Mülheim. Seit 2018 sind SPD, CDU und Grüne die Antwort schuldig, wie in Mülheims ÖPNV 7 Millionen Euro eingespart werden sollen. Die Aufsicht toleriert’s.

Ohne dass die Stadt Mülheim eine Lösung präsentieren kann, wie der Haushaltsbeschluss zur strukturellen Einsparung von jährlich sieben Millionen Euro im ÖPNV-Betrieb umgesetzt werden soll, hat die Bezirksregierung der überschuldeten Stadt am Donnerstag ihren fortgeschriebenen Haushaltssanierungsplan genehmigt.

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Regierungspräsidentin Birgitta Radermacher ließ eine entsprechende Pressemitteilung ihres Hauses mit „Ein Mutmacher für Mülheim“ überschreiben. Nun ist der aktualisierte Haushaltssanierungsplan für die Jahre 2017 bis 2023 genehmigt – obwohl besagte sieben Millionen Euro ÖPNV-Einsparung, die laut Haushaltsbeschluss von SPD, CDU und Grünen aus 2018 in drei Schritten schon ab nächstem Jahr mit zwei Millionen Euro eingepreist sind, nicht ansatzweise mit konkreten Sparmaßnahmen hinterlegt worden sind. Die Genehmigung ist eine Voraussetzung dafür, dass aus dem NRW-Stärkungspakt weitere Mittel nach Mülheim fließen. 157 Millionen Euro insgesamt sollen es werden.

Regierungspräsidentin lässt Corona-Pandemie als Ausrede gelten

Die Regierungspräsidentin lässt Gnade walten und führt die Corona-Pandemie als Entschuldigung für die Stadt an, das Sparprogramm noch nicht konkretisiert zu haben. Wegen der Corona-Auswirkungen seien erforderliche Grundlagendaten wie zum Beispiel aussagekräftige Fahrgastzahlen nicht zu ermitteln, heißt es seitens der Finanzaufsichtsbehörde.

Diese Sichtweise ignoriert allerdings, dass Mülheims Politik schon vor Corona den von Ruhrbahn und Fachverwaltung vorgezeichneten Fahrplan, etliche Prüfaufträge zum ÖPNV erst nach der Kommunalwahl in die Debatte bringen zu wollen, mitgegangen war. Der neue Stadtrat muss folglich die Last des alten Sparbeschlusses tragen. Ein radikales Sparkonzept der Verwaltung hatte die Etat-Koalition aus SPD, CDU und Grünen 2019 strikt abgelehnt.

Aufsicht sieht Sparpotenzial ausdrücklich in der Ruhrbahn-Verwaltung

Den Haushaltssanierungslan genehmigte die Aufsicht darüber hinaus auch auf der Basis, dass die coronabedingten neuen Haushaltslöcher von rund 70 Millionen Euro, die Kämmerer Mendack allein für dieses Jahr prognostiziert, in der Bewertung ausgespart bleiben. „Auch für den Mülheimer Haushalt können die Corona-Folgen momentan allenfalls abgeschätzt werden. Diese können deshalb nicht meine Genehmigungsentscheidung prägen“, so Radermacher dazu. Gleichzeitig verweist sie darauf, dass die kürzlich von Bund und Land NRW angestoßenen kommunalen Hilfsprogramme positive Wirkung entfalten würden, um „die Folgen der Krise zu managen“. Der Kämmerer mahnt trotzdem, „nicht in alte Verhaltensmuster zurückzufallen“. Der Weg der Konsolidierung sei konsequent fortsetzen, sagte er mit Blick auf die Entwicklung von Gewerbeflächen und den Nahverkehr.

Radermacher zeigt sich mit Blick auf das ohne neues Defizit abgeschlossene Haushaltsjahr 2019 und ungeachtet der aktuellen Probleme „weiterhin optimistisch, dass die Konsolidierungsbemühungen der Stadt weiterwirken werden“. Sie ermahnte die Stadt aber, die ÖPNV-Frage zügig zu beantworten. Sie erwarte, „dass verbleibende betriebliche Handlungsfelder zur Aufwandsreduzierung weiterbearbeitet werden – gegebenenfalls sogar mit deutlich stärkerem Engagement“. Übersetzt: Die Ruhrbahn möge ihre Betriebsorganisation schlanker aufstellen, bevor Bus- und Bahnkilometer gestrichen werden.