. Erst nach der Gründung einer städtischen Gartenverwaltung löste er sich 1913 auf.
Parallelen zum Hier und Jetzt im überschuldeten Mülheim sind offensichtlich. Bezirkspolitiker Preker-Frank (Die Partei) ist beeindruckt davon, was der Verschönerungsverein seinerzeit aus der Bürgerschaft heraus geschaffen hat. Vielerlei, aus dem die grüne Stadt an der Ruhr heute noch ihr Selbstbild zieht. Die Idee aus dem 19. Jahrhundert, die Stadt aus der Bürgerschaft heraus zu beleben, das ist nun Preker-Franks Ansinnen gewesen, als er vor einem Monat im Netz den „Mülheimer Verschönerungs Klub“ aus der Taufe hob.
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Die Vision von einer autofreien Mülheimer Innenstadt
„Ich will Bürger motivieren, sich auszutauschen, auch gerne herumzuspinnen“, hofft Preker-Frank, dass Bürger im lockeren Format der Online-Diskussion ihre Ideen für eine lebendige Stadt einbringen – und womöglich auch ihren Frust überwinden, den sie aus manch einer Bürgerbeteiligung der vergangenen Jahre herausgetragen haben. Weil Ideen schnell zerredet wurden, weil das Totschlagargument kam: Ohne Moos nix los.
Preker-Frank will diesen Mülheimern, denen eine positive Entwicklung der Innenstadt so am Herzen liegt, eine Plattform bieten. Von der Resonanz ist der Politik-Novize schon jetzt positiv überrascht. Ohne Werbung zählt die Gruppe 127 Mitglieder, die ersten Debatten sind angezettelt. Etwa die zur autofreien Innenstadt, eines der politischen Kernanliegen von Preker-Frank. Er hatte dazu eine Umfrage angelegt, das Ergebnis: Zuvorderst wünschen sich die Mitdiskutanten das Blech aus der Bachstraße am Fuße der Altstadt weg – und dafür mehr Gastronomie auch auf den dortigen Plätzen. Zumindest einen Test wäre es ja mal wert, meint Preker-Frank.
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Ein Tanzfloß auf der Ruhr oder kostenloses Schwimmen im Hafenbecken von Ruhrbania
Ideen für mehr Aufenthaltsqualität an Stadthafen und Ruhrpromenade gibt es auch: „Drastisch entsiegeln“, ist eine Forderung. Ein anderer schlägt eine Illuminierung mit Lichterketten oder -installationen vor, wieder ein anderer Kunst. Wie wäre es mit einem fest installierten Tanzfloß vor dem Köpi-Wirtshaus? Oder damit, im Hafenbecken das kostenlose Schwimmen für jedermann freizugeben? Preker-Frank brachte selbst die Idee an, Holzstege in die Ruhr reinzusetzen, wie es Menden im Sauerland gemacht hat. Oder mobile Gastronomie dort zu etablieren.
„Wenn man nicht frei denken kann, kommt man auch nicht auf kreative Ideen“ begrüßt Preker-Frank ausdrücklich auch Diskussionen über Vorschläge, die erst einmal verrückt klingen. Wie wäre es etwa mit einer Mühle für Mülheim, mit Energieerzeugung und kindgerechtem Museum? Eine rege Diskussion in der Gruppe etwa habe sich an der Frage entfacht, ob frei laufende Hühner (oder gar Fasane?) der Innenstadt nicht ein Alleinstellungsmerkmal geben könnten. Es wäre doch toll, wenn jeder Passant sich mal ein Ei mit nach Hause nehmen könnte. . .
Wie umgehen mit „Bausünden“ der Vergangenheit?
Mutmaßliche Bausünden sind natürlich auch Thema in der Gruppe, etwa das viele Beton, das zahlreiche Bürger am Stadtquartier Schloßstraße kritisieren. Und dessen schmaler Durchgang, einst gepriesen als „Öffnung zur Ruhr“: Kegelbahn rein – oder eine 50-Meter-Schwimmbahn, lautet hier die in Satire verpackte Kritik an einer Stadtplanung, die in der Vergangenheit allzu oft nicht den Nerv der Bürger getroffen hat.
Shop-Einnahmen für neue Bäume
Der Mülheimer Verschönerungs Klub diskutiert unter facebook.com/groups/mvklub im sozialen Netzwerk.
Das entworfene Logo fand Andreas Preker-Frank zu schade, als dass es nicht mehr Öffentlichkeit verdiente. So bietet er auch T-Shirts und Co. in einem Shop an, dort auch unter dem Label „Mülheim – Stadt der Liebe“. Die Einnahmen will der Mitbegründer örtlichen Baumwatch-Gruppe für neue Stadtbäume spenden.
Verbesserungen für Radfahrer wurden abgefragt, ebenso Orte, an denen eine bienenfreundliche Bepflanzung wie jene vor der „Vier.zentrale“ an der unteren Schloßstraße möglich wäre – oder (wieder) ein Brunnen Platz finden könnte. Ein Biergarten am Bismarckturm, mehr Fassadenbegrünung, bunte Lampions in den Straßen, eine 100 Meter lange, weiß gedeckte Gastronomie-Tafel, Straßenmusik, kunstvolle Schaufenster-Gestaltungen, mehr Bänke, 3D-Straßenmalerei, endlich eine Wiederbelebung der Bahnbögen. . . Es gelte, Bürger, die vor Ideen sprudelten, und Politiker, die Entscheidungen herbeiführen könnten, zusammenzubringen, sagt Preker-Frank. Die aktuelle Debatte zur Kahlenberg-Plattform zeige doch, wie weit entfernt man voneinander sei. Die Ohnmacht, die viele Bürger spürten, sei zu überwinden.
Mülheims Verschönerungsverein anno 1879 – der hat nicht nur debattiert, sondern tatkräftig angepackt. „Die Ersten wollen wirklich was machen“, sagt Preker-Frank. Im ersten Schritt gehe es aber darum, Ideen zu sammeln. Er selbst will diese auch in die Politik tragen.