Oberhausen. In jüngster Zeit gibt es immer mehr Trickdelikte mit falschen Polizisten. Die Polizeipräsidien Oberhausen und Essen bündeln ihre Ermittlungen.

Dreisten Telefon-Trickbetrügern, die sich vor allem Seniorinnen und Senioren als Opfer aussuchen, soll es in Oberhausen, Essen und Mülheim verstärkt an den Kragen gehen. Um dieses Ziel zu erreichen, bündeln und koordinieren nun die Polizeipräsidien Oberhausen und Essen ihre Ermittlungen gegen solche oft ausländischen kriminellen Banden. Ab sofort gibt es die gemeinsame Ermittlungsgruppe „Callcenter“.

Einen entsprechenden Kooperationsvertrag unterzeichneten am Freitag die Polizeipräsidenten Alexander Dierselhuis (Oberhausen) und Frank Richter (Essen) auf Burg Vondern in Oberhausen. Die beiden Polizeichefs und ihre Ermittler lässt das Thema nicht mehr ruhen. Vor allem das Trickdelikt „Falscher Polizeibeamter am Telefon“ kommt in jüngerer Zeit in allen drei Städten immer häufiger vor: Angebliche Polizisten fordern die Angerufenen „zum eigenen Schutz“ auf, Bargeld und Wertgegenstände bereitzustellen und vertrauensvoll an einen anderen, ebenfalls falschen Polizisten zu übergeben.

Gut reagiert: Hubert Brockstieger (85) fiel im April nicht auf einen falschen Polizisten am Telefon herein und alarmierte die richtige Polizei.
Gut reagiert: Hubert Brockstieger (85) fiel im April nicht auf einen falschen Polizisten am Telefon herein und alarmierte die richtige Polizei. © FFS | Michael Dahlke

Oft taucht dabei die Notrufnummer 110 auf dem Display der Betrugsopfer auf – über ausländische Callcenter gelingt es den Tätern, diese Nummer einzublenden und die Angerufenen zu täuschen – deshalb der Name der Ermittlungsgruppe, die ausdrücklich darauf hinweist: „Bei einem wirklichen Anruf der Polizei erscheint nie die Nummer 110 im Telefondisplay! Legen Sie sofort auf!“ Und: „Die echte Polizei fragt nie nach Kontostand, Bank- und Kreditkartendaten, Passwörtern und PIN!“

Bei Hubert Brockstieger aus Oberhausen haben Betrüger es im April ebenfalls versucht; doch der 85-Jährige fiel nicht darauf herein. Die Betrüger behaupteten am Telefon, in Nähe seiner Wohnung sei eine Frau überfallen worden und man habe einen Rucksack der Räuber gefunden – mit einer Pistole und einem Notizbuch, in dem sein Name, seine Telefonnummer und der Hinweis stünden: „Hat Geld!“ Dieses Geld sollte er nun offenbar „in Sicherheit bringen“ und den falschen Polizisten übergeben.

Hubert Brockstieger („Ich habe gar nicht viel Geld“) reagierte prompt, er legte auf, wählte die wirkliche 110 und erhielt dort die Information, dass es an jenem Tag gar keinen Überfall in der Nähe gegeben hatte. „Ich habe sofort gedacht, dass da etwas nicht stimmt“, sagte der Senior, der eigens zur Polizeipressekonferenz auf Burg Vondern eingeladen war, am Freitag im Gespräch mit unserer Redaktion.

Die Leiterin der Ermittlungsgruppe „Callcenter“, die an dieser Stelle namentlich nicht genannt werden soll (Tricktäter könnten sonst am Telefon ihren Namen nutzen), unterstreicht: „Es geht hier um große Beträge. Wir sprechen von Opfern, die das gesamte Ersparte ihres Lebens solchen Tätern übergeben.“ Oft litten die Opfer danach nicht nur unter dem Verlust ihres Geldes, sondern auch unter erheblichen psychischen Problemen: Sie machen sich selbst Vorwürfe, oder die Familie tut das. In einem Fall sei es sogar zu einem Suizid gekommen, weil ein älteres Trickbetrugsopfer die Tat und ihre Folgen nicht verkraften konnte.

Kooperation ist „kein exklusiver Club“

„Unsere Zusammenarbeit soll kein exklusiver Club sein“, sagt der Essener Polizeipräsident Frank Richter zur am Freitag geschlossenen Kooperationsvereinbarung zwischen Essen und Oberhausen.

Wenn weitere Städte und Polizeipräsidien in der Region mitmachen wollten, um so den Kampf gegen Trickbetrüger zu verstärken, seien sie willkommen.

Genauso wichtig wie professionelle Ermittlungsarbeit über Stadt- und Ländergrenzen hinweg ist aus Sicht der Polizei die Vorbeugung. Info-Broschüren, Beratungsstunden, fortlaufende Präsenz mit der Mobilen Wache – als das zählt zum Angebot der Polizei in Oberhausen, Essen und Mülheim und soll möglichst weiter ausgebaut werden. Gute Präventionsarbeit hilft auch den Fahndern. Besonders klug und umsichtig reagierte zum Beispiel eine offenbar bestens vorinformierte ältere Frau aus Mülheim, die im Verlauf weniger Monate gleich mehrfach und unabhängig voneinander von Enkeltrickbetrügern angerufen wurde. Sie schaltete jeweils nicht nur ihren wahren Enkel ein, sondern auch die Polizei. In diesem Fall gelangen den Fahndern gleich mehrere Festnahmen.