Herne. Während Michelle Müntefering (SPD) ein Karriereknick droht, arbeitet Klaus Füßmann (FDP) an seiner zweiten Karriere. Das Herner Politgeflüster.
Schwere Zeiten für Michelle Müntefering (SPD), Nebelkerzen aus der AfD und eine zweite Karriere für Klaus Füßmann (FDP): die Kolumne „Politgeflüster“.
Kampf ums Ticket nach Straßburg
Zur Europadelegiertenkonferenz lädt die NRW-SPD für Samstag, 21. Oktober, ab 11 Uhr ins Dortmunder Kongresszentrum ein. Das klingt unspektakulär, könnte aber für die Herner Bundestagsabgeordnete Michelle Müntefering so etwas wie der zweitwichtigste Termin ihrer Karriere werden. Denn: An diesem Tag könnte das politische Aus der ehemaligen Staatsministerin eingeläutet werden. Das wäre der Fall, wenn sie von ihren Genossinnen und Genossen dort nicht auf einen aussichtsreichen Listenplatz für die Europawahl am 9. Juni 2024 gewählt wird und anschließend im Vorfeld der Bundestagswahl 2025 das eintritt, was in der Herner SPD viele erwarten: dass Parteichef Hendrik Bollmann wie einst sein Vater Gerd Bollmann ein Mandat im Bundesparlament anstrebt.
Zurzeit ist nicht mal klar, ob Müntefering am 21. Oktober in Dortmund überhaupt noch einmal in den Ring steigen wird. Zur Erinnerung: In der zweiten von vier innerparteilichen Nominierungsrunden zur Europawahl unterlag die 43-Jährige Mitte September im SPD-Regionalverband Westliches Westfalen knapp der amtierenden SPD-Europaabgeordneten Birgit Sippel (63) aus Arnsberg. Münteferings erste Reaktion klang damals eher nach Rückzug. Und heute? Auf Anfrage wollte sie nicht Stellung nehmen - weder in Sachen Europawahl noch bezüglich der Bundestagswahl. Nach WAZ-Informationen wird in der Herner SPD-Spitze aber nach wie vor darüber nachgedacht, ob und wie für die stellvertretende Vorsitzende nicht doch noch ein Ticket nach Straßburg gelöst werden kann. Die Entscheidung über eine erneute Kandidatur in Dortmund sei noch nicht gefallen, so war zu hören.
Und was war der wichtigste Termin ihrer Karriere? Das dürfte der 18. September 2012 gewesen sein, als sich Müntefering in einer Kampfabstimmung in der Akademie Mont-Cenis relativ knapp gegen ihre SPD-Kontrahentin Anke Hildenbrand durchsetzte, um anschließend im Wahlkreis Herne-Bochum II für die SPD erstmals in den Bundestag einzuziehen. Trotz (wegen?) der Karriere in Berlin gelang es der ehrgeizigen Politikerin anschließend jedoch nicht, eine regionale Machtbasis aufzubauen.
Ein durchsichtiger Schachzug
Die AfD-Ratsfraktion will, dass die Franz-Hengsbach-Straße in Herne nach dem 2015 verstorbenen früheren Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) benannt wird. Der verstorbene frühere Ruhrbischof Hengsbach ist bekanntlich nach Missbrauchsvorwürfen in Verruf geraten. Zur Begründung ihres Antrags für Schmidt hat die AfD ein paar verbale Nebelkerzen geworfen. Doch es kann keinen Zweifel daran geben, dass es sich hier um einen durchsichtigen Schachzug der Rechtsaußen-Partei handelt, mit der sie insbesondere die SPD in Verlegenheit bringen will.
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Und neu ist dieser Antrag schon gar nicht: Bereits 2018 unternahm der damalige Herner AfD-Chef Armin Wolf den Vorstoß, den Berliner Platz nach dem großen Staatsmann zu benennen. In die Verlegenheit, „gegen“ Helmut Schmidt zu stimmen, kam die SPD damals aber gar nicht erst. Nachdem die Verwaltung Wolf die immensen Kosten einer Umbenennung des Berliner Platzes vorgerechnet hatte, zog der frühere Sozialdemokrat und Ex-Grüne, der längst auch die AfD im Streit verlassen hat, seinen Antrag zurück. Damit ist bei der AfD diesmal nicht zu rechnen.
Der Mann, der über Liberty Valance schrieb
Wenn ein (Neo-)Liberaler von einem „Sozialismus der Leichtigkeit“ schwärmt, dann ist klar: Es geht auf keinen Fall um Politik, sondern: um Filmgeschichte. Mit diesem Lob hat der frühere Herner FDP-Chef Klaus Füßmann mal den 1951 gedrehten italienischen Film „Das Wunder von Mailand“ von Vittorio de Sica geadelt. Dass der 65-Jährige Sodinger einen Kennerblick hat, steht außer Frage – gilt der in Kürze in den Ruhestand tretende Leiter der Theodor-Heuss-Akademie in Gummersbach doch als Cineast und stellte das unter anderem in diversen Filmseminaren unter Beweis.
Sehr am Herzen liegt ihm der Western, wie man in der aktuellen Ausgabe des „35-Millimeter-Retro-Filmmagazin“ nachlesen kann. In seinem ersten Beitrag für das herrlich altmodische Printprodukt setzt er sich in der Titelstory mit John Fords Westernklassiker „Der Mann, der Liberty Valance erschoss“ auseinander. Und der nächste Bericht ist bereits in Arbeit: Füßmann schreibt über US-Regisseur Stanley Kramer, der mit Filmen wie „Flucht in Ketten“ oder „Wer den Wind sät“ berühmt wurde.