Mülheim. Am Gymnasium Heißen sind die Selbsttests gelaufen, mit Hilfe der Malteser. Warum die Schulleiterin dennoch die Eltern in die Pflicht nehmen will.
„Es war etwas unangenehm, hat in der Nase gekitzelt und Tränchen schossen in die Augen.“ Thea Schenk (15) gehört am Donnerstagmorgen zu den ersten, die den Corona-Selbsttest am Heißener Gymnasium hinter sich gebracht haben. Und, war’s schlimm? „Nein!“ Die 15-jährige Oberstufenschülerin findet die Aktion sogar gut. „So kriegen wir Klarheit, dass wir negativ sind.“ Auch Vesko Matthiesen (16) ist froh, „jetzt etwas mehr Sicherheit zu haben, wegen der Verwandtschaft“. Zwei Tage dauerte es, Mittwoch und Donnerstag, bis die meisten der 965 Schülerinnen und Schüler sich getestet hatten – und an der Kleiststraße eine weitere Corona-Mammutaufgabe bewältigt war. Ganz wesentliche Helfer in diesem Fall waren die Malteser.
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Erst Mitte vergangener Woche, so erzählt Sport- und Biolehrer Stefan Damm, habe man durch eine der vielerorts schon fast gefürchteten Schulmails aus Düsseldorf von der flächendeckenden Testung erfahren. Die Aufregung war groß. Dass die Schüler die Tests zwar unter Aufsicht der Lehrer, doch eigentlich für sich allein und dann auch noch direkt im Klassenzimmer durchführen sollten, hätte vielen Kollegen zu schaffen gemacht. „Eine Sorge war zum Beispiel, dass sie heftigen Niesreiz auslösen“ – keine schöne Vorstellung, wenn zuvor alle Jugendlichen ihre Masken von Mund und Nase ziehen mussten. . .
Der Nasenabstrich fand unter freiem Himmel statt
Die Test-Bereitschaft der Heißener Schüler war groß
Schulleiterin Sigrun Leistritz ist zufrieden damit, dass sich die allermeisten Schüler an der freiwilligen Testung beteiligt haben. „Pro Klassen haben nur ein oder zwei nicht mitgemacht – in einer Klasse war es allerdings gleich ein Drittel der Schüler.“
Sie hege den Verdacht, dass manche Eltern den Kindern von der Testung abraten, weil sie vielleicht verhindern wollen, dass ein bevorstehender Urlaub vom Testergebnis gefährdet wird.
Man habe schnell entschieden, dass es anders gehen muss. „Wir wollten uns externe Hilfe ins Haus holen, haben viel herumtelefoniert“, berichtet der 44-Jährige, der zum Krisenteam der Schule gehört. Nach etlichen Gesprächen mit Hilfsorganisationen waren es schließlich Malteser aus Bottrop, die Unterstützung vor Ort zusagten. Bald stand auch fest, dass die eigentliche Testung nicht in den engen Schulräumen stattfinden sollte, sondern besser unter freiem Himmel auf dem Schulhof. Problem dabei: Der eigentliche Test hält Temperaturen unter 15 Grad nicht aus. Doch immerhin der Nasenabstrich, also der kritische Moment ohne Maske, fand nun vor der Tür statt.
In jedem Nasenloch drehten Thea, Vesko und die anderen das Stäbchen zehn Sekunden hin- und her, in etwa zwei Zentimetern Tiefe, zogen es dann heraus und den Mundschutz schnell wieder auf. Mit dem Stäbchen ging’s in die Turnhalle, wo die Malteser fünf Tischtennisplatten aufgebaut hatten und Anweisungen gaben. Grüppchen von acht bis zehn Schülern hörten genau hin, was Notfallsanitäter Tobias Steinecke und die Kollegen, die schon oft bei Tests in Altenheimen geholfen haben, zum Prozedere zu sagen hatten: 1.) Das Stäbchen ins Röhrchen mit Testfülligkeit stecken. 2.) Zehn Mal rühren und rausziehen. 3.) Die Kappe mit kleiner Tülle draufschrauben. 4.) Aus dem umgedrehten Röhrchen exakt vier Tropfen aufs Testfeld träufeln. 5) 15 bis 30 Minuten warten, bis das Ergebnis vorliegt.
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Zweimal in der Woche könnten die Test bald auf dem Stundenplan stehen
In Fleisch und Blut übergehen soll den Schülern dieser Ablauf. Denn sehr wahrscheinlich wird er nach den Osterferien zum Schulalltag gehören. Zweimal die Woche, so nimmt man in Heißen an, könnten Selbst-Tests künftig auf dem Stundenplan stehen. „Deshalb sollen es jetzt alle einmal richtig lernen“, sagt Mitorganisator Stefan Damm. Schülerin Luisa Reichwein begrüßt den Plan, „nur so wird Schule noch funktionieren“, glaubt die 16-Jährige. Nach rund 15 Minuten Wartezeit haben Luisa, Thea und Vesko am Donnerstag übrigens Grund zur Freude. Alle drei Tests sind: negativ!
Leider heißt das nicht unbedingt, dass wirklich alles gut ist, betont Schulleiterin Dr. Sigrun Leistritz. Sie warnt vor „Scheinsicherheit“. Zum einen seien die Tests nicht zuverlässig genug und zeigten durchaus mal falsche Ergebnisse an. Zum anderen sei es natürlich so, dass der Test nur eine Momentaufnahme ist und eine Ansteckung schon bei der nächsten Begegnung wieder droht.
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Am Mittwoch gab es einen positiven Fall
„Dass es die Tests gibt, finde ich grundsätzlich gut“, sagt sie, „ich finde allerdings, sie gehören nicht in die Schule.“ Kinder und Kollegen würden dadurch gefährdet, außerdem nehme das Prozedere zu viel Zeit in Anspruch. „Und dann gibt es ja auch noch die Schwierigkeit, dass wir kein Kind bloßstellen sollen.“ Das aber sei unmöglich, denn Kinder mit positivem Test müssen sofort isoliert und abgeholt werden. Am Mittwoch gab es einen solchen Fall – das Kind ist nun zu Hause und muss einen PCR-Tests machen.
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Leistritz hat zwei Wünsche für die kommenden Wochen. „Die Tests sollten in der Schule ausgegeben werden, aber nur noch zu Hause gemacht werden.“ Und: „Unser Bewusstsein für die Verantwortung, die wir füreinander tragen, muss weiter wachsen.“ Zwar sei sie stolz darauf, wie konsequent die allermeisten Schüler die Schutzbestimmungen umsetzen, doch noch immer gebe es Quertreiber. „Im Moment haben wir zum Beispiel einige sehr leichtsinnige Abiturienten.“
Auch die meisten Eltern zögen mit, „doch manchen schicken ihre Kinder nach wie vor mit Schupfen in die Schule“. All das sei in diesen Zeiten ein Problem: „Es ist auch einfach verantwortungslos gegenüber den Lehrern, die ohnehin schon jeden Tag ihre Gesundheit riskieren.“