Mülheim. Fünf Mülheimer Jahre mit OB Ulrich Scholten (SPD) an der Stadtspitze sind beendet. Marc Buchholz (CDU) hat übernommen. Was er nun plant.

„Lieber Uli“ – so begann Mülheims neuer OB Marc Buchholz (CDU) seine kurze Ansprache zur Amtsübergabe im Rathaus. Auf eine Würdigung von etwaigen Verdiensten seines skandalumwitterten Vorgängers Ulrich Scholten (SPD) verzichtete Buchholz allerdings auch. Der Machtwechsel im Rathaus ist förmlich vollzogen, schon muss Buchholz sich allerlei Baustellen widmen, die dringend eines führungsstarken Bauleiters bedürfen.

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Schon Stunden vor dem Medientermin zur Amtsübergabe hatte die Industrie- und Handelskammer (IHK) mit einem offenen Brief an Buchholz ihre klare Erwartungshaltung untermauert, dass es dringend Signale zur Stärkung des schwächelnden Wirtschaftsstandortes zu setzen gelte. Einen Appell richtete sie auch an die Politik, „in Zeiten großer Herausforderungen verlässliche Rahmenbedingungen für die Wirtschaft zu schaffen“.

IHK fordert von Mülheim erneut aktive Flächenpolitik ein

Während Buchholz Stunden später in der Rathaus-Bibliothek noch einmal untermauerte, dem Flächenschutz ein besonderes Augenmerk widmen zu wollen, forderte die IHK die Stadt erneut auf, aktiv zu werden in der Ausweisung neuer Wirtschaftsflächen. Das sichere der Stadt Einnahmen und führe zu mehr Arbeits- und Ausbildungsplätzen, so IHK-Hauptgeschäftsführer Gerald Püchel.

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Die IHK forderte die Stadt zudem auf, die „Verkehrswende mit Augenmaß“ zu realisieren, um den Wirtschaftsstandort erreichbar zu halten. Auch die jahrelange Hängepartie am Flughafen müsse beendet werden: „Der Flughafen sollte seine Potenziale endlich ausspielen dürfen. Dazu könnten ein Testfeld für elektrisches Fliegen und eine gewerbliche Entwicklung auf dem Gelände zählen“, so Püchel. Weitere Forderungen der IHK: eine Reaktivierung der „Stärkungsinitiative Industrie“, die Senkung von Gewerbe- und Grundsteuer oder auch eine Digitalisierungsoffensive.

Buchholz will Bereiche Soziales und Bildung vorerst weiter verantworten

Derweil müssen sich Verwaltung und Politik erst noch neu organisieren. Neu-OB Buchholz hat dazu erste organisatorische Entscheidungen getroffen, schließlich müssen die Aufgaben seines Dezernates, das wohl erst Mitte 2021 einen neuen Chef bekommen wird, nun anderweitig vom Verwaltungsvorstand wahrgenommen werden.

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Stadtdirektor Frank Steinfort der auch als Krisenstabsleiter fungiert, übernimmt vorerst das Gesundheitsamt. Kämmerer Frank Mendack übernimmt den Sportbereich, Planungsdezernent Peter Vermeulen – wie vor seinem Wechsel ins Technische Rathaus - die Kultur. Bei OB Buchholz verbleiben Soziales und Bildung, weil er es sich nicht nehmen lassen will, angestoßene Projekte – etwa zur Bildungsplanung oder zur Neuaufstellung des Jobcenters – weiter in der Hand zu haben.

Neuer OB will beim Land für eine Altschulden-Lösung werben

Zwei Großbaustellen, auf denen der neue OB schnell Führungsstärke zeigen muss: der ÖPNV und die Etataufstellung für 2021. Es steht der politische Beschluss, im ÖPNV schon im nächsten Jahr zwei Millionen Euro einzusparen, auch ein neuer Nahverkehrsplan soll her. Weil zu Corona-Zeiten keine verlässlichen Fahrgastzahlen zu erheben seien, sieht Buchholz die ÖPNV-Planungen an einem schwierigen Punkt.

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Insgesamt machen die Corona-Auswirkungen Sorge. Der Kämmerer sei in Gesprächen mit dem Ministerium, wie mit fortgesetzt erwartbaren Etatbelastungen von jährlich 40 bis 60 Millionen Euro verantwortlich umzugehen sei. Dem Kämmerer bescheinigte Buchholz mit Blick auf den Millionen-Überschuss im Vorjahr eine „sehr solide“ Haushaltspolitik. Angesichts der hohen Lasten sei beim Land weiter für eine Altschulden-Lösung zu werben.

Immer als Mahnung dabei: einen Null-Euro-Schein mit dem Schloß Broich

Die vorzeitige Amtsübernahme nach der Versetzung seines Vorgängers Ulrich Scholten in den Ruhestand bezeichnete Buchholz als „glücklichen Umstand“, schon früher auch mit dem kräftig durchmischten Stadtrat ins Gespräch zu kommen, etwa über den Etat oder auch eine neue Organisation der Wirtschaftsförderung, die Buchholz als Chefsache definiert hat.

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Eine Auflösung der Wirtschaftsförderungsgesellschaft sei keine ausgemachte Sache, korrigierte Buchholz seine eigene Wahlkampfaussage. In jedem Fall wolle er in seinem OB-Referat aber eine feste Schnittstelle zur Schwerpunktaufgabe schaffen, die womöglich auch in einem Superdezernat zur Stadtentwicklung, wie einst von der Wirtschaft gefordert, zu bündeln sei.

Mit großen Versprechen will Buchholz nicht hausieren gehen. In seiner Jacketttasche trage er stets einen Schein mit sich, um ihn angesichts der Haushaltslage bei Bedarf immer wieder hervorzuziehen: einen Null-Euro-Schein, den das Schloß Broich ziert.