Mülheim. Am 14. Januar steht die erste politische Debatte zum Wirtschaftsflächenkonzept für Mülheim an. Es hat sich schon vehementer Widerstand gebildet.
Unter Federführung der Grünen hat sich geballter Widerstand gegen das Wirtschaftsflächenkonzept von Wirtschaftsförderer Hendrik Dönnebrink formiert. Über das Papier soll am 14. Januar in einer Sondersitzung des Wirtschaftsausschusses erstmals politisch debattiert werden.
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Im Oktober hatte Dönnebrink sein Konzept präsentiert, mit dem er rund 160 Hektar neue Gewerbe- und Industrieflächen schaffen will. Der Interimsgeschäftsführer von „Mülheim & Business“ will so nicht nur die Not lindern, expansions- und/oder ansiedlungswilligen Unternehmen überhaupt verfügbare Flächen anbieten zu können. Dönnebrink kalkuliert zudem mit 8000 neuen Arbeitsplätzen und 16 Millionen Euro zusätzlichen Gewerbesteuereinnahmen, die helfen sollen, die Haushaltsnot zu lindern.
Mülheimer Widerstand hat sich bereits vernetzt
Große Freiflächen in der Natur, teilweise mit hohen Restriktionen des Landschafts- und Naturschutzes belegt, sind als potenzielle Wirtschaftsflächen aufgerufen, so am Fulerumer Feld (24 bis 28 Hektar), am Auberg (zehn Hektar), auf dem nördlichen und südlichen Flughafen-Areal (52 Hektar), im Südosten von Selbeck (70 Hektar) oder im Winkhauser Tal (46 Hektar).
Die Grünen, Umweltorganisationen sowie alte und neue Bürgerinitiativen haben sich schon vernetzt, um gemeinsam auch zur Sondersitzung des Wirtschaftsausschusses ihren Protest gegen die Pläne des Wirtschaftsförderers zur Massenbewegung zu machen.
Widerstand gegen Pläne am Fulerumer Feld, am Flughafen und im Winkhauser Tal
Die Essener Bürgerinitiative „Rettet die Schönebecker Grünflächen“ ist bereits hellhörig geworden, dass 40 Jahre nach dem Widerstand gegen die Verlängerung der A 31 und späteren Konzepten zur Gewerbeansiedlung im Winkhauser Tal wieder Pläne auf den Tisch kommen, die deren Sprecher Wolfgang Sykorra allzu bekannt vorkommen. Er reklamiert für seine Initiative, dass etwaigen Gewerbeplänen schon 1989 das Oberverwaltungsgericht einen Riegel vorgeschoben habe, weil das Winkhauser Tal wichtiger Bestandteil des Regionalen Grünzugs B sei.
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Mit einer Online-Petition, die nach nicht einmal zwei Wochen bereits mehr als 6000 Unterzeichner zählt, macht auch die neue „Bürgerinitiative Fulerumer Feld“ mobil, für die „Bürgerinitiave Flughafensiedlung“ fordert Sprecher Rainer Derhardt: „Dieser Plan sollte beerdigt werden.“ Die Stadt solle endlich die Masterplanung für eine Nutzung des Flughafen-Areals nach Ende des Flugbetriebs weitertreiben.
Auberg-Initiative: Die Politik wird sich noch wundern, wie groß unsere Power ist
Auch 40 Jahre alter Widerstand gegen Flächenfraß am Auberg in Saarn flammt angesichts des Dönnebrink-Papiers wieder auf. Die Initiative „Hände weg vom Auberg“ hatte 1980 die Stadt mit einer nahezu beispiellosen Kampagne in die Knie gezwungen und eine Bebauung am Rande des Landschaftsschutzgebietes verhindert.
Sondersitzung am 14. Januar
Der Ausschuss für Wirtschaft, Stadtentwicklung und Mobilität kommt am Dienstag, 14. Januar, zur öffentlichen Sondersitzung im Lichthof des Hauses der Wirtschaft an der Wiesenstraße 35 zusammen, um über das Wirtschaftsflächenkonzept zu debattieren. Die Fridays-for-Future-Bewegung hat schon Protest angekündigt.
Eine ablehnende Stellungnahme zum Konzept aus der Wirtschaftsförderungsgesellschaft will Dezernent Peter Vermeulen zur Sitzung vorlegen. Die MBI fordern in einem Antrag, das Hexbach- und Winkhauser Tal sowie die Hänge sowie Kaltluftentstehungsflächen zum Rumbachtal zu Tabuzonen für jegliche zusätzliche Bebauung zu erklären.
Auch zwei Eingaben der Bürgerinitiative Fulerumer Feld liegen vor. In einem Fall will die Initiative 16 kritische Fragen zu Flächennutzung, Wirtschaftlichkeit, Landschaftsschutz, Klima und Verkehr beantwortet sehen. Mit ihrer zweiten Eingabe fordert sie ein politisches Votum, das die Stadt verpflichtet, neben dem Fulerumer Feld auch die Flächen im Winkhauser Tal, in Selbeck und am Auberg bis 2035 nicht für etwaige Baupläne anzurühren.
Viele der alten Widerständler sind bereits verstorben. Peter Pankok ist ein Sohn derjenigen, deren Sturm der Entrüstung vor 40 Jahren von Erfolg gekrönt war. Jetzt sagt er: „Wir sind wieder da und werden kämpfen. Der Aufschrei ist gewaltig. Die Politik wird sich noch wundern, wie groß unsere Power ist.“
Mahnung: Pufferzonen für Naturschutzgebiete erhalten
Eine Erweiterung des Gewerbegebiets rund um die Solinger Straße hinein ins Grün des Aubergs lehnen Pankok und Mitstreiter entschieden ab. „Jedes Naturschutzgebiet ist nur so viel wert, wie es noch Pufferzonen hat“, sagt er. Wer am Auberg Freiflächen bebaue, auf denen auch frische Luft für das Dorf Saarn und das Ruhrtal entstehe, riskiere auch, dass „die Ruhrauen weniger wert sein werden“.
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In dieser Woche kam der gesammelte Widerstand in der Geschäftsstelle der Grünen zusammen. Die Initiativen und Organisationen wollen zusammenstehen. Sie kritisieren im Kern, dass Grün geopfert werden soll für Gewerbeansiedlungen, ohne dass nachvollziehbar aufgezeigt worden sei, was die ökologischen Folgen sein würden in Zeiten, wo die Debatte über den Klimanotstand weltweit geführt wird. Die Grünen wollen vor Ort Bürger informieren, ein erster Termin steht: Am 29. Januar soll es zu den Plänen im Winkhauser Tal eine Veranstaltung bei der Markuskirchengemeinde am Knappenweg geben.
Erd (Grüne): Dönnebrink-Konzept ist nicht alternativlos
Zweifel gibt es auch am Zahlenwerk, das Dönnebrink und die von der Wirtschaftsförderung beauftragten Gutachter vorlegen. Sie sollen aus deren Sicht eine dramatische Entwicklung am Wirtschaftsstandort in den vergangenen Jahren belegen. Auch Dönnebrinks Prognose, dass 8000 neue Arbeitsplätze und 16 Millionen Euro zusätzliche Gewerbesteuer möglich seien, wird als unrealistisch dargestellt.
Grünen-Ratsfrau Brigitte Erd sieht im Konzept von Dönnebrink „ein Papier, in dem Mülheim kaputtgerechnet wird, nach einem „uraltem Rezept“, um damit die Ausweisung von Bauland auf freiem Feld als alternativlos darzustellen. Eine Alternative liegt aus Sicht der Grünen aber auf dem Tisch: der von der politischen Mehrheit allerdings schon verworfene Entwurf für einen „Masterplan Industrie und Gewerbe“, den Planungs- und Wirtschaftsdezernent Peter Vermeulen im März 2019 vorgelegt hatte, offensichtlich unter Missachtung der Sichtweise des damaligen Wirtschaftsförderers Jürgen Schnitzmeier.