Mülheim. Ältere Mülheimer stehen im Fokus der Tricktäter. Wie kann man Senioren sinnvoll vor Tätern warnen? Die Politik will diese Kriminalität bekämpfen.
Enkeltrick, falsche Wasserwerker, falsche Polizisten, Schockanrufe, Trickdiebstähle: Dass vor allem ältere Mülheimer im Fokus dieser Täter stehen, ist täglich Brot für die Polizei. Die nicht nur stadtübergreifend nach den Trickbetrügern fahndet, sondern Senioren auch in Veranstaltungen vorsorglich aufklärt. Normalerweise. In Coronazeiten ist das nicht mehr möglich. Ein Thema, das die Politik umtreibt, die vorschlägt, dass das Infomaterial der Polizei etwa im Impfzentrum, beim Hausarzt oder auch in Apotheken ausgelegt wird. CDU und Grüne wollen aber auch grundsätzlich wissen, wie derzeit präventive Aufklärungsangebote für Senioren in Mülheim aussehen.
Soziale Medien sind für ältere Zielgruppe in Mülheim nicht immer der richtige Weg
Für den kommenden Ausschuss für Bürgerangelegenheiten, Sicherheit und Ordnung (BSO) stellten beide Fraktionen einen entsprechenden, gemeinsamen Antrag. Markus Püll (CDU) der zusammen mit Axel Hercher (Grüne) für Mülheim im Polizeibeirat sitzt, verwies schon bei der letzten BSO-Sitzung darauf, dass die Polizei derzeit keine Aufklärungsarbeit für Senioren leisten könne.
In Essen wird mit Briefumschlägen gewarnt
Tricktäter haben nur ein Ziel: Geld (und Schmuck) der Opfer zu erlangen. Oftmals schicken sie ihre Opfer erst einmal zur Bank, um dort Bargeld abzuheben.
Die Polizei Essen/Mülheim kooperiert seit März in Essen mit der Sparkasse. Das dort abgehobene Geld kann in extra Briefumschlägen transportiert werden, die mit einer Warnbotschaft bedruckt sind, die die Kunden misstrauisch machen soll.
Auf der Vorderseite des Umschlags stehen mehrere Fragen, die sich der Sparkassenkunde selbst stellen soll. Zum Beispiel, ob man den Betrag abgehoben habe, weil man zuvor angerufen wurde.
Auf der Rückseite steht: „Vorsicht Betrugsgefahr! Wenn Sie eine Frage auf der Vorderseite mit ,Ja’ beantworten, will ein Betrüger Ihr Geld!“ Dann wird empfohlen, sofort die 110 zu wählen. Es gibt Pläne, diese Umschläge auch in Mülheim anzubieten.
Mehr Infos: www.polizei-beratung.de
Was so nicht ganz stimmt, denn Ralf Ruttkowski vom Kriminalkommissariat Kriminalprävention/Opferschutz im Essener Präsidium kann zwar seine Vorträge vor Seniorengruppen derzeit nicht halten, versucht aber, auch andere Wege zu gehen und das Infomaterial unter die Leute zu bringen - auch über die Sozialen Medien.
Soziale Medien sind für die ältere Zielgruppe nicht immer der richtige Weg, weiß Ruttkowski. Der Umgang mit dem Internet ist oft ungewohnt. Je jünger die Senioren sind, umso internetaffiner sind sie zwar, aber, wie Ruttkowski aus seiner Arbeit weiß: „Prävention lebt ja vom persönlichen Kontakt.“
Briefe aus dem Präsidium an jene, die Anzeige bei der Polizei erstattet haben
Den pflegt der Kriminalbeamte weiterhin, er schreibt alle Personen über 60 Jahre persönlich an, die Anzeige wegen Trickbetrugs erstattet haben. Diejenigen, die zum Opfer der Kriminellen wurden, aber auch die weitaus größere Gruppe derjenigen, bei denen die Täter keinen Erfolg hatten. „Das sind im Jahr insgesamt rund 3100 Briefe“, sagt er. Ralf Ruttkowski erreicht normalerweise etwa 13.500 Menschen im Jahr – durch seine Vorträge, durch Multiplikatoren und Broschüren. „In der Coronazeit“, schätzt er, „hat sich die Reichweite aber halbiert.“
Die Mülheimer Grünen und die CDU möchten nicht nur Ralf Ruttkowski für die nächste BSO-Ausschusssitzung im Juni einladen. Sie beantragen auch, dass die Verwaltung über präventive Aufklärungsangebote für Senioren berichtet und würden dazu gern Jörg Marx vom „Netzwerk der Generationen“ um eine Stellungnahme bitten. „Wir erwarten uns Infos und Tipps, wie man die Prävention für Senioren in Coronazeiten verbessern kann“, so Niels Rose (Grüne). Sozialplaner Marx sei doch in der Stadt ganz anders vernetzt. Die Fraktionen wollen auch herausarbeiten, wie die Ratsgremien in der Sache unterstützen können.
Schockanrufe grassieren derzeit auch in Mülheim
So einfach sind Ideen nicht immer umsetzbar: Das Aufstellen von Informationsständen im Impfzentrum sieht Feuerwehrchef Sven Werner eher problematisch, zusätzliche Personen vor Ort lasse auch das Hygienekonzept nicht zu. „Das Impfen hat absolute Priorität“, betonte er. Dass Info-Flyer vor Ort mitgenommen werden können, darin sieht er allerdings kein Problem.
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Die Polizei dürfte jede Idee, mehr Aufklärung für Senioren in Coronazeiten zu betreiben, begrüßen. Ralf Ruttkowski betont, wie perfide besonders so genannte Schockanrufe sind, die derzeit auch in Mülheim grassieren. Dabei schildert ein angeblicher Angehöriger unter Tränen ein angebliches schreckliches Ereignis – etwa, jemanden überfahren zu haben und nun dringend Geld zu brauchen. „Mit dieser Emotionalität kommen viele Senioren nicht zurecht. Selbst ganz Vorsichtige werden so aus der Reserve gelockt“, weiß der Kriminalbeamte.