Herne. Städte sollen nun selber entscheiden, ob sie die Geldkarte für Flüchtlinge einführen. Hernes OB lehnt das ab. Er fürchtet einen „Flickenteppich“.

Wird die geplante Geldkarte für Flüchtlinge auch in Herne eingeführt? Nach den Plänen des Landes NRW soll nun jede Stadt plötzlich selbst entscheiden, ob sie auf die bargeldlose Versorgung von Asylbewerberinnen und -bewerbern umstellt. Hernes Oberbürgermeister Frank Dudda (SPD) ist verärgert: „Jetzt droht ein Flickenteppich“, sagt er zur WAZ. Der müsse verhindert werden.

Mit der Bezahlkarte wollen Bund und Länder Flüchtlingen, die im Asylverfahren stecken oder nur über einen Duldungsstatus besitzen, weniger Barmittel zur Verfügung stellen. Maximal 410 Euro pro Monat stehen ihnen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz monatlich zur Verfügung. Ein großer Teil, darunter Unterkunft und Versorgung, wird ohnehin über Sachleistungen ausgegeben. Geflüchtete haben aber auch Anspruch auf ein Taschengeld. Die Höhe richtet sich nach der persönlichen Lebenssituation und kann gut 200 Euro monatlich betragen. Mit der Karte, die ursprünglich im Herbst an den Start gehen sollte, sollen Leistungen weitgehend nicht mehr in bar ausgezahlt werden. Damit soll zum Beispiel verhindert werden, dass staatliche Hilfen an Verwandte in den Heimatländern überwiesen werden.

Hernes OB: „Das lässt einen ratlos zurück“

Verärgert: Hernes Oberbürgermeister Frank Dudda.
Verärgert: Hernes Oberbürgermeister Frank Dudda. © Herne | Michael Korte

Wie die Staatskanzlei am Montag überraschend mitteilte, soll jede Kommune nun für sich entscheiden, ob sie die Geldkarte einführen will. Wenn ja, soll die Stadt die technische Umstellung selbst bezahlen. Über diese Ankündigung sei er „total irritiert“, sagt OB Frank Dudda zur WAZ. Zunächst: Die Einführung einer Bezahlkarte begrüße und unterstütze er: „Ich würde sie gerne einführen.“ So werde verhindert, dass Geld, das Herne für eine adäquate Flüchtlingsversorgung aufwende, ins Ausland abfließe. Herne, so Dudda, habe bereits ein System entwickelt, was dem nahe komme: die Girokarte. Damit könnten Geldtransfers ins Ausland aber nicht unterbunden werden. Die Stadt habe deshalb zuletzt geprüft, ob sie eine Bezahlkarte, die das verhindere, im Alleingang einführe. Das habe sie aber nicht umgesetzt, weil sich Bund und Land vor Wochen auf eine deutschlandweite Einführung verständigt hatten.

Weil es jetzt plötzlich keinen Anschlusszwang für Städte und Gemeinden mehr geben soll, drohe besagter Flickenteppich. Dudda ärgert sich, weil es dadurch Wanderungsbewegungen von einer Kommune in eine andere, auch innerhalb des Ruhrgebiets, geben könnte. Gemeint ist: Flüchtlinge, die auf der einen Straßenseite leben, bekommen Bargeld, die auf der anderen eine Geldkarte. Das müsse vermieden werden. Auch ärgert sich der OB darüber, dass Ankündigungen von Bund und Land einmal mehr über den Haufen geworfen worden seien. Es gebe einfach keine Verlässlichkeit und Glaubwürdigkeit: „Das lässt einen ratlos zurück.“ Der Oberbürgermeister fordert das Land auf, die Karte nicht ins Belieben jeder Stadt zu stellen, sondern „ernsthaft zu überdenken“: „Das kann nicht das letzte Wort sein.“ Nötig sei die bislang zugesagte, bundeseinheitliche Lösung. Das sieht Essens OB Thomas Kufen ähnlich. Er kündigte aber bereits an: „Wenn es kein einheitliches Vorgehen geben sollte, führen wir die Bezahlkarte in Essen trotzdem ein.“ Dies sei allerdings „nur die zweitbeste Lösung“.

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Patrick Steinbach, Vorsitzender des Sozialausschusses, kann der Karte ebenfalls viel abgewinnen: „Das ist ein Modell, das man durchdenken muss“, sagt der SPD-Ratsherr zur WAZ. Dabei gelte es, Kosten und Nutzen abzuwägen. Wichtig sei aber ein einheitliches System und kein Flickenteppich, meint auch er. Und: Die Kosten für eine solche Karte dürften nicht den Städten aufgehalst werden.

>>> 500 Menschen erhalten Asylbewerberleistungen

In Herne haben rund 500 Menschen Anspruch auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, sagt Stadtsprecher Christoph Hüsken zur WAZ.

Ob das dann aber auch die Anzahl ist, die eine solche Bezahlkarte erhält, bleibe im weiteren Verfahren abzuwarten, so der Stadtsprecher weiter.