Mülheim/Essen. Um die Zukunft des Flughafens Essen-Mülheim ist eine heiße Debatte entbrannt. Wir sprachen mit Wirtschaftsförderer Dönnebrink über seine Pläne.

Die Debatte, ob dem Flughafen Essen-Mülheim entgegen dem Ausstiegsbeschluss doch eine Perspektive eröffnet wird, ist voll entbrannt. Dafür gesorgt hat unter anderem Beteiligungsmanager Dr. Hendrik Dönnebrink, der seit Frühjahr auch als Mülheims oberster Wirtschaftsförderer fungiert. Er stellte sich den Fragen dieser Redaktion.

Man hat dieser Tage den Eindruck, Sie hätten nur darauf gewartet, endlich mal als Wirtschaftsförderer der Stadt unterwegs zu sein.

Dönnebrink: Die Frage ist ein wenig provokativ. Nein, das ist nie mein Ziel gewesen. Ich bin gut ausgelastet als BHM- und Medl-Geschäftsführer. Es war und ist nicht mein Wunsch, zusätzlich Wirtschaftsförderer zu sein. Und ich werde alles dafür tun, dass ich dieses Amt wieder ablegen kann.

Hätten Sie sich denn auch als Beteiligungsmanager so weit aus dem Fenster gelehnt und den Fortbestand des Flughafens gefordert?

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Nein, nicht in der Intensität. Das ist auch nicht meine Aufgabe als Beteiligungsmanager. Wenn ich aber Wirtschaftsförderer bin, habe ich den Hut auf und muss mich auch deutlich positionieren.

Im M&B-Journal haben Sie kürzlich in wenigen Sätzen die Debatte losgetreten, an die sich andere in der Stadt nicht mehr öffentlich gewagt hätten: Sie forderten eine Zukunft für den Flughafen mit der Ansiedlung von Gewerbe, auch flugaffinem. Warum der Vorstoß zu diesem Zeitpunkt?

Der Vorstoß ist nicht isoliert zu sehen. Er gehört zum Gesamtauftrag, den mir die Politik erteilt hat, nämlich ein Wirtschaftsflächenkonzept zu entwickeln. Eine Teilfläche davon ist die Flughafenfläche. Die galt es zu beurteilen. Wohl wissend, dass die Fläche eine der politischsten ist.

Die Masterplanung versprach der Stadt doch, ein Drittel der Flughafenfläche, das wären fast 50 Hektar, für Gewerbe entwickeln zu können. Samt satter Gewerbesteuereinnahmen. Was ist der Grund, warum Sie vom Weg ausscheren?

Hendrik Dönnebrink hofft, dass die Politik sich bis zum Frühjahr 2020 eindeutig positioniert. Sonst drohe Stillstand vor der Kommunalwahl 2020.
Hendrik Dönnebrink hofft, dass die Politik sich bis zum Frühjahr 2020 eindeutig positioniert. Sonst drohe Stillstand vor der Kommunalwahl 2020. © FUNKE Foto Services | Jörg Schimmel

Ich will da gar nicht aktiv ausscheren. In der politischen Diskussion kristallisiert sich heraus, dass man dort oben eine Freifläche halten möchte. Es gibt auch Widerstand gegen Wohnbebauung, weil man etwa sagt, dass dann Haarzopf zu stark belastet würde. Ich halte für konsensfähig, dass es eine Freifläche bleibt, die man durchaus weiter für den Flugbetrieb nutzen kann und aus Wirtschaftsförderer-Sicht auch sollte. Und das andere ist, dass wir das Thema Gewerbe dort vorantreiben.

Die Masterplanung geht aber doch in eine andere Richtung.

Man hat in den vergangenen Jahren nie nachgezogen, was heute der politische Stand ist. Bevor die Politik mit dem Beschluss zuletzt die Fördermittel für die weitere Planung abruft, hätte sie klar die Rahmenbedingungen festlegen sollen. Die sind zu unbestimmt. Ich sehe die große Gefahr, dass man einen Masterplan-Prozess macht, der nachher politisch gar nicht gewünscht ist, und wir Verwaltungsressourcen nicht zielorientiert einsetzen. Erst mal muss man klar definieren, was will ich da oben auf der Fläche.

Die Politik hat aber doch im Beschluss zum Handlungskonzept, mit dem sich die Stadt um Fördermittel bewirbt, eben nicht reinschreiben lassen, dass ein weiterer Flughafen-Betrieb eine Option ist.

Wenn Sie den alten Beschluss von 2016 sehen, auf dem der Masterplan basiert, steht da nicht drin, dass man aussteigt aus dem Flughafen. Da steht sinngemäß drin, dass man gucken muss, wie man 2034 mit der weiteren Fläche umgeht. Das ist an dem Punkt entscheidungsoffen geblieben.

Sie sind überzeugt, dass der Flughafen mit Gewerbe ringsum eine wirtschaftliche Perspektive hat. Wie kommen Sie darauf, bei all den Defiziten, die der Betrieb in der Vergangenheit eingefahren hat?

Es geht nicht darum, ob der Flughafen solitär eine schwarze Null schreibt. Die Infrastruktur hat positive Effekte, die es für den Wirtschaftsstandort Mülheim und das westliche Ruhrgebiet sinnvoll machen, ihn weiter zu betreiben. Weil er die Möglichkeit bietet, sich ganz schnell auf kleinem Dienstweg von A nach B zu bewegen. Wir haben im Moment ein Defizit von rund 500.000 Euro, das durch zwei Gesellschafter geteilt wird. Das kann man unter Berücksichtigung anderer Faktoren rechtfertigen.

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Der Landesrechnungshof hat vor Jahren Investitionsbedarfe am Flughafen ausgemacht in Höhe von 55 Millionen Euro, etwa für eine Erneuerung der Start- und Landebahn. Auch die Entwässerung soll ein riesiges Problem sein, das nur mit Millionenaufwand zu beheben sein soll. Wo soll das Geld herkommen?

Die haben ziemlich unseriös gerechnet. Der Tower ist erneuert worden, Teile des Abwassersystems, eine Flughafen-Befeuerung ist eingebaut worden. Auf der Zeitachse sind vielleicht mal Investitionen in die Start- und Landebahn zu erwarten, wenn wir den Flughafen weiter betreiben. Aber wir reden hier nicht über 55 Millionen Euro. Ansonsten würde auch ich sagen: Dreh den Schlüssel rum und schließ ab!

Der Flughafenbetrieb ist weiter defizitär. Wie glauben Sie, die Kurve kriegen zu können?

Man muss noch mal schauen, wie man das Defizit reduzieren kann, etwa dadurch, mit moderner Technik zu fliegen, so mit GPS. Da haben wir zurzeit eine Genehmigungssituation wie Anfang der 90er-Jahre. Mit GPS ist man in der Lage, Flugzeuge, die morgens abfliegen, auch abends wieder reinkommen zu lassen. Vorteil wäre hinsichtlich des Lärms auch, dass der Flughafen über GPS selbst bestimmen kann, wie Flugzeuge starten und landen. Ohne diese Technik entscheidet der Pilot selbst.

Man hört, die Entwicklung zu einem Regionalflughafen mit Düsenbetrieb werde auch wieder diskutiert. Was ist da dran?

Dafür stehe ich nicht. Ich stehe dafür, dass der Flughafen so ertüchtigt wird, dass er kleinen Geschäftsfliegern ermöglicht, ihn anzufliegen und wieder abzufliegen. Und wo auch mal eine kleine Fracht transportiert werden kann. Dafür ist die kleine Düse eine moderne Antriebstechnik, die aber nicht lauter ist als eine Turboprop-Maschine. Es geht aber nicht darum, einen Charterflug nach Mallorca möglich zu machen.

Jetzt hat die WDL verkündet, sie wolle zehn bis zwölf Millionen in eine Luftschiff-Eventhalle mit angeschlossenem, multifunktional nutzbarem Neubau investieren. Unter anderem soll eine große PR-Agentur Interesse an einer Ansiedlung haben. Überzeugen Sie die Pläne?

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Wenn man den Standort dort oben weiterentwickeln will, ist das eine sinnvolle Investition. Die Investition kann auch funktionieren, wenn man sich gegen den Flughafen entscheidet, weil WDL nur eine Freifläche, aber keine Flughafen-Genehmigung braucht. Es ist ein gutes, ein Aufbruchsignal. Zur Wirtschaftlichkeit kann ich nichts sagen, da liegen mir keine Unterlagen vor.

Logischerweise: Zur Voraussetzung macht die WDL, dass ihr die Stadt den Pachtvertrag über 2024 hinaus verlängert und ein Vorkaufsrecht für das Areal einräumt. Würden Sie da mitgehen?

Ich würde den Erbbauvertrag verlängern, dort aber eine Regelung einbauen, dass WDL bei einer Überplanung des Geländes eine Möglichkeit bekommt, die Investition an jetziger oder aber an einer anderen Stelle zu realisieren. Es muss in ein Gesamtkonzept eingeordnet werden.

Die Initiativen von Ihnen und der WDL sind bei den Ratsfraktionen – mal abgesehen von den Grünen – nicht auf pure Ablehnung gestoßen. Glauben Sie an eine schnelle politische Kehrtwende?

Die WDL will zehn bis zwölf Millionen Euro in eine Luftschiff-Eventhalle für bis zu 5000 Besucher investieren. Daneben plant sie einen angeschlossenen, multifunktionalen Neubau.
Die WDL will zehn bis zwölf Millionen Euro in eine Luftschiff-Eventhalle für bis zu 5000 Besucher investieren. Daneben plant sie einen angeschlossenen, multifunktionalen Neubau. © WDL

Meine Hoffnung ist, dass die Politik noch vor der heißen Phase im Kommunalwahlkampf, bis Ende März, eindeutig festlegt, was sie da oben will. Gut wäre eine Grundsatzentscheidung noch im Winter. Will ich ein Gewerbegebiet, das deutlich größer ist als das, was wir dort heute geplant haben an der Brunshofstraße? Will ich dort Wohnungsbebauung – ja oder nein? Will ich dort eine Freifläche, die auch zum Flugbetrieb genutzt werden kann? Auf diese wesentlichen Fragen muss die Politik einmal eine Antwort geben. Erst dann ist eine vernünftige Planung möglich.

Die Mülheimer Politik ist das Eine. Was müsste beim Mitgesellschafter Essen passieren, damit Ihr Ansinnen, den Flugbetrieb weiterzuführen, Erfolg hat?

Ich lege Wert darauf, dass mein Interesse es ist, dort ein Gewerbegebiet zu schaffen, dass deutlich größer ist als das, was derzeit geplant ist – und man dazu weiter fliegen kann. Ich kämpfe nicht für den Flughafen, sondern für ein Gewerbegebiet mit angeschlossenem Flughafen. Natürlich muss man da mit den Essenern sprechen. Mit dem Kopf durch die Wand geht es nicht.

Die BAMH-Fraktion hat jetzt in einem ersten politischen Antrag gefordert, dass Sie bis Ende des Jahres Szenarien vorlegen sollen, wie eine Zukunft mit Flughafen möglich sein kann. Sind Sie dazu in der Lage?

Man sollte es nicht mit meiner Person personifizieren. Es geht um eine Sachfrage. Wenn die Wirtschaftsförderung beauftragt wird, sie zu beantworten, wird sie es auch tun, auch wenn es nicht sofort in aller Detailschärfe möglich sein wird.