Mülheim. Unternehmerverband und IHK machen Druck auf Mülheims Politik, neue Wirtschaftsflächen auszuweisen. Sie sehen darin den Ausweg aus größter Not.

Mehreinnahmen in zweistelliger Millionenhöhe möglich machen, um damit Zukunft für die Stadt zu gestalten – oder es sein lassen und weiter die Not verwalten? Mit dieser Kernfrage fordern Industrie- und Handelskammer sowie Unternehmerverband Mülheims Politik auf, das von Wirtschaftsförderer Hendrik Dönnebrink vorgelegte Wirtschaftsflächenkonzept möglichst schnell auf die Agenda zu setzen – und umzusetzen.

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Während Dönnebrinks Papier es zuletzt nicht einmal auf die Tagesordnung des Wirtschaftsausschusses gebracht hatte und Wirtschaftsdezernent Peter Vermeulen ankündigte, es erst in der ersten Sitzung des Jahres 2020 zur Debatte stellen zu wollen, mahnt die Wirtschaft Eile an – und eine zeitnahe Sondersitzung des Ausschusses.

Wirtschaftsförderer sieht Chance für 200 Hektar neue Gewerbeflächen

Dönnebrink hatte die Entwicklung acht neuer Gewerbeflächen mit einem Gesamtvolumen von 200 Hektar ins Spiel gebracht, darunter neben zwei Flächen nördlich und südlich der Flughafen-Landebahn Grünflächen am Fulerumer Feld, am Auberg, nördlich der A40 in Winkhausen und nördlich der A52 in Selbeck. Die zwei letztgenannten Areale bringt Dönnebrink als „Regionale Kooperationsstandorte“ für den Regionalplan ins Spiel.

Das Zeitfenster, um hiermit noch in die Regionalplanungen des Regionalverbands Ruhr reinzurutschen, sei eng, betont IHK-Planungsreferent Daniel Kleineicken. Wenn Mülheims Politik die Chance jetzt nicht ergreife, jene Flächen mit Fördermitteln zu entwickeln, bleibe das Fenster danach lange geschlossen.

Windfeder: Mülheim ist von der Champions League auf einen Abstiegsplatz gerutscht

Hanns-Peter Windfeder als Vorsitzender des Unternehmerverbandes Mülheimer Wirtschaft fordert von Mülheims Politik nun mutige Entscheidungen ein. „Fakt bleibt: Wir sind von der Champions League bis auf einen Abstiegsplatz runter, der Karren ist im Dreck“, sagt er mit Blick auch auf das neueste Städteranking, das den Wirtschaftsstandort Mülheim weiter in der Abwärtsspirale sieht.

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Es brauche zusätzliche Einnahmen, um wieder Gestaltungsfreiheit zu erlangen, sagt Windfeder. 50 Millionen Euro seien zu holen über Mehreinnahmen bei der Gewerbesteuer und Einsparungen im Sozialhaushalt, sollte es der Stadt mit dem Dönnebrink-Konzept gelingen, 8000 neue Arbeitsplätze möglich zu machen. Damit könne dann auch in den ÖPNV, in Schulen, in Soziales und Kultur investiert werden. Nur „auf den weißen Ritter“ von außerhalb zu hoffen, sei nicht die Lösung der Haushaltsprobleme, so Windfeder.

Lühl (IHK): Wirtschaftsflächenkonzept gibt die dringend notwendige Luft zum Atmen

„Das neue Wirtschaftsflächenkonzept gibt dem Standort Mülheim die dringend notwendige Luft zum Atmen“, sagt Veronika Lühl, stellvertretende Hauptgeschäftsführerin der IHK. Die IHK präsentierte am Donnerstag nicht zum ersten Mal Zahlen, die den Abwärtstrend am Wirtschaftsstandort zeigen. Lühl verwies insbesondere auf die real sinkende Wertschöpfung, das weit unterdurchschnittliche Beschäftigungswachstum und einen unvergleichlichen Negativtrend bei den Gewerbesteuereinnahmen seit der Jahrtausendwende.

„Die Spirale bewegt sich extrem schnell nach unten“, konstatiert Windfeder. Er hat sich jüngst die Reden der Fraktionsvorsitzenden zum Etat 2020 angehört und festgestellt, dass sich die ehrenamtliche Politik sehr wohl der Verantwortung stelle und es sich nicht einfach mache. Nun sei aber Mut gefordert, in der Abwägung eine Entscheidung für die Prosperität der Stadt zu treffen und „einen kleinen Teil unserer Grünflächen zu opfern. Wir sind dann immer noch die grünste Stadt hier“.