Mülheim. Kurzfristig ist in Mülheim kaum an einen Impftermin zu kommen. Das Impfzentrum ist ausgebucht, Praxen haben zu wenig Dosen für die Erstimpfungen.

In Mülheim sind die Termine für das Impfzentrum für diesen Monat ausgebucht, teilte die für Mülheim zuständige Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KVNo) auf Nachfrage mit. Grundsätzlich bestehe zwar für Impfberechtigte die Möglichkeit, bei einem Impfzentrum in einer anderen Stadt einen Termin zu buchen. Für den Monat Mai sind aber laut KVNo schon in nahezu allen Impfzentren die Termin-Kapazitäten voll ausgeschöpft. Kurzfristig ist es derzeit auch bei den Hausärzten schwierig, an einen Impftermin zu kommen. Eine Möglichkeit sind Wartelisten. Impfwillige brauchen derzeit wohl vor allem eins: Geduld.

„Die vom Land NRW den Kommunen zur Verfügung gestellten Kontingente an Impfstoffen, die wir als buchbare Termine in unsere Systeme einstellen, sind für die kommenden Wochen bereits verplant“, sagt Sven Ludwig, Sprecher der KV Nordrhein. „Sobald das Land den Kommunen weitere Impfstoffdosen für die Impfzentren ankündigt bzw. zusagt, und uns die Kommunen dann ihre entsprechenden Kontingente melden, können wir auch wieder neue buchbare Termine in unserem Portal einstellen.“ Eine Möglichkeit sei, sich auf eine Warteliste setzten zu lassen. „Man kann im KVNo-Onlinesystem bei der Buchung, wenn es keine Termine gibt, die Erinnerungsfunktion anklicken“, erklärte Sven Ludwig. „Man bekommt dann eine Mail, wenn irgendetwas frei wird, falls also jemand storniert.“ Zu erreichen unter: https://termin.corona-impfung.nrw/home

Zweitimpfungen werden auch in Mülheim zuerst bedient

Insgesamt finden in den Impfzentren in NRW im Mai rund 750.000 Erst- und 1.250.000 Zweitimpfungen statt, so das Gesundheitsministerium NRW. Was bedeutet, dass ein größerer Teil des Impfstoffs schon für die zweite Impfung verplant ist. Das ist auch ein Problem für die Mülheimer Arztpraxen, sagt Dr. Stephan von Lackum, Hausarzt und Vorsitzender der KV in Mülheim. Auch bei Astrazeneca, dem Impfstoff, der ja allen Impfwilligen unabhängig von Alter und Priorisierung nach ärztlicher Auf- und Abklärung angeboten werden kann.

Digitale Warteliste hat mehrwöchige Wartezeit

Der Mülheimer Unternehmer Holger Warnat hat mit impfpool.de eine bundesweite digitale Warteliste ins Leben gerufen. Aber auch hier ist mit Wartezeiten von rund vier Wochen zu rechnen, sagte Warnat am Montag. Im Ruhrgebiet habe man möglicherweise bei Astrazeneca schon nach rund 14 Tagen eine Chance auf einen Impftermin.

Auf der Plattform impfpool.de, die vor rund 14 Tagen bundesweit online ging, haben sich laut Warnat bisher rund 300.000 Impfwillige und rund 100 impfende Ärzte registrieren lassen. Rund 500 Impftermine seien bisher bundesweit über die Plattform zustande gekommen.

Dr. von Lackum weiß von „Ein-Arzt-Praxen“, die in dieser Woche nur zehn Prozent der bestellten Menge Astrazeneca für ihre Erstimpfungen bekommen haben. Der Impfstoff für die Zweitimpfungen ist gesichert. Die Ärzte müssen unterschiedliche Bestellungen für die Erst- und die Zweitimpfdosen abgeben, erklärte von Lackum. „Wir haben eine hohe Nachfrage nach der Erstimpfung, aber eben nicht genug Impfstoff dafür“, sagt von Lackum. Man müsse zuerst die Zweitimpfungen bedienen.

Wartelisten sind eine Möglichkeit, vielleicht kurzfristig an einen Termin zu kommen

Der Mülheimer Apotheker Patrick Marx, der für die Mülheimer Praxen den Impfstoff bestellt, weiß, dass sich die Situation jede Woche anders darstellt. Gerade bei Astrazeneca ändere sich die Nachfrage, vor einigen Wochen wollte diesen Impfstoff noch kaum jemand. Vor drei Wochen hat Marx 500 Dosen Astrazeneca für die Erstimpfung bestellt. „Wir haben dann noch 1000 Dosen obendrauf bekommen, und die sind auch schon weg.“

Das Objekt der Begierde: die Coronaschutzimpfung im Impfpass. Kurzfristig ist es schwierig, an Termine zu kommen.
Das Objekt der Begierde: die Coronaschutzimpfung im Impfpass. Kurzfristig ist es schwierig, an Termine zu kommen. © FUNKE Foto Services / Archiv | Gero Helm

Nach der Freigabe von Astrazenca hatten wir einen großen Run auf die Impftermine“, erinnert von Lackum. Derzeit sei die Lage in den Mülheimer Praxen sehr unterschiedlich. Größere Praxen hätten eventuell noch Impfstoff zur Verfügung. Einige Praxen hätten auch Wartelisten für „Stand-by-Impfungen“ eingerichtet: Für jene, die angerufen werden möchten und sofort kommen können, sofern ein Patient seinen Impftermin nicht wahrgenommen habe.

Man solle da zuerst aber bei der eigenen Haus- und Facharztpraxis nachfragen. „Wir impfen zunächst nur die eigenen Patienten.“ Schwierig sei das für Patienten, bei denen der Haus- oder Facharzt gar keinen Corona-Impfstoff verabreiche. „Etwa 25 Prozent der Mülheimer Hausärzte impfen nicht“, erinnert von Lackum.

Patienten in Krankenhäusern können dort nicht gegen Covid-19 geimpft werden

Für Patienten in Krankenhäusern, die ihre Impftermine aufgrund eines Eingriffs verschieben müssen, gibt es aktuell keine Möglichkeit, ihre Impfung auf der Station zu bekommen. „Es gibt derzeit keine Pläne der Landesregierungen, Patienten in Krankenhäusern zu impfen. Leistungsberechtigt nach der Coronavirus-Impfverordnung sind nur die Impfzentren und Arztpraxen“, betonte KVNo-Sprecher Sven Ludwig.

Wird die Einhaltung der Priorisierung von der KV kontrolliert? „Die KV Nordrhein kontrolliert die Priorisierung in den Praxen nicht – die Impfungen dort unterliegen der Verantwortung der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte“, betonte Ludwig und verwies drauf, dass in einigen Bundesländern die Priorisierung für die Arztpraxen bereits ganz aufgehoben sei. Zum Beispiel in Baden-Württemberg.

Die Priorisierung soll voraussichtlich im Juni auch in NRW fallen

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Bei der Priorisierung gelte für die Impfzentren eine Muss-Verordnung, für die Praxen eine Soll-Verordnung, erklärt Dr. von Lackum: „Das ist medizinisch auch sinnvoll. Wir Hausärzte wissen ja, wer zuerst geimpft werden muss.“ In NRW ist die Priorisierung für die Impfstoffe von Astrazeneca und Johnson & Johnson aufgehoben. Letzterer Impfstoff ist bisher aber noch gar nicht in den Mülheimer Praxen angekommen.

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Das könnte sich aber bald ändern: „Kommende Woche sollen bundesweit 1,6 Millionen Dosen Biontech sowie jeweils 600.000 Dosen Astrazeneca und 500.000 Johnson & Johnson für die Praxen geliefert werden“, sagt der Apotheker Patrick Marx. Und voraussichtlich im Juni soll die Priorisierung auch in NRW ganz aufgehoben werden. Auch Impfwillige, die jetzt noch leer ausgehen, sollten dann endlich zum Zuge kommen.