Duisburg. Aus dem 5-Standorte-Programm erwartet Duisburg viele Fördermillionen. Wie Bürokratie in Düsseldorf, Berlin und Brüssel die Projekte ausbremst.
Aus dem 5-Standorte-Programm der Bundesregierung könnte eine dreistellige Millionen-Euro-Summe in wichtige Projekte zur grünen Transformation von Industrie, Logistik und mittelständischen Unternehmen nach Duisburg fließen. Doch schon um die Vergaberichtlinien gibt es Riesenärger mit dem NRW-Wirtschaftsministerium, durch nicht minder komplizierte Prüfungen der Vorhaben bei der EU-Kommission in Brüssel drohen wie schon beim Wasserstoff-Innovationszentrum TrHy (wir berichteten) auch hier jahrelange Verzögerungen.
Das Wasserstoff-Bildungszentrum, in dem Fachkräfte für die neue Technologie ausgebildet werden sollen, ist so ein Beispiel: Anfang September versammelten sich die Initiatoren aus Stadtspitze und Hafen anlässlich der Anmeldung des Projekts zur Förderung und machten gute Miene zu einem Spiel mit ungewissem Ausgang.
Wasserstoff-Bildungszentrum in Duisburg: Förderung steht noch in den Sternen
Zwar gibt es bereits einen Entwurf für das Gebäude, das auf einem Hafen-Grundstück gegenüber von „Tiger & Turtle“ in Wanheim errichtet werden soll. Aber eine Zahl steht noch nicht im Antrag. Denn ob und in welcher Höhe der Bau aus dem 5-Standorte-Programm gefördert werden könnte, ist noch gänzlich ungewiss.
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„Wir haben enorme Schwierigkeiten mit der Rahmenrichtlinie des Landes. Sie hat viele Geburtsfehler“, erklärte Romy Seifert. Die Leiterin der Stabstelle für Europa- und Fördermittelangelegenheiten im Duisburger Wirtschaftsdezernat führt auch das Projektbüro für das 5-Standorte-Programm. Nicht nur Seifert fürchtet, dass die Förderbedingungen aus Düsseldorf die Umsetzung der Projekte gefährden.
Brandbrief der 5-Standorte-Städte an NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur
Denn laut der aktuellen Vorgaben wären etwa beim Wasserstoff-Bildungszentrum nicht die Neubaukosten zu 90 Prozent förderfähig, sondern lediglich der Restwert des Gebäudes nach 15 Jahren. Die Folge: Der Eigenanteil der finanziell klammen Städte würde bei diesem und anderen investiven Vorhaben erheblich steigen. Im Angesicht des Scheiterns ihrer Projekte haben die fünf Programm-Kommunen (siehe Info) schon im Februar in einem Brandbrief an Ministerin Mona Neubaur (Grüne) Nachbesserungen gefordert.
Von einem „gemeinsame Thesenpapier mit Optimierungsvorschlägen“ spricht Duisburgs Wirtschaftsdezernent Michael Rüscher, auch er ist darüber mit dem Ministerium im Gespräch ist. Das zeigt offenbar Einsicht: Der Entwurf für eine Novelle der Rahmenrichtlinie sei für Ende 2023 angekündigt, heißt es. Sicher ist aber: Bis sie in Kraft tritt und die Förderanträge entsprechend angepasst sind, wird einige Zeit ins Land gehen.
Geben der „Strukturstärkungsrat“, der als vorlaufendes Gremium die Vorhaben bewertet und zur Förderung empfiehlt, Land und Bund schließlich grünes Licht, geht’s nach Brüssel. „Dort haben wir eine schwierige Beihilfe-Prüfung vor der Brust“, ahnt Romy Seifert.
Die Hoffnung der Stabsstellen-Leiterin ruht auf der im Frühjahr geänderten „Gruppenfreistellungsverordnung“ der EU. Sie soll die Förderung von Projekten erleichtern, „um den ökologischen und den digitalen Wandel zu erleichtern und zu beschleunigen“.
Hoffnung auf vereinfachte Beihilfe-Regelungen der EU-Kommission
Bestimmte staatliche Beihilfen, „die einen spürbaren Beitrag zur Schaffung von Arbeitsplätzen und zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit in Europa leisten, als mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt und von der Anmeldungs- und Genehmigungspflicht freigestellt“, heißt es. Unterstützung für den Aufbau von Schlüsselsektoren, die im Einklang mit dem Industrieplan für den „Green Deal“ der EU stehen, müsste dann „nicht vor ihrer Durchführung bei der Kommission angemeldet und von dieser genehmigt werden, sondern können von den Mitgliedstaaten direkt gewährt und erst im Nachhinein der Kommission mitgeteilt werden.“
Ob die Duisburger Projekte damit unter die Schwellenwerte für die Fördersummen fallen, bleibt abzuwarten. Bis zur finalen Genehmigung und Umsetzung der Projekte werden wohl noch Jahre vergehen. Bloß gut, dass die Fördermittel bis 2038 zur Verfügung stehen. Die Wasserstoff-Wirtschaft wird darauf kaum warten können – besser, sie lernt das Laufen ohne das 5-Standorte-Programm.
[Lesen Sie auch: So steht es um die Duisburger Projekte]
>>STICHWORT: 5-STANDORTE-PROGRAMM
- Als Kraftwerkstandorte sind die Städte Duisburg, Herne, Hamm, Gelsenkirchen und Kreis Unna vom Ende der Kohleverstromung bis 2038 betroffen.
- Zur Schaffung neuer Arbeitsplätze und neuer Wertschöpfung stellen Bund und Land bis 2038 Strukturhilfen in einer Gesamthöhe von 662 Millionen Euro zur Verfügung.
- Die fünf Kommunen können Projekte zur Förderung vorschlagen, die den Wegfall der Arbeitsplätze kompensieren. Duisburg hat dazu im Wirtschaftsdezernat der Stadtverwaltung ein Projektbüro mit drei Stellen eingerichtet, das seit November ‘22 besetzt ist.