Herne. Hernes Kämmerer sendet vor der Einbringung des Haushalts für 2024 ein Alarmsignal: Die Lage sei so dramatisch wie noch nie. Das sind die Gründe.
„Die Lage ist so dramatisch wie noch nie!“ Dieses Alarmsignal sendet Hernes Kämmerer Hans Werner Klee mit Blick auf den kommenden Haushalt. Der Etat gerät gleich von mehreren Seiten mächtig unter Druck.
Beispiel Energie: In diesem Jahr treffe die Preisexplosion die Stadt noch nicht so sehr, weil man die Energie bis zum Jahresende bereits eingekauft habe. Einzig die Gasumlage, die auch die Stadt zahlen muss, schlage mit 250.000 Euro zu Buche. Für das nächste Jahr muss Klee mit stark steigenden Kosten kalkulieren. Bei der Haushaltsplanung, die vor wenigen Wochen abgeschlossen worden sei, habe er mit einer Verdopplung der Kosten im Vergleich zum Jahr 2021 gerechnet. In konkreten Zahlen: 2021 hat Herne Energie für 7,5 Millionen Euro eingekauft. „Aus heutiger Sicht sehe ich die Gefahr, dass eine Verdopplung der Kosten nicht ausreicht“, so Klee im Gespräch mit der Herner WAZ-Redaktion.
Und das Thema Energie belastet den Haushalt auch an einer anderen Stelle: bei den sogenannten „Kosten der Unterkunft“ für Menschen in der Grundsicherung. Darin sind auch die Kosten für den Gasverbrauch enthalten. In diesem Jahr plant Herne mit 73 Millionen Euro in diesem Bereich, für das kommende Jahr bereits mit 82 Millionen. Diese Steigerung sei im Wesentlichen auf die Energiekosten zurückzuführen.
Auch steigende Tariflöhne, Inflation und Zinswende lassen die Kosten steigen
Steigende Kosten kommen auf die Stadt auch durch steigende Löhne zu. Im Dezember beginnt die Tarifrunde für jene Beschäftigte, die dem Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TVöD) unterliegen. Klee geht davon aus, dass beim Tarifabschluss eine 4 oder 5 vor dem Komma steht – wenn das Ergebnis moderat ausfällt. Er will nicht ausschließen, dass die Forderung der Gewerkschaften zunächst bei 10 Prozent liegen werde.
Auch die hohe Inflation trägt deutlich zur Belastung des Haushalts bei. „Die Inflation wird uns in allen Kostenbereichen treffen“, so Klee und macht folgende Rechnung auf: Das gesamte Haushaltsvolumen liege bei rund 700 Millionen Euro. Wenn die Inflation nur bei fünf Prozent liege, dann bedeute das Mehrkosten von 35 Millionen Euro. Da die Stadt diese Mehrkosten nicht weitergeben könne, habe sie nur zwei Hebel: die Grundsteuer B und die Gewerbesteuern. Die würden in diesem Jahr zusammen rund 90 Millionen Euro in die Stadtkasse spülen. Es sei unmöglich, diese 35 Millionen Euro auf Gewerbe- und Grundsteuer B aufzuschlagen. Deshalb müssten bei der Finanzierung der Städte Bund und Land stärker in die Pflicht genommen werden.
Auch die Zinswende bereitet Klee Kopfschmerzen. Bis vor Kurzem habe die Stadt für kurzfristige Kredite sogar noch bis zu 0,6 Prozent Zinsen erhalten. Jetzt müsse die Stadt erstmals wieder Zinsen zahlen: 0,2 Prozent. Um den Effekt der Zinswende macht Klee eine weitere Rechnung auf. So hätten die Kassenkredite, mit denen die Stadt „flüssig“ bleibt, eine Größenordnung von 500 Millionen Euro. Ein Prozentpunkt mehr Zinsen bedeute Mehrkosten von fünf Millionen Euro. Allerdings habe die Stadt diese Kassenkredite zeitlich gestreut, sodass die Zinswende nicht sofort mit voller Wucht zuschlage.
Neue Herner Feuerwache: Kostenschätzung jetzt bei 140 Millionen Euro
Ganz wesentliche Risiken für den Haushalt stellen die Baukosten dar. Klee verweist darauf, dass die Inflationsrate bei Nicht-Wohnbauten bei inzwischen 19 Prozent liege. Dies betreffe bereits laufende Projekte. Aber auch mittelfristig sei dies ein Problem. Als prominentestes Beispiel nennt er den Neubau der Feuerwache. In der ersten Phase der Planung sei man von einer Investitionssumme von 98 Millionen ausgegangen, nun liege die Kostenschätzung bei 140 Millionen Euro. Die Schulmodernisierungsgesellschaft habe 100 Millionen Euro zur Verfügung. Stiegen die Kosten, könnten weniger Projekte umgesetzt werden. Und der klimaneutrale Umbau des städtischen Immobilienbestands könnte nach Klees Einschätzung mehrere Hundert Millionen Euro kosten ...
„Aber wenn man Kämmerer ist, muss man hoffnungsloser Optimist sein“, kommentiert Klee die Lage. Bei der Ratssitzung am kommenden Montag will er Vorschläge machen, wie man diese dramatische Lage entschärfen kann.
>>> HAUSHALTSLAGE WAR SCHON IM VERGANGENEN JAHR DRAMATISCH
■ Bereits im vergangenen Jahr hatte Klee bei der Einbringung des Haushalts von einer dramatischen Lage gesprochen – damals als Folge der Corona-Pandemie.
■ Steuererhöhungen konnten damals vermieden werden. Möglich wurde dies, weil die Stadttochter HGW Anteile an ihrem eigenen Unternehmen an die Sparkasse verkaufte und einen Großteil des Erlöses an die Stadt Herne abführte.