Mülheim. Wieder bläst Mülheims CDU vor der Kommunalwahl zur Attacke aufs rote Rathaus. Disharmonien der Vergangenheit will sie als erledigt abhaken.

Als Letzte im Trio der aussichtsreichen Parteien will Mülheims CDU am Donnerstag Bildungs- und Sozialdezernent Marc Buchholz offiziell als OB-Kandidaten für die Kommunalwahl im September nominieren. Die Union ruft abermals die Eroberung des Rathauses aus, sieht sich gestärkt nach den Tiefschlägen der vergangenen Jahre.

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Tiefschlag Nummer 1 datiert vom 19. April 2016. An diesem Tag schrumpfte die CDU-Fraktion von 15 auf zwölf Mitglieder. Frank Wagner, Frank Blum und Ramona Baßfeld, allesamt ausgestattet mit einem Direktmandat aus ihren Wahlkreisen, hatten die Fraktion verlassen, um sich mit Jochen Hartmann (ehemals AfD und CDU) sowie Georg Hötger (MBI) zur neuen Fraktion des Bürgerlichen Aufbruchs zusammenzutun.

Mit dem Michels-Abgang 2017 taten sich tiefe Gräben auf

Tiefschlag Nummer 2: Im Sommer 2017 wird mit einem Schlag öffentlich, wie zerstritten die CDU-Fraktion intern ist. Sie kann sich nicht auf einen neuen Fraktionsvorsitzenden verständigen, als der langjährige Anführer Wolfgang Michels das Feld räumt. Markus Püll und Heiko Hendriks wollen die Fraktion führen, beide scharren jeweils fünf Sympathisanten in ihrer Fraktion um sich. Ein Patt, das sich nicht auflösen lässt.

Parteichefin Astrid Timmermann-Fechter gelingt mit viel Aufwand der dritte Weg, da weder Püll noch Hendriks einer Mehrheit in der Fraktion zu vermitteln waren. Es dauert aber noch Monate, bevor die Fraktion Christina Kaldenhoff (heute Küsters) zu ihrer Chefin macht und Heinz Borchardt zu ihrem Stellvertreter. Küsters war dem Püll-Lager zuzuordnen, Borchardt galt als Hendriks-Unterstützer.

Fraktionschefin Küsters: Von der Verlegenheitslösung zur etablierten Größe

Selbst im Stadtrat tat sich die CDU mitunter schwer, Einheit zu demonstrieren. Nicht immer stimmte sie geschlossen ab. Noch heute ist augenfällig, dass sich die CDU mit einer klaren Positionierung in wesentlichen Sachfragen wie etwa zur Zukunft des Flughafens oder des Nahverkehrs schwer tut. Aber: Von tiefen Gräben innerhalb der Fraktion mag dieser Tage, wo am Donnerstag die personellen Weichen für die Kommunalwahl gestellt werden, kaum jemand mehr sprechen.

„Der Knoten ist aufgebrochen“, sagt nicht nur Markus Püll. Lob erntet insbesondere Fraktionschefin Küsters. Ihre Führungsrolle war einst aus der Not geboren, heute ist Küsters fest etabliert. Auch weil sie Erfolge vorzuweisen hat. Unter ihrer Verhandlungsführung ist etwa der Coup gelungen, das Sozial- und Bildungsdezernat an der SPD vorbei mit CDU-Mann Marc Buchholz zu besetzen. Küsters hat auch in der OB-Affäre die unaufgeregte, strategisch fehlerfreie Oppositionsführerin gegeben. Intern wird sie wertgeschätzt für ihre unter Beweis gestellte Fähigkeit, ausgleichend zu agieren. „Sie macht das ausgezeichnet, sie macht es besser als ich zu meiner Zeit“, sagt etwa Ex-Fraktionschef Wolfgang Michels.

Ex-Fraktionschef Michels und Bürgermeisterin Schröder kandidieren nicht mehr

Ex-Fraktionschef Wolfgang Michels (74), hier 2017 mit OB Ulrich Scholten vor einer Ratssitzung, wird nicht mehr für die CDU kandidieren.
Ex-Fraktionschef Wolfgang Michels (74), hier 2017 mit OB Ulrich Scholten vor einer Ratssitzung, wird nicht mehr für die CDU kandidieren. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Michels wird am Donnerstag bei der Aufstellungsversammlung der CDU nicht mehr als Kandidat für den Stadtrat auftauchen. Der Saarner, 74 Jahre alt, nimmt ebenso Abschied aus der Ratspolitik wie CDU-Bürgermeistern Ursula Schröder (67).

In zehn von 27 Kommunalwahlbezirken hatte sich die CDU 2014 durchgesetzt, war der SPD noch mal näher auf die Pelle gerückt. Auch wenn sich die Partei-Geschäftsführung am Mittwoch weigerte, vor der Wahlveranstaltung die Nominierungsvorschläge der Ortsverbände bekannt zu machen, ist wohl schon längst Verständigung da für Wahlen ohne Kampfabstimmung.

Komplett neues Personal für die Wahlbezirke in Saarn, Selbeck und Mintard

In sechs der zehn direkt gewonnenen Wahlkreisen wird die CDU dem Vernehmen nach mit unverändertem Personal antreten. Markus Püll (Kahlenberg), Henner Tilgner (Holthausen-Süd), Heinz Borchardt (Holthausen-Nord), Bernd Dickmann (Speldorf-Nordwest), Christina Küsters (Speldorf-Süd) und Heiko Hendriks (Broich-Süd) sind dafür von ihren Ortsverbänden vorgeschlagen, ist zu hören.

Für die vier zuletzt siegreichen Wahlkreis-Kandidaturen in Saarn, Selbeck und Mintard, die nach dem Abschied von Michels und dem Austritt der BAMH-Mitbegründer zu vergeben waren, sollen die Würfel (vorbehaltlich der endgültigen Nominierung am Donnerstag) auch schon gefallen sein: Der 2014 gegen Ulrich Scholten (SPD) unterlegene OB-Kandidat Werner Oesterwind soll seine Kandidatur hierhin verlegen. Dazu setzt der Ortsverband nach Informationen dieser Zeitung auf Siegfried Rauhut und den Nachwuchs: Marcel Helmchen (22) und Max Oesterwind (20).

Parteichefin Timmermann-Fechter: Eine gute Mischung aus Erfahrung und Neuem

Parteichefin Astrid Timmermann-Fechter wollte sich am Mittwoch mit Respekt auf die ausstehenden Wahlen noch nicht zu den Vorschlägen zur Reserveliste (Parteivorstand) und zu den Wahlkreisen (Ortsverbände) äußern. Sie glaubt aber, dass den Personalvorschlägen „eine gute Mischung aus Erfahrung und Neuem“ innewohnt.

Bis zu seiner offiziellen Nominierung am Donnerstag wollte sich auch der designierte OB-Kandidat Marc Buchholz nicht öffentlich äußern. Inhaltlich wird er in den nächsten Tagen aus der Deckung kommen müssen, um die verlorene Zeit seiner späten Nominierung aufzuholen. Buchholz’ ernstzunehmende Konkurrenz, Monika Griefahn (SPD) und auch Wilhelm Steitz (Grüne), sind schon im Wahlkampfmodus. Mitte Juni will die CDU ihr Kommunalwahlprogramm stehen haben. Immerhin: Damit kämen sie der SPD zuvor, deren Programm erst Ende Juni verabschiedet werden soll.