Mülheim. Alles, nur keine Satire: Mit radikalen Ideen skizziert die Satirepartei „Die Partei“, wie Mülheims Innenstadt zu etwas Besonderem werden könnte.

2013 bei der Innenstadt-Charrette, während externe Stadtplaner zusammen insbesondere mit Bürgern Ideen für Mülheims vom Kaufhof-Aus gebeutelte City entwickelt haben, war Andreas Preker-Frank bei vielen Terminen dabei. Mit seinen Ideen, mit seiner Liebe zu seiner Heimatstadt. Er wollte was bewegt sehen. Doch es blieb der Frust über eine Bürgerbeteiligung, die Bürgerideen am Ende in die Mühlen von Verwaltung und Politik pumpte, um sich wie Mehl im Wind zu zerstreuen. 2020, sieben Jahre später, sieht Preker-Frank seine Chance erneut gekommen: Mit seiner Satirepartei „Die Partei“ hat er die Zukunft einer lebendigen Innenstadt visualisiert.

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Von Mirco Stodollick

Es sind Visionen, massive Steine liegen im Weg. Doch warum nicht einfach anfangen, die Träume Stück für Stück Realität werden zu lassen? Preker-Frank, Webdesigner und Musiker, mag sich nicht auf die Hindernisse fokussieren, das verstellt die Sicht aufs Ziel: Die Innenstadt sei „ein Ort, der eine ganz andere Ausgestaltung haben könnte“. Sagt’s – und skizziert sein erstes Bild: das Bild einer autofreien Innenstadt.

Die Partei tritt für eine autofreie Innenstadt an

„Wir wollen das wirklich“, sagt Preker-Frank, wohl wissend, dass ihm und seinen Partei-Strategen im Wahlkampf viele Bürger begegnen, die nicht recht wissen, was sie nun von dieser Partei mit dem Rock’n’-Roll-Kandidaten fürs OB-Amt halten sollen. Machen die nur Spaß? Wollen die uns veralbern?

Andreas Preker-Frank (Die Partei) will sich nicht mit einer „runtergeranzten City“ zufriedengeben. Er glaubt, dass Mülheim Raum bietet für eine Entwicklung mit junger, hipper Szene.
Andreas Preker-Frank (Die Partei) will sich nicht mit einer „runtergeranzten City“ zufriedengeben. Er glaubt, dass Mülheim Raum bietet für eine Entwicklung mit junger, hipper Szene. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Ganz und gar nicht, sagt Preker-Frank mit Blick auf den Innenstadt-Masterplan der Satirepartei, der den Titel „City Center 2022“ trägt: Leineweber-, Bach-, Schollen- und Wallstraße hält er für hervorragend geeignet, das Autoblech aus ihnen zu verbannen. „Die werden nur befahren, weil man es darf.“ Von A nach B könnten Bürger auf anderen Strecken gelangen, der Nahverkehr in die Innenstadt könne neu organisiert werden. Etwa mit kleinen E-Bussen, die Besucher von Park-and-Ride-Plätzen wie dem an der Stadthalle in die City bringen.

Eine Leineweberstraße mit Rumbach-Lauf in der Mitte sowie Gastronomie ringsum

Die Autos jedenfalls raubten den City-Straßen die Chance, Aufenthaltsqualität zu entwickeln. Im Netz gibt es schon haufenweise Likes für Preker-Franks Animation zur autofreien Leineweberstraße. Mit offen gelegtem Rumbach-Lauf in deren grüner Mitte. Mit Cafés, Bars und Außengastronomie unter den Alleebäumen. So könne die „Leineweber“ endlich das Bindeglied von der Innen- zur Altstadt werden.

Eine Innenstadt mit viel Kultur, Geschäften, Cafés wünscht sich Preker-Frank. Er will, dass sich Citymanagement und Wirtschaftsförderung richtig reinknien, um junge Ideen in die Innenstadt zu holen – auch aus anderen Städten des Ruhrgebiets. Immobilienbesitzer in der Innenstadt seien beharrlich zu bearbeiten, den Wandel als Chance zu begreifen. Dafür, so Preker-Frank, brauche es keine Stadtentwicklungsgesellschaft. Bürger seien einzubinden. Es sei ein Förderpaket als Lockmittel zu schnüren: etwa mit günstigen, subventionierten Mieten, Verzicht auf Gebühren für Außengastronomie, experimentierfreudiger Bürokratie. . . Erstes Ziel: kleine Inseln schaffen, wo kreative Ideen sich zusammenrotten, um mit der Zeit zu einem großen Ganzen zusammenzuwachsen.

Vom Radschnellweg bis zur Schloßstraße ist ein vitales Szeneviertel skizziert

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Den Bereich zwischen Radschnellweg samt Bahnbögen und der Schloßstraße will die Partei unter dem Arbeitstitel „The Village“ zum Szeneviertel werden lassen. Für die Ruhrbania-Baufelder 3 und 4 hat OB-Kandidat Brings ein Erfolgsmodell aus London ins Spiel gebracht: den Boxpark. Das sind gestapelte Überseecontainer mit Anbauten, Plattformen, Pop-Up-Shops mit wechselndem Angebot, Streetfood, Cafés und Bars. Ein relativ günstiger Containerbau schaffe dazu die Flexibilität, sich schnell in etwas Neues wandeln zu können. „Hipp, jung, dynamisch“ soll es sein. „Natürlich sind wir nicht London“, sagt Preker-Frank, „aber Mülheim könnte sich ja zu dieser Adresse im Ruhrgebiet entwickeln“.

Auf dem Rathausmarkt ist in der Partei-Animation auf dem heutigen Parkplatz Rasen gesät. Ein Brunnen und ständige Marktstände, an denen sich auch die Innenstadthändler präsentieren, zieren ihn. OB-Kandidat Brings wünscht sich eine fest installierte Bühne für Musik, Lesungen und Theater, so dass beständig für Leben gesorgt wäre. Rathausmarkt und Boxpark als Einladung an die Radfahrer vom Radschnellweg, den Abstecher ins Szeneviertel zu wählen. „Die fantastische Lage am Radschnellweg“ sei einfach zu nutzen. . .

Mülheim als „hervorragendem Ort zwischen den Giganten“ Alleinstellung verschaffen

Der „Betonwüste“ der Schloßstraße will die Partei mit bunten und begrünten Fassaden begegnen. Und ein Hingucker soll her. Ob es unbedingt eine große Lavalampe sein muss, sei dahingestellt.
Der „Betonwüste“ der Schloßstraße will die Partei mit bunten und begrünten Fassaden begegnen. Und ein Hingucker soll her. Ob es unbedingt eine große Lavalampe sein muss, sei dahingestellt. © Animation: Die Partei

Auch die Schloßstraße hat die Partei im Blick, entwirft ein Bild mit bunten oder begrünten Fassaden gegen die Betonwüste, „baulich ist ja Hopfen und Malz verloren“, sagt Preker-Frank. Das Zukunftsbild zeigt eine riesige Lavalampe am Platz vor dem ehemaligen Woolworth-Gebäude. Es müsse ja nicht gleich eine Lavalampe sein, aber ein Magnet, ein Hingucker müsse her, so der Partei-Politiker.

Mülheim sei „ein hervorragender Ort zwischen den Giganten“ der Handelsstädte in der Nachbarschaft, um was auf die Beine zu stellen, das seinesgleichen suche. Die Ideenskizzen seiner Partei versteht Preker-Frank dabei nicht als in Stein gemeißeltes Konzept. „Es zeigt aber, wie es sein könnte.“ Um die Restriktionen – allein schon die Fördermillionen, die einem radikalen Umbau der Leineweberstraße im Wege stehen – weiß der Politik-Quereinsteiger. „Das wird ein immens langer Weg. Es ist sicher eine Sehnsucht, aber eine erfüllbare Sehnsucht“, sagt er. „Die Finanzierung darf uns aber nicht davon abbringen. Wenn wir den Weg nicht beschreiten. . .“