Mülheim. Das Konjunkturpaket des Bundes alleine werde Mülheim die Finanznot nicht nehmen, sagt Kämmerer Mendack. Was er befürchtet – und was er fordert.
Stadtkämmerer Frank Mendack will im Herbst seinen Entwurf für das Haushaltsjahr 2021 vorlegen. Der ohnehin überschuldeten Stadt drohen weitere Engpässe, sollte nicht alsbald mehr Hilfe von außen kommen, fordert der oberste Finanzverwalter Mülheims nicht nur angesichts der Corona-Krise mehr Unterstützung – insbesondere seitens des Landes.
Zuletzt in Finanzausschuss und Stadtrat hatte Mendack der Ratspolitik die Folgen der Corona-Pandemie für Mülheim vor Augen geführt, im Gespräch mit dieser Redaktion legte er noch mal nach. Insbesondere treibt Mendack um, dass die Stadt für 2021 noch keine finanziellen Hilfen in Aussicht hat, um die Mindereinnahmen und Mehrausgaben, die aus der Corona-Krise erwachsen, zu kompensieren.
Für 2020 rechnet Mülheims Kämmerer mit Corona-Belastung von 67,1 Millionen Euro
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Allein für dieses Jahr rechnet der Kämmerer mit 67,1 Millionen Euro Krisen-Verschlechterung im Haushalt. Trotz Hilfen von Bund (mehr Geld für die Kosten der Unterkunft, Gewerbesteuer-Ausgleich) und Land (Sonderhilfen Stärkungspakt) sei mit einem Minus von zehn bis fast 25 Millionen Euro zu kalkulieren. Für 2021 sind noch gar keine Hilfen in Aussicht. „Das wird bislang komplett ausgeblendet, als wenn die Firmen 2021 schon wieder auf dem Stand vor Corona wären“, rechnet Mendack mit fortlaufend kräftigen Steuerausfällen. Allein am Ende dieses Jahres fehlen wohl bis zu 35 Millionen Euro Gewerbesteuer in der Stadtkasse.
Stadt schließt Jahr 2019 mit kleinem Gewinn ab
Dem Stadtrat hatte Kämmerer Frank Mendack zuletzt seinen Jahresabschluss für das Haushaltsjahr 2019 vorgelegt. Demnach hat die Stadt das Jahr mit einem Gewinn von knapp einer halben Million Euro abgeschlossen.
Der Jahresabschluss wäre noch um vier Millionen Euro positiver ausgefallen, hätte der Kämmerer nicht den Kniff gewählt, diese Summe im Jahresabschluss als Rückstellung zur Bewältigung der Corona-Krise auszuweisen. Das Geld steht somit in diesem Jahr zur Verfügung.
Mendack legt zur Mahnung für 2021 schon eine Streichliste vor, sollten keine weiteren Hilfen nach Mülheim fließen. Straßenschäden könnten nicht repariert, Turnhallen, Grundschulen und Kitas nicht saniert oder instandgehalten werden. Es werde weiteren Sanierungsstau geben. Neue Spielgeräte für Kinder werde es nicht geben können, an der Grünpflege müsse weiter gespart werden. Ämter reduzieren ihre Öffnungszeiten, der gerade erst aufgestockte Ordnungsdienst wird eingeschränkt, ebenso die Reinigungsstandards in Schulen, so Mendacks Szenario.
Bei gut 2,1 Milliarden Schulden: Große Angst vor steigenden Zinsen
Ohnehin ist Mülheim mit gut 2,1 Milliarden Euro heillos überschuldet. Die große Angst: steigende Zinsen. Mendacks Rechnung ist einfach: Steigen die Zinsen nur um einen Prozentpunkt, reicht nicht mal die strukturelle Verbesserung aus, die der Bund für die Kosten der Unterkunft beschlossen hat, um den Zinsaufwand zu decken.
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Für Mendack ist die Notlage klar: Jetzt sei die Landesregierung in der Pflicht, ihre Zusage in die Tat umzusetzen, den Kommunen finanziell unter die Arme zu greifen. Der Bund habe für eine strukturelle Entlastung gesorgt, nun müsse die drückende Altschuldenfrage gelöst werden. Der Bund hatte sich bei seinem „Konjunkturpaket“ auf die strukturelle Entlastung bei den Wohnkosten für Empfänger von Sozialtransfers und eine Teilkompensation von Gewerbesteuerausfällen beschränkt. Mit seiner Idee von einem Altschuldenfonds war Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) unter anderem am Widerstand Bayerns gescheitert.
Kämmerer Mendack: Mindestens Zinsen sichern oder Stärkungspakt fortschreiben
Ministerpräsident Armin Laschet sei nun aufgefordert, seinen Worten aus Dezember 2018, als er Hilfen etwa zur langfristigen Sicherung der kommunalen Kreditzinsen angekündigt hatte, Taten folgen zu lassen, sagt Mendack. Noch im Juni hätten die kommunalen Spitzenverbände Laschet zum Handeln aufgefordert. Doch das Land sende „nicht mal ein Signal, das Thema Altschulden weiter zu bearbeiten“, klagt Mülheims Kämmerer. Zumindest eine Zinssicherung oder aber die Fortschreibung des Stärkungspaktes sei nötig.