Herne. Herner Schülerinnen berichten, welche Erfahrungen sie mit kostenlosen Periodenprodukten gemacht haben. Hintergrund ist ein Projekt der Stadt.
- Einige Herner Schulen nehmen seit ein paar Wochen an einem Pilotprojekt der Stadt teil, wodurch es kostenlose Tampons und Slipeinlagen im Spender gibt.
- Die Stadt Herne stellt die Menstruationsprodukte zur Verfügung. Die Testphase läuft bis Anfang 2023.
- Herner Schülerinnen und Eltern bewerten das Projekt bisher überwiegend positiv. Es gibt jedoch auch Kritikpunkte.
Kostenlose Menstruationsartikel aus dem Spender gibt es an einigen Herner Schulen zurzeit in den Damen- und Mädchentoiletten. Dahinter steckt ein Pilotprojekt der Stadt Herne, die die kostenlosen Hygieneprodukte zur Verfügung stellt. Vor kurzem hat die WAZ-Redaktion bei Stadt und Schulen nachgefragt, wie das Projekt anläuft. Jetzt kommen die Schülerinnen zu Wort.
Emschertal Berufskolleg: Periodenprodukte in den Spendern seien nicht für alle Schülerinnen geeignet
Zur Erinnerung: Im Juni 2020 hat sich die Ratsfraktion der Grünen für kostenlose Menstruationsartikel an Herner Schulen eingesetzt. Der Rat stimmte dem Antrag daraufhin fast einstimmig zu. Nach Angaben der Stadt Herne werde das Pilotprojekt mit 4000 Euro aus dem Etat des Fachbereichs Schule und Weiterbildung finanziert. Das Projekt läuft bis Anfang 2023. Dann werde über das weitere Verfahren beraten, heißt es von der Stadt. Wie das Pilotprojekt im Schulalltag ankommt, berichten Schülerinnen von drei Herner Schulen.
Am Emschertal Berufskolleg sei schon vor der städtischen Testphase in der Schülervertretung (SV) über kostenlose Menstruationsprodukte für die Schülerinnen diskutiert worden, berichtet die Schülerin Anni Gevorgyan (25). „Ich finde es super, dass die Stadt das Projekt jetzt umsetzt“, sagt sie. Es habe zuvor schon Menstruationsprodukte im Sekretariat des Berufskollegs gegeben. Das Problem: Einige Schülerinnen hätten mit Schamgefühlen zu kämpfen, wenn Mitschüler oder Lehrerinnen und Lehrer etwas mitbekommen könnten, berichtet Gevorgyan.
„Die Spender werden von den Schülerinnen hier genutzt. Viele sind froh über die Unterstützung, weil sie nicht mehr so viel Geld für Tampons und Binden ausgeben müssen“, berichtet die Mitschülerin und stellvertretende Schülersprecherin Aylin Pomianek (20).
Die Schülerinnen des Emschertal Berufskollegs kritisieren, dass die Produkte, die in den Spendern zur Verfügung stehen, nicht für alle Schülerinnen geeignet seien. In den Spendern gebe es Tampons der mittleren Größe sowie dünne Slipeinlagen. Es gebe jedoch Schülerinnen, die Probleme beim Einführen der Tampons hätten. Muslimische Schülerinnen dürften außerdem keine Tampons benutzen. Die dünnen Slipeinlagen würden bei Regelblutungen jedoch nicht ausreichen. „Für die Periode brauchen wir verschiedene Tampongrößen und dicke Binden“, fordert Pomianek.
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Zusätzlich würden sich die beiden Schülerinnen mehr Aufklärung zum Thema Menstruation wünschen, beispielsweise mit einem Hinweisschild zur richtigen Anwendung neben den Spendern. Jedoch müsse die Aufklärung aus Sicht der angehenden Erzieherinnen schon in der Grundschule anfangen.
Grundsätzlich seien die Produkte, die in den Spendern zur Verfügung gestellt werden von guter Qualität, berichten die Berufsschülerinnen. Aus ihrer Sicht sollte das Projekt nach der Testphase fortgesetzt werden. „Kostenlose Menstruationsprodukte zu bekommen, sollte kein Wunsch sein, es ist ein Muss“, sagt die stellvertretende Schülersprecherin.
Hans-Tilkowski-Schule: „Mädchen sollen keine Angst haben, wenn sie ihre Periode bekommen“
Bei den beiden Schülerinnen der Hans-Tilkowski-Schule Basmala Aldamlakhi (14) und Lilav Badr (14) komme das Pilotprojekt der Stadt Herne gut an. Die beiden Achtklässlerinnen hätten sich schon vor der Testphase für kostenlose Periodenprodukte an ihrer Schule eingesetzt, berichten sie. „Mädchen sollen keine Angst haben, wenn sie ihre Periode bekommen“, sagt Badr.
„Ein paar Schülerinnen schämen sich dafür“, erklärt Aldamlakhi. Unter Mädchen sei es zwar normal, die Periode zu bekommen, aber gegenüber den Jungs in der Klasse bestehe ein Schamgefühl. „Wir bekommen mit, dass die Jungs das ekelig finden“, erzählen die Achtklässlerinnen. Dabei sollte sich niemand schämen müssen. Deswegen sei es gut, dass die Schülerinnen jetzt die Möglichkeit haben, direkt in den Mädchentoiletten Hygieneartikel zu bekommen.
„Ich hoffe, dass der Umgang mit der Periode jetzt einfacher und selbstverständlicher wird“, sagt Aldamlakhi. Beide Schülerinnen wünschen sich, dass es nach der Testphase mit dem Projekt weitergeht.
Haranni-Gymnasium: Keine Panik in Notsituationen dank der Spender
Aus Sicht der beiden Schülersprecherinnen des Haranni-Gymnasiums Anesya Cümen (17) und Anna-Lena Nürenberg (16) läuft das Pilotprojekt an ihrer Schule gut an. „Für den Fall, dass man selbst Tampons oder Slipeinlagen vergessen hat, finde ich es gut, dass es jetzt die Spender in den Toiletten gibt“, sagt die stellvertretende Schülersprecherin Nürenberg. „In Notsituationen muss man nicht in Panik geraten“, ergänzt die Schülersprecherin Cümen.
Am Haranni-Gymnasium habe es schon vor dem Pilotprojekt die Möglichkeit gegeben, kostenlose Menstruationsprodukte im Sekretariat zu bekommen. Jedoch habe es im letzten Schuljahr vermehrt Beschwerden gegeben, dass es unangenehm sei, dort danach zu fragen. Also haben sich einige Schülerinnen organisiert und Kästchen mit Periodenprodukten auf den Toiletten zur Verfügung gestellt, berichten die Schülersprecherinnen. „Ich habe nichts an dem Projekt zu bemängeln und würde mich freuen, wenn es nach der Testphase weitergeht“, sagt Cümen.
Herner Eltern: „Es gibt Hemmschwellen beim Thema Menstruation“
Auch Eltern würden das Pilotprojekt der Stadt Herne befürworten, wie Sabrina Küpper (41) und Michael Simon (50), stellvertretender Schulpflegschaftsvorsitzender der Hans-Tilkowski-Schule, berichten. Von ihrer Tochter, die in die achte Klasse geht, wisse Küpper, dass es Hemmschwellen beim Thema Menstruation in dem Alter gebe. „Jetzt können sich die Schülerinnen die Produkte einfach ungesehen in den Toiletten nehmen“, sagt sie. Deswegen sei das Projekt eine gute Idee von der Stadt und es sollte aus ihrer Sicht weitergeführt werden. Allerdings wäre es sinnvoll, auch dicke Binden anzubieten, so die 41-jährige Mutter.
Simons Ansicht nach sollte es selbstverständlich sein, dass Menstruationsprodukte kostenlos zur Verfügung stehen. „Mädchen sollten nicht auch noch dafür bestraft werden“, meint der stellvertretende Vorsitzende der Schulpflegschaft. Schließlich seien Periodenprodukte keine Luxusartikel. Sie seien ein lästiges Übel, ergänzt Küpper.