Herne. Die deutschen Unternehmen schauen eher pessimistisch auf 2024. Die Herner WAZ hat lokale Firmen nach ihren Erwartungen gefragt. Einige Aussichten überraschen.

Die deutschen Unternehmen schauen eher pessimistisch auf 2024. Die Herner WAZ hat lokale Firmen nach ihren Erwartungen gefragt.

Vulkan-Gruppe

„Dank einer vorausschauenden Strategie, unseres breiten Produktportfolios und unserer globalen Präsenz mit Produktionsstätten auf jedem Kontinent konnte die Vulkan-Gruppe auch in politisch eher unwägbaren Zeiten ein sehr erfolgreiches Geschäftsjahr verzeichnen. Wir konnten unsere bestehenden Geschäftsbereiche umsatztechnisch weiter ausbauen. Sowohl im Neugeschäft als auch im Servicebereich“, so Sebastian Meise, Geschäftsführer Vulkan-Deutschland und Leiter des operativen Geschäfts der Vulkan-Gruppe.

Am Standort Herne habe sich die Gruppe mit über 100 Neueinstellungen sehr gut verstärken können und habe in das Team und die Zukunftsfähigkeit investiert. Mit dem Bau eines modernen Logistikzentrums auf dem Betriebsgelände in Crange, das Mitte 2024 fertiggestellt und in Betrieb genommen werde, stelle das Unternehmen einen reibungslosen Versand der Vulkan-Produkte sicher.

Meise: „Überall auf der Welt schätzen unsere Kunden unsere Liefer-, Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit und haben unsere Leistungen in diesem Jahr erneut mit diversen Lieferantenauszeichnungen und Nachhaltigkeitspreisen honoriert.“ Das Thema Nachhaltigkeit habe die Vulkan-Gruppe weiter vorangetrieben: Energieeinsparungen, Material-Recycling, Wassereinsparung und -aufbereitung seien einige der vielen Maßnahmen, die ergriffen worden seien. Auf dem Herner Werksgelände werde in 2024 zum Beispiel weitere Photovoltaikanlagen in Betrieb gehen.

Die Zentrale der Vulkan-Gruppe an den Heerstraße in Crange.
Die Zentrale der Vulkan-Gruppe an den Heerstraße in Crange. © www.blossey.eu / FUNKE Foto Service | Hans Blossey

Meises Fazit und Ausblick: „Vor dem Hintergrund der personellen und infrastrukturellen Investitionen sowie der Investitionen in das Thema Innovation sehen wir uns in Herne, aber auch global als Unternehmensgruppe gut aufgestellt und werden unseren Wachstumskurs auch 2024 weiter fortsetzen. Dank gut gefüllter Auftragsbücher und einer stabilen Geschäftslage blicken wir positiv gestimmt in die Zukunft.“

Parfümerie Pieper

„Trotz schwieriger Rahmenbedingungen im Einzelhandel bestätigt sich wieder, dass unsere Branche relativ krisenresistent ist und sich der Kunde den kleinen Luxus gerne noch gönnt“, so Firmenchef Oliver Pieper. Um weiteren Preiserhöhungen aus dem Weg zu gehen, ist vielleicht auch genau jetzt der richtige Zeitpunkt zum Einkaufen. Die Auswirkungen der Inflation seien jedoch schwer absehbar, auch Pieper beobachte die Risiken aufmerksam. Für die Innenstädte werde es immer schwieriger und es brauche mehr denn je ein gutes Zusammenspiel zwischen der Rathausspitze, dem Stadtmarketing, Einzelhandel und Gastronomie bis zu kulturellen Anbietern sowie Bürgerinnen und Bürgern. Nur dann können Konzepte funktionieren und Städte sich erfolgreich entwickeln.

Oliver Pieper ist davon überzeugt, dass er mit seinem Unternehmen auch in Zukunft erfolgreich agieren wird.
Oliver Pieper ist davon überzeugt, dass er mit seinem Unternehmen auch in Zukunft erfolgreich agieren wird. © FUNKE Foto Services | Klaus Pollkläsener

Grundsätzlich habe Pieper in den vergangenen zwei bis drei Jahren eindrucksvoll gezeigt, dass eine schnelle Anpassungsfähigkeit besonders wichtig sei, um in einem sich ständig verändernden Wirtschaftsumfeld bestehen zu können. Pieper: „Selbst wenn eine genaue Prognose in der schnelllebigen Welt schwer ist, sind wir davon überzeugt, mit unserem engagierten Team von herausragenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und der Begehrlichkeit unserer Produkte bestens aufgestellt zu sein, um auch in Zukunft erfolgreich zu agieren.“

Wärmetechnik Leickel

Wärmetechnik Leickel, das in 2024 sein 100-jähriges Bestehen feiert, gehört in NRW zu den drei größten Unternehmen in der Heizungs- und Sanitärbranche. So blickt Geschäftsführer Gerwin Schweppe auf das kommende Jahr:

Für 2024 stehe für die Besitzer von Immobilien die Heizungstechnik ganz besonders im Fokus. Mit dem zum 1. Januar geltenden Gebäudeenergiegesetz (umgangssprachlich Heizungsgesetz) beginne das neue Jahr mit klaren Regeln für die künftige Umsetzung neuer Heiztechniken. Leider seien die versprochenen Förderungen für den Heizungstausch nicht zeitgleich mit der Gesetzeseinführung verfügbar. Schweppe: „Der Neubausektor wird aufgrund gestiegener Baukosten und Hypothekenzinsen in 2024 weiter ein Sorgenkind bleiben. Weiter rechne ich auch mit einer weiter anhaltenden Kaufzurückhaltung der Haus- und Wohnungseigentümer im Bereich von Badrenovierungen. Dagegen gehören notwendige Wartungen und Reparaturen an Heizungs- und Sanitäranlagen auch im kommenden Jahr für uns zum Tagesgeschäft und müssen erledigt werden.“

Kelvion

Mit Kelvion ist in 2023 ein Global Player im Bereich von industriell genutzten Wärmetauschern in die Neuen Höfe in Herne-Mitte gezogen: So blickt Steffen Thierfelder aus dem Kelvion-Führungsteam auf 2024:

„Der Hightech-Markt wird auf der ganzen Welt weiterhin boomen, denn Digitalisierung ist und bleibt ein Megatrend.“ Hier sei zum Beispiel die Halbleiterindustrie für Kelvion äußerst interessant oder auch die Entwicklungen in der Rechenzentrumsbranche. Es werde zunehmend in die Bereiche Kryptowährung oder Künstliche Intelligenz investiert. Dafür erhalte Kelvion immer mehr Anfragen für innovative Kühllösungen. Amerika werde in diesem Bereich stark bleiben, aber man sehe, dass auch im deutschsprachigen Raum zunehmend eigene Rechenzentren in Betrieb gehen, um den steigenden Bedarf von digitaler Infrastruktur zu decken.

Blick in die Kelvion-Produktion Sarstedt. Seit 2023 hat der Global Player seinen Sitz in Herne.
Blick in die Kelvion-Produktion Sarstedt. Seit 2023 hat der Global Player seinen Sitz in Herne. © WAZ | Franziska Gilli

Daneben werde die Greentech-Branche, also alles rund um erneuerbare Energien auch 2024 im Mittelpunkt stehen. Thierfelder: „Grüner Wasserstoff spielt in der Energiewende eine entscheidende Rolle, um die Dekarbonisierung voranzutreiben. Wir erwarten, dass der Wasserstoffmarkt weiter rasant wächst. Vor allem der Bau von Anlagen für die Produktion von grünem Wasserstoff mit großen Produktionsvolumen ist vielversprechend. Im Bereich Elektrolyse, also der Wasserstoffproduktion, ist Europa das Epizentrum. Trotz der aktuellen Herausforderungen auf dem Wärmepumpenmarkt sehen wir auch hier mittel- und langfristig großes Potenzial.“

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IHK Mittleres Ruhrgebiet

„Die Unternehmen in unserem Kammerbezirk mittleren Ruhrgebiet sind verunsichert. Die ohnehin schon gedämpfte Stimmung wird durch das Haushaltschaos der Ampel-Koalition in Berlin noch verstärkt. Unsere Unternehmen vermissen eine klare Linie“, sagt Michael Bergmann, Hauptgeschäftsführer der IHK Mittleres Ruhrgebiet. „Schon unsere Konjunkturumfrage im Herbst hat gezeigt, dass die Entscheider:innen deutlich pessimistischer in die Zukunft blicken als noch zu Jahresbeginn“, so Bergmann weiter. Größte Herausforderung der Firmen bleibt der Arbeitskräftemangel. „Die Unternehmen können offene Stellen nicht besetzen. Vor allem Menschen mit einer abgeschlossenen Dualen Ausbildung fehlen in den Betrieben“, sagt Bergmann.

Michael Bergmann, Hauptgeschäftsführer der IHK Mittleres Ruhrgebiet, registriert eine gedämpfte Stimmung bei den Unternehmen im Kammerbezirk. Herne als Stadt habe eine positive Entwicklung gemacht.
Michael Bergmann, Hauptgeschäftsführer der IHK Mittleres Ruhrgebiet, registriert eine gedämpfte Stimmung bei den Unternehmen im Kammerbezirk. Herne als Stadt habe eine positive Entwicklung gemacht. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Herne hat eine bemerkenswerte Entwicklung hingelegt. Hier sind viele Weichen in den vergangenen Monaten und Jahren richtig gestellt worden“, so Bergmann. „Besonders positiv für die Stadt ist die geplante Flächenentwicklung auf General Blumenthal und das Seilbahnprojekt. Unsere Region brauche solche Leuchttürme, so Bergmann. „Wir unterstützen diese positive Entwicklung sehr gern.“