Mülheim. Mülheims Politik bremst die Debatte um eine mögliche Zukunft für den Flughafen Essen-Mülheim aus. Der Wirtschaftsförderer ist fassungslos.
Ob Flughafen-Debatte oder Gewerbeflächenpolitik: Mülheims Politik scheut weiter eine Positionierung. Sehr zum Verdruss von Wirtschaftsförderer Hendrik Dönnebrink.
Eine in aller Öffentlichkeit geführte politische Debatte um eine mögliche Zukunft für den Betrieb des Flughafens Essen-Mülheim kommt nicht in Gang. So bremste Mülheims Politik nun im Wirtschaftsausschuss eine Initiative aus, die Dönnebrink verpflichten wollte, seine jüngste Positionierung für den Flughafen konzeptionell zu untermauern.
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Wirtschaftsdezernent mahnt Politik zu Flughafen-Debatte aus einem Guss
Glatt abgelehnt wurde jener Antrag der BAMH-Fraktion, der von Dönnebrink eingefordert hatte, bis zum Jahresende „ein Szenario zu entwickeln und aufzuzeichnen für eine zukunftsfähige Ertüchtigung des Flughafens“. Mit dem Antrag war der BAMH in die Vollen gegangen, nachdem sich Dönnebrink im September deutlich für einen Fortbestand des Flughafens ausgesprochen und dies auch in seinem Wirtschaftsflächenkonzept verankert hatte. Eine Debatte dazu im Wirtschaftsausschuss: Fehlanzeige.
Dönnebrink hatte das wohl schon geahnt, am Donnerstag im Ausschuss war er denn gar nicht erst zugegen. Wirtschaftsdezernent Peter Vermeulen übernahm die Wertung der BAMH-Forderung. Er machte deutlich, dass es aus seiner Sicht keinen Sinn mache, das Dönnebrink-Szenario losgelöst von dem gesamten Masterplan-Prozess zu betrachten und eine Debatte darüber vorzuziehen. Vermeulen gab der Politik den Ratschlag, ein Szenario zum Fortbestand des Flughafens, falls politisch gewollt, zum erweiterten Untersuchungsgegenstand der Masterplanung zu machen.
Gutachten zur Flughafen-Fläche sollen erst 2020 veröffentlicht werden
Die Masterplanung stockt bekanntlich seit einiger Zeit. Weiterhin warten Politik und interessierte Öffentlichkeit auf die Veröffentlichung von Gutachten. Vermeulen sagte im Ausschuss, dass ausstehende Gutachten erst im Laufe des nächsten Jahres vorliegen würden. „Ich gehe davon aus, dass wir im zweiten oder dritten Quartal so weit sind“, so der Dezernent.
Auf Nachfrage dieser Redaktion wurde Vermeulen tags darauf konkreter zum Zeitplan, den er nach eigener Aussage mit Essens OB Thomas Kufen verabredet hat. Demnach soll die Debatte, mit welchen Vorgaben die Städte in die Auslobung eines städtebaulichen Wettbewerbs gehen, nicht mehr vor der Kommunalwahl im September 2020 stattfinden. Das mache keinen Sinn, sagt Vermeulen. Spielregeln seien sinnvollerweise vom neuen Stadtrat zu setzen, damit das weitere Verfahren durch stabile politische Mehrheiten abgesichert sei.
Vermeulen: Masterplan ist frühestens im Sommer 2021 erarbeitet
Das Klimagutachten erwartet Vermeulen bis Ende dieses Jahres, das Gutachten zur Entwässerung „wahrscheinlich erst im Sommer 2020“. Das Bodengutachten verzögere sich, weil der Untersuchungsbedarf größer sei als zunächst angenommen. Ein Mobilitätsgutachten werde es wohl erst im dritten Quartal 2020 geben; ebenso ein Konzept zur Ansiedlungsstrategie und Bedarfsanalyse für Wirtschaftsflächen, dass bei der Wirtschaftsförderung in Auftrag sei.
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Erst im letzten Quartal 2020 soll laut Vermeulen der städtebauliche Wettbewerb für das Flughafen-Areal ausgelobt werden. So sei erst im Sommer/Herbst 2021 damit zu rechnen, dass ein Masterplan vorliege.
Wirtschaftsförderer erwartet Entscheidungen vor der Kommunalwahl
Mehr Fluglärm ohne Flughafen? Experte soll aufklären
In einer Sache besteht nun aber doch Klarheit. Auf politischen Wunsch (Anträge gab es von den Grünen und vom BAMH) soll ein Experte der Deutschen Flugsicherung in die nächste Sitzung des Wirtschaftsausschusses eingeladen werden.
Er soll darlegen, welche Auswirkungen eine Stilllegung des Flughafens Essen-Mülheim auf die Lärmbelastung durch Flugverkehr aus und nach Düsseldorf haben könnte.
Im Kern geht es dabei darum, die zuletzt strittige Frage zu beantworten, ob der hiesige Flughafenbetrieb Mülheims Bürger gar davor bewahrt, dass Düsseldorfer Flieger allzu tief über das Stadtgebiet fliegen können.
Wirtschaftsförderer Dönnebrink ist von all dem gar nicht begeistert. „Es ist dringend notwendig, dass die Politik noch vor der Kommunalwahl eine Entscheidung trifft zur Zukunft des Flughafens, zur WDL-Investition und zum Wirtschaftsflächenkonzept“, ermahnte er im Gespräch mit dieser Redaktion die Politik, dringende Hausaufgaben, die auch der Haushaltssanierung dienten, nicht weiter vor sich herzuschieben.
„Daher wäre auch eine Sondersitzung zum Wirtschaftsflächenkonzept notwendig gewesen“, zeigt sich Dönnebrink enttäuscht. Eine Sondersitzung soll es gar nicht erst geben, laut Vermeulen soll das Dönnebrink-Papier erst in der ersten regulären Sitzung des Wirtschaftsausschusses im neuen Jahr Thema werden.
Dönnebrink: Ich habe den Eindruck, dass ich Sauerbier verkaufe
Verwaltungsintern sei man noch dabei, das im Auftrag der Politik entstandene Papier Dönnebrinks zu bewerten. Vermeulen gab schon seine Kritik am Papier preis: Reichlich Gewerbeflächen (allerdings in privater Hand) lägen brach. Hier gelte es, Anstrengungen zur Revitalisierung zu unternehmen, bevor die Stadt Grünflächen opfere.
„Ich habe den Eindruck, dass ich Sauerbier verkaufe“, reagiert Dönnebrink. Es laufe etwas „grundsätzlich falsch, was Wirtschaftsthemen in dieser Stadt angeht“. Zukunftsthemen der Stadt würden einfach nicht diskutiert, sieht der Wirtschaftsförderer bei der Politik „eine mangelnde Kraft zur Positionierung“, sie flüchte sich vor der Sachdiskussion – das sei wesentlich für den Stillstand am Standort Mülheim.