Herne. Sie dichtet über Sehnsucht, Liebe, und von ihrem Leben in Wanne-Eickel. Die Herner Schriftstellerin Lina Atfah veröffentlicht ihr zweites Buch.
Die Herner Schriftstellerin Lina Atfah (33) schreibt Gedichte über ihr Leben in Deutschland. 2014 kam die gebürtige Syrerin nach Wanne-Eickel. Mit „Grabtuch aus Schmetterlingen“ veröffentlicht sie ihr zweites Buch - ein zweisprachiger Gedichtband auf Deutsch und Arabisch.
Lina Atfah: „Wanne-Eickel ist wie meine Heimatstadt in Syrien“
“Meine Bücher haben mir dabei geholfen, hier in Deutschland anzukommen“, berichtet Lina Atfah. 2014 floh sie aus ihrer Heimat Syrien nach Deutschland, weil die damals 16-Jährige nach einer Lesung einem sechsstündigen Verhör durch den Geheimdienst unterzogen wurde. Danach stand sie unter ständiger Beobachtung.
Seit ihrer Ankunft in Deutschland lebt Atfah mit ihrem Mann in Wanne-Eickel. „Am Anfang war es nicht einfach für mich. Ich habe alles verloren: Meine Heimat, meine Familie, meine Freunde“, erzählt sie. Sie sei zu der Zeit einsam gewesen und hatte Angst. Mittlerweile lebt ihre ganze Familie hier und sie fühlt sich angekommen.
„Wanne-Eickel ist wie meine Heimatstadt in Syrien. Ich sage immer: Es ist romantisch hässlich“, erzählt Atfah und lacht. Ihr gefalle, dass hier so viele Menschen aus verschiedenen Nationalitäten leben. „Ich habe hier Schritt für Schritt meine Seele noch mal gefunden“, erklärt die Poetin. Und genau davon handeln einige Gedichte in ihrem neuen Band.
Die Verse im Buch „Grabtuch aus Schmetterlingen“ handeln zum Teil von Atfahs Erfahrungen aus dem alltäglichen Leben in Deutschland. Das gleichnamige Gedicht erzählt von einem Engel, der fällt und stirbt. Es ist ein Gedicht von Liebe und Verlust und handelt von der kurzen Zeit des Engels auf der Erde.
Von Verlust und Schmerz: Verse spenden der Hernerin Trost
„Meine Gedichte gehen mir voraus“, sagt Atfah. Denn das Gedicht „Grabtuch aus Schmetterlingen“ habe sie geschrieben, bevor sie selbst einen Verlust in ihrem Leben erleiden musste: Atfah war schwanger mit Zwillingen und verlor sie durch eine Fehlgeburt.
„Nachdem das passiert ist, hatte ich das Gefühlt, als hätte ich beim Schreiben des Gedichtes gewusst, was mit mir passieren wird“, erzählt sie. Das Gedicht spiegele ihren Schmerz wider und tröste sie. Diese Erfahrung habe außerdem ihre Beziehung zu Deutschland und Wanne-Eickel verändert, weil sie in der Erde dieses Landes nun zwei Babys habe, sagt sie.
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„Deutschland hat mir die Mutterschaft gegeben und dann genommen“, sagt Atfah. „Was braucht man für eine Beziehung zu einem Ort? Verlust, Schmerzen und Liebe. Ich habe all das hier gehabt.“ Die Metapher „Grabtuch aus Schmetterlingen“ zeige, dass das Leben trotz Tod und Schmerzen weitergehen wird. Denn der Schmetterling stehe für Leben, so die Poetin.
Neben ihren Lebenserfahrungen dichtet Lina Atfah auch von Themen wie Sehnsucht, Krieg, Feminismus und Natur. Das Gedicht „Letztes Lied eines Kanarienvogels“ widmet sie dem Ruhrgebiet. Es handele von den Gefahren der alten Zechen.
Während ihr erster Band „Das Buch von der fehlenden Ankunft“ von ihren Erinnerungen an die Flucht erzählt, sei das mit dem neuen Band nun anders: „Ich habe meinen Weg hier gefunden“, berichtet Atfah. „Jetzt kann ich von Ankunft sprechen und meine Bücher haben mir dabei geholfen.“
Aktuell arbeitet die Herner Schriftstellerin an ihrem ersten Roman. Auf fiktive Weise wird er von Atfahs eigener Familiengeschichte handeln und damit auch die Geschichte Syriens zeigen.
>>> Zur Person: Lina Atfah
- Lina Atfah ist in der syrischen Stadt Salamiyya aufgewachsen. Seit 2014 lebt sie mit ihrem Mann Osman Yousufi in Wanne-Eickel, der an der Ruhr-Universität-Bochum Physik studiert hat. Yousufi hilft Atfah bei der Übersetzung der Gedichte ins Deutsche.
- In Damaskus hat sie Arabische Literatur studiert. Als Studentin hat sie an Protesten gegen das syrische Assad-Regime teilgenommen und diese mitorganisiert.
- Ihre Gedichtbände „Das Buch von der fehlenden Ankunft“ und „Grabtuch aus Schmetterlingen“ sind im Pendragon-Verlag erschienen und kosten jeweils 22 Euro (gebunden). Weitere Informationen über Lina Atfah sind auf der Internetseite www.pendragon.de/autor/lina-atfah zu finden.