Mülheim. Jetzt ist es amtlich: Die Weihnachtsferien starten zwei Tage früher. Ob alle in Mülheim die Vor-Quarantäne für Kinder und Jugendliche gut finden?

Die Weihnachtsferien in NRW beginnen wegen Corona um einige Tage früher. Schon am 18. Dezember ist Schluss mit Lernen, teilte Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) mit. Und auch wenn sich viele Schüler darüber freuen – in Mülheim erntet die Ankündigung nicht nur Beifall. Wie soll das Betreuungsproblem gelöst werden, fragen sich besorgte Eltern.

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Da ist zum Beispiel Dr. Julia Vaubel . Die Hautärztin ist dreifache Mutter und alles andere als angetan von den Plänen. „Ich kann meine Praxis deshalb nicht zumachen.“ Da auch ihr Mann voll berufstätig ist und die Betreuung durch Großeltern zurzeit problematisch, gibt es ein Problem: Wohin mit den Kindern? Dass nun wieder über Notbetreuung nachgedacht werde, konterkariere das System, findet die 45-Jährige. Selbst wenn es in den Gruppen weniger Kinder gibt als in ganzen Klassen – eine Quarantäne ist das gewiss nicht .

Es ist schwierig, die Kinder wirklich zu isolieren

Hautärztin Julia Vaubel, Mutter von drei Kindern, kritisiert die Pläne der Landesregierung, die Weihnachtsferien zu verlängern.
Hautärztin Julia Vaubel, Mutter von drei Kindern, kritisiert die Pläne der Landesregierung, die Weihnachtsferien zu verlängern. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Und auch so sei es schwierig mit der Isolation der Kinder vor dem Fest. „Sie sollen ja möglichst gar nicht mehr rausgehen, um sich nicht mehr anzustecken – aber das ist ein Trugschluss.“ Es sei unwahrscheinlich, dass alle Kinder zu Hause bleiben, keine Begegnungen mehr haben.

Die Medizinerin ist übrigens dafür, dass die Lehrer am 18. Dezember nicht einfach in den Urlaub entlassen werden, sondern die schüler-freien Tage nutzen. So könnten sie zum Beispiel ihre pädagogischen Fortbildungstage, für die sonst mehrmals im Jahr Unterricht ausfallen muss, auf die gewonnenen Tage vor Weihnachten legen.

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Klassenlehrer haben noch angesetzte Arbeiten einfach verschoben

Seit zwei, drei Wochen war das Gerücht in der Welt, dass die Schulen womöglich früher schließen. Dr. Sigrun Leistritz , Leiterin des Gymnasiums Heißen, war vorbereitet, als Vollzug verkündet wurde. Endlich einmal habe sie eine Corona-Maßnahme der Landesregierung „nicht überrascht“, sagt sie lachend. Die Klassenlehrer hätten noch angesetzte Arbeiten verschoben und so ist der Vorgang aus Sicht der Schule kein großes Ding. „Es schadet keinem.“ Im Gegenteil: „Ich finde den Schritt gut, um Spannung rauszunehmen und Familien Sicherheit zu geben, sich nicht noch am Tag vor Weihnachten zu infizieren.“

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Je nach Entwicklung der Corona-Fallzahlen, ist es mit zwei zusätzlichen Ferientagen nicht getan. Die Schulleiterin macht sich deshalb längst wieder Gedanken, wie ein erneuter „Shutdown“ zu bewältigen wäre, also die Schließung der Schule. Zwei Gruppen hat sie dabei besonders im Blick. Wenn’s irgendwie geht, sollen die angehenden Abiturienten der Q1 und Q2 sowie die Fünft- und Sechstklässler vor Ort im Präsenzunterricht bleiben. Denn die Erschwernisse durch Corona ließen keinen kalt. „Die Kinder machen sich deutlich mehr Gedanken als früher, sie sind ernsthafter geworden und erklären oft: Wir können alleine so viel schlechter lernen.“

Eigentlich kommt immer die ganze Familie zu Besuch

Gerald Hillebrand, evangelischer Superintendent in Mülheim, Vater und Großvater, freut sich auf das Weihnachtsfest mit seiner Familie.
Gerald Hillebrand, evangelischer Superintendent in Mülheim, Vater und Großvater, freut sich auf das Weihnachtsfest mit seiner Familie. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Ein erklärter Familienmensch ist der evangelische Superintendent Gerald Hillebrand : Vater von drei erwachsenen Pflegekindern , Opa von vier Enkeln, davon zwei im schulpflichtigen Alter. Bei Familie Hillebrand ist es üblich, dass an einem der Feiertage alle Kinder und Enkel zu Besuch kommen. „Von daher wäre eine Quarantänezeit vorweg schon gut“, meint der 64-Jährige, „denn sie würde das Risiko verringern.“ Zu Ende diskutiert hätten sie das Thema jedoch noch nicht, vielleicht teile man sich in diesem Jahr auch lieber auf, nutze verschiedene Tage für die Treffen.

„Die zusätzlichen Ferientage sind eine gute Idee“, meint der Pfarrer, „sie machen aber natürlich nur Sinn, wenn sich alle in der Zeit auch zurückhalten“. Ob es aus virologischer Sicht etwas bewirkt, könne er nicht beurteilen. Für berufstätige Eltern sei es tatsächlich eine Belastung, „aber es handelt sich ja nur um zwei Tage“, so Hillebrand. „Dafür hat man fast eine Woche als Vorbereitungszeit gewonnen.“

„Es geht ja nur um zwei Schultage“

Zwei zusätzliche Ferientage - insbesondere Alleinerziehende haben diese Nachricht mit Grausen gehört. Isabelle Wojcicki , Diplom-Pädogin im Jugendzentrum Stadtmitte und alleinerziehende Mutter eines Erstklässlers, dagegen freut sich: „Ich persönlich finde es gut“, sagt sie. „Es geht ja nur um zwei Schultage, da verlieren die Kinder nicht viel an Informationen.“ Da sie selber in der Woche schon Urlaub habe, sei sie froh, Zeit mit ihrem sechsjährigen Sohn verbringen zu können. „Vielleicht kommen wir über Weihnachten und Silvester endlich mal zur Ruhe.“

Das sagt der Oberbürgermeister

Oberbürgermeister Marc Buchholz , der bislang auch Schul- und Bildungsdezernent ist, betrachtet die Vor-Quarantäne neutral: Es sei eine Entscheidung des Landes, die er nicht persönlich kommentieren wolle.

Wenn sie aber aus medizinischen Gründen sinnvoll sei, stehe er dahinter, erklärte der OB.

Schwierig sei es für Alleinerziehende, die arbeiten müssen und ohne Familie dastehen, die sie bei der Kinderbetreuung unterstützt, meint Isabelle Wojcicki. Aber: „Eigentlich müsste man jetzt schon die Schulen schließen. In den Kitas und Schulen ist ja der Ofen an, die Kinder infizieren die Erwachsenen.“