Mülheim. Die Nachfrage nach Impfterminen steigt, seit Astrazeneca für alle freigegeben ist. Eine Mülheimer Hausarztpraxis hat Montag fast 2500 Anfragen.

Astrazeneca für alle, die es haben wollen: Damit ging schon vor dem Wochenende der Run auf die Arztpraxen los, nachdem Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Donnerstag den Impfstoff freigegeben hat. Doch das ist kein Vergleich mit dem, was die Praxen am Montagmorgen erwartete. Allein in der Speldorfer Praxis von Dr. Stephan von Lackum waren am Montagmorgen fast 2500 E-Mails mit Anfragen im Postfach.

„Wir verlängern unsere Impf-Warteliste nach unten und arbeiten sie von oben her ab“

„Die Praxen gehen langsam in die Knie“, weiß Dr. von Lackum auch von anderen Kolleginnen und Kollegen, die in ihren Mülheimer Praxen impfen. „Wir werden mit Impf-Anfragen überschwemmt.“ Die wiedererlangbaren Freiheiten, die Aussicht auf Urlaub, den ein vollständiger Impfschutz verspricht, „das überlegen sich ja jetzt viele“, so von Lackum. Seine Mitarbeiterinnen schaffen es nicht, alle Mails zu beantworten, sie kommen kaum vom Telefon weg. „Wir verlängern unsere Impf-Warteliste nach unten und arbeiten sie von oben her ab“, so der Hausarzt. Denn auch für Impfungen mit Astrazeneca benötigt man einen Termin. Dafür hält sich das Praxisteam diese Woche auch am Mittwochnachmittag bereit. „Wir können das nur nach und nach abarbeiten“, so Dr. von Lackum. „Wir können genug Astrazeneca bekommen, aber wir brauchen ja auch die Zeit für Planung und Organisation der Impftermine.“

„Wir müssen uns auch um unsere Kranken kümmern“

Denn das Impfen ist ja nicht das Einzige, was in einer Praxis zu tun ist: „Wir müssen uns um unsere Kranken kümmern“, betont von Lackum. Angehörige, die telefonisch nicht mehr durchkommen, stünden auch schon in der Praxis und bäten um einen Hausbesuch für den kranken Familienangehörigen. Seine Bitte, womit der Hausarzt auch anderen Praxen aus dem Herzen spricht: „Rufen/mailen Sie bitte nicht alle auf einmal. Warten Sie ein, zwei Wochen, dann entzerrt sich das etwas“, so seine Hoffnung. Derzeit schaffe seine Praxis täglich 30 Impfungen mit Astrazeneca – zusätzlich zu den anderen (Biontech-)Terminen. „Es kommen alle zum Impfen an die Reihe – aber nicht alle auf einmal.“ Von Lackum, der auch Beauftragter der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Nordrhein in Mülheim ist, appelliert an die Mülheimer: „Sehen Sie bitte von Abfragen in mehreren Arztpraxen ab. Wenden Sie sich primär an Ihren Hausarzt.“

Mülheimer Arzt lehnt Verkürzung des Impfintervalls ohne Grund auf vier Wochen ab

Vor allem der Beschluss, das Intervall von zwölf Wochen zwischen der Erst- und der Zweitimpfung mit Astrazeneca auch schon auf vier Wochen zu verkürzen, reizt jetzt viele. Von Lackums Praxis mache das aber nicht mit, so der Arzt: „Nach vier Wochen hat man nach der zweiten Impfung einen Impfschutz von 50 bis 60 Prozent, nach zwölf Wochen liegt der Impfschutz, je nach Studie, zwischen 85 und 90 Prozent“, so der Arzt. Er impft nur Patienten zum zweiten Mal eher als nach zwölf Wochen, wenn das aus gesundheitlichen Gründen angezeigt ist. Wenn also eine Operation, eine Chemotherapie oder ähnliches anliegt. Eine geplante Urlaubsreise reicht als Grund nicht aus, betont Dr. von Lackum.