Herne. Die aus Syrien geflüchtete Dichterin Lina Atfah hat dem „Spiegel“ ein Interview gegeben. Warum sie Wanne-Eickel eine Liebeserklärung macht.

In seiner aktuellen Ausgabe interviewt „Der Spiegel“ unter der Überschrift „Die Erinnerungen nimmt man mit“ drei Geflüchtete, die über den Verlust der Heimat und das neue Leben in Deutschland sprechen. Eine der drei Interviewten ist die Herner Dichterin Lina Atfah, die 2014 von Syrien nach Deutschland geflüchtet ist.

Die Frage nach dem Heimatland

Auf die Frage, was bei ihr aus ihrem Heimatland noch „gespeichert“ sei, antwortet die 33-Jährige: „Das Wort Heimatland hat in Syrien eine sehr große Bedeutung. Aber seit meiner Flucht, durch die Krisen weltweit hat es für mich eine neue Bedeutung bekommen. Es ist fast Kitsch geworden. Das Wichtige ist nicht das Land, es sind die Menschen. Für mich ist jetzt die ganze Welt mein Heimatland.“

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Und zu ihrem neuen Wohnort: „Ich lebe in Wanne-Eickel, das zu Herne gehört, und ich liebe es. In der Zeitung wurde ich als ,Herner Dichterin’ vorgestellt, als wäre ich von hier, das war schön. Meine Familie ist jetzt hier, meine Freunde. Syrien, Deutschland, die Ukraine, das sind nur Namen.“

Syrischer Geheimdienst verhörte sie nach einer Lesung sechs Stunden lang

 Lina Atfah im Oktober 2019 in ihrer Wohnung in Wanne. Die WAZ Herne berichtete damals über die Geschichte der Dichterin.
Lina Atfah im Oktober 2019 in ihrer Wohnung in Wanne. Die WAZ Herne berichtete damals über die Geschichte der Dichterin. © Funke Foto Services GmbH | Bastian Haumann

Bereits im Oktober 2019 berichtete die WAZ Herne über die Lebensgeschichte und die Gedichte Atfahs, die darin Eindrücke aus Syrien wiedergibt: Verse, die von Flucht, Vertreibung und Verbrechen, aber auch von arabischen Mythen und alten Geschichten erzählen. Die in der Stadt Salamiya aufgewachsene Schriftstellerin erlebte im Alter von 16 Jahren erste Drangsalierungen eines politischen Regimes, das keine Kritik zulässt.

Nach einer Lesung wurde sie vom Geheimdienst einem sechsstündigen Verhör unterzogen und stand danach unter ständiger Beobachtung. Nachdem sie immer mehr in Konflikt mit dem Assad-Regime geriet, floh die Studentin 2014 nach Deutschland.

Vier Seiten umfasst das Interview im aktuellen „Spiegel“ (34/2022) mit Lina Atfah aus Wanne-Eickel (oben rechts) sowie zwei Geflüchteten aus der Ukraine und aus Afghanistan.
Vier Seiten umfasst das Interview im aktuellen „Spiegel“ (34/2022) mit Lina Atfah aus Wanne-Eickel (oben rechts) sowie zwei Geflüchteten aus der Ukraine und aus Afghanistan. © loc

Ihr Umzug nach Wanne-Eickel war ein wenig dem Zufall geschuldet: Ihr Mann, ebenfalls aus Syrien geflüchtet, begann 2014 sein Physikstudium in Bochum. Er fand aber dort keine Wohnung, stattdessen aber eine in der Wanner Innenstadt. loc