Mülheim. Heute debattiert Mülheims Politik zum Wirtschaftflächenkonzept von M&B-Chef Dönnebrink. Contra bekommt dieser auch aus dem Technischen Rathaus.
Vor der Sondersitzung der Politik zum Wirtschaftsflächenkonzept von Wirtschaftsförderer Hendrik Dönnebrink am Dienstag um 16.30 Uhr im Haus der Wirtschaft (Wiesenstraße 35) hat nun auch Mülheims Beigeordneter im Technischen Rathaus, Peter Vermeulen, dem Papier ein vernichtendes Zeugnis ausgestellt. 21 Seiten umfasst es.
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Vermeulen hatte bereits im Dezember gegenüber dieser Zeitung angekündigt, dass er deutlich Gegenposition beziehen werde zum Konzept, das Dönnebrink in Zusammenarbeit mit zwei Gutachterbüros bereits im Oktober den Fraktionschefs des Stadtrates in vertraulicher Runde präsentiert hatte. Bei der Sondersitzung des Wirtschaftsausschusses am heutigen Dienstag kommt es erstmals zur umfassenden Debatte.
Mülheimer Sondersitzung heute wird von Protesten begleitet
Bürgerinitiativen, Umweltorganisationen, auch die Grünen haben bereits Protest angekündigt. Die Gruppe „Parents4Future“ (Eltern für Zukunft) etwa ruft dazu auf, sich um 16 Uhr vom Ladenlokal „Püngel & Prütt“ am Rathausmarkt aus mit dem Rad aufzumachen zum Haus der Wirtschaft. Dort soll es mit den „Fridays for Future“ und den Initiativen eine Protestaktion geben gegen das Wirtschaftsflächenkonzept. Dieses sieht unter anderem neue Gewerbegebiete auf umweltsensiblen Freiflächen im Winkhauser Tal, am Auberg, am Flughafen, am Fulerumer Feld und im Südosten Selbecks vor.
Zu erwarten ist nicht, dass die Politik dem Ansinnen Dönnebrinks direkt beispringt, doch zumindest könnte am Ende eine Übereinkunft stehen, die der Verwaltung zur Aufgabe macht zu prüfen, welche Restriktionen auf den vorgeschlagenen Flächen lasten. Zu hören ist etwa aus SPD-Kreisen, das dies allein schon deshalb Sinn machen könnte, um bei einzelnen Flächen aus dem Dönnebrink-Papier ein für alle Mal festzustellen, dass dort eine Ausweisung als Gewerbegebiet unmöglich sei.
Dezernent Vermeulen: Konzept bietet „keine zukunftsorientierte Lösung“
Peter Vermeulen, im Technischen Rathaus Herr über die Bereiche Wirtschaft, Planen und Bauen sowie Umwelt, gibt zur Sondersitzung wie angekündigt gehörig Contra zum Wirtschaftsflächenkonzept. Selbst mit seinem Masterplan „Industrie & Gewerbe“, der eine behutsame Entwicklung Mülheims ohne Flächenfraß im Grünen skizzierte, krachend im Stadtrat gescheitert, stellt er nun dem Dönnebrink-Papier die Note „ungenügend“ aus. Es skizziere „keine zukunftsgerechte Lösung“, sei eindimensional auf Interessen der Wirtschaft fokussiert. Hinter einzelnen Punkten des Konzeptes stecke „schon mehr als eine schlechte Leistung“.
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Eine zukunftsgewandte Flächenplanung habe ressourcenschonend, emissionsfrei und naturnah zu sein, so Vermeulen. „Es besteht bei der Flächenauflistung der Anschein, mit wenigen, einfachen Planänderungen stünden Flächen zur Verfügung. Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Verfahren sehr lange dauern und scheitern, ist sehr groß.“ Vermeulen beklagt, dass seine Fachabteilungen in den Prozess zur Erstellung des Wirtschaftsflächenkonzeptes gar nicht einbezogen worden seien.
Flächenrecycling: Vermeulen plädiert für verstärkte Anstrengungen
Er verweist zudem auf politische Festlegungen der Vergangenheit gegen weiteren Flächenfraß oder für eine lebenswerte Wohnstadt im Grünen. Seiner Meinung nach ist – wenn auch „ein mühsamer Weg“ – Flächenrecycling nötig, nur ergänzend „an wenigen integrierten Standorten“ eine Ausweisung neuer Gewerbeflächen. Etwa seien an der Solinger Straße in Saarn Lagerflächen nicht am Markt zu platzieren, im Hafen gebe es etwa hinsichtlich der Parkplätze bei Siemens Optimierungspotenziale, etwa über den Bau mehrgeschossiger Parkhäuser.
Außerdem sieht Vermeulen Chancen für Entwicklungen durch nicht störendes Gewerbe außerhalb von ausgewiesenen Gewerbeflächen. Im Masterplan hatte er dafür explizit die Gebiete rund um den Radschnellweg benannt. All diese Register seien zunächst einmal zu ziehen, „bevor Ansprüche an den Freiraum formuliert werden.“
Vermeulen: Verwaltung arbeitet an der Entwicklung von 13 Gewerbestandorten
hier gibt es mehr artikel, bilder und videos aus mülheimDer Beigeordnete listet auf, dass seine Verwaltung aktuell in 13 Fällen Gewerbestandorte entwickele beziehungsweise daran arbeite, Brachflächen wieder nutzbar zu machen. Vieles davon bleibe im Dönnebrink-Konzept unberücksichtigt.
Auch listete er anhand von 14 Beispielen auf, wo in der Vergangenheit aus Sicht seines Dezernates Chancen verpasst worden seien, Gewerbe- und Industrieflächen in der Stadt zu erhalten oder zu reaktiveren: angefangen vom alten Gelände der Zeche Humboldt (jetzt Rhein-Ruhr-Zentrum) über den Heifeskamp hin bis zu den aktuellen Plänen für Wohnbebauung auf dem Tengelmann-Areal in Speldorf.