Herne. Direkt neben der Autobahn in Herne grast gemütlich das Rote Höhenvieh. Wie es den Rindern dort geht und warum die Tiere überhaupt dort sind.

  • Die Rinder ernähren sich ausschließlich von Pflanzen auf der Weide – für eine bessere Klimabilanz.
  • Die Weide soll die Auswirkungen der künftig sechsspurigen A 43 ausgleichen.
  • Die Weide ist für die Rinder perfekt geeignet – sie können das ganze Jahr draußen leben.

Was für ein Gegensatz. Ohne Unterlass brausen Autos auf der Autobahn A 42 vorbei und verursachen ein Dauerrauschen. Und direkt daneben - fast eine ländliche Idylle. Eine ruhige Weide, auf der das Rote Höhenvieh in Herne zu Hause ist. Wie genau diese besondere Rinderhaltung aussieht und was ein knappes Dutzend Hernerinnen und Herner bei einem Spaziergang kennenlernen konnte.

Doch zunächst hatten die Spaziergängerinnen und Spaziergänger Pech. Die Herde ließ sich gar nicht blicken. Egal: Petra Rahmann, Projektbetreuerin der Autobahn Westfalen GmbH, Jan Dickhöfer, der zuständige Biolandwirt, und Diplom-Biologin Anette Schulte Bocholt erzählten viel Wissenswertes über das Rote Höhenvieh.

Wie die Rinder in Herne versorgt werden

Die Rinder ernähren sich ausschließlich von den Pflanzen auf der Weide, eine Zufütterung findet nicht statt. Dadurch sei die Klimabilanz besser, erzählen die Experten. Bisher gibt es eine Wasserstelle. Die Rinder „pumpen“ das Grundwasser hoch und können sich dann bedienen. Bei Regen jedoch sei den Rindern die Mulde auf der Weide lieber.

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„Die Rinder gestalten sich ihre Landschaft selbst“, berichtete Schulte Bocholt. An der unterschiedlichen Weidenstruktur könne sie erkennen, wo die Rinder gerne fressen und wo sie sich Plätze zum Entspannen suchten. Besonders beliebt sei Klee. Sein Fell pflege das Höhenvieh durch das Herumwälzen in der trockenen Mulde.

Auch wenn die Rinder größtenteils selbstständig sind: Bauer und Veterinär schauen regelmäßig nach ihnen. Einmal im Jahr werde den Tieren eine Blutprobe entnommen. Bei Verletzungen oder Krankheiten bekämen die Rinder entsprechende Behandlung und würden gegebenenfalls mit auf den Hof genommen, damit sie sich besser erholen können. Vor ein paar Jahren habe es ein Kalb gegeben, das unter einer Lungenentzündung litt. Auf dem Hof habe das Team das Kalb wieder gesund pflegen können.

Annette Schulte Bocholt erklärt den Besuchern, wie die Fläche der Weide an der A 42 in Herne, strukturiert ist.
Annette Schulte Bocholt erklärt den Besuchern, wie die Fläche der Weide an der A 42 in Herne, strukturiert ist. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Rinder müssen ausgetauscht werden

Mittlerweile sind es acht Tiere auf der 21 Hektar großen Weide. Darunter die Kälber vom vergangenen Jahr und ein Bulle. Die weiblichen Rinder würden nach einiger Zeit zurück zum Hof gebracht, damit keine Inzucht entstehe, so die Experten. Auch der Bulle selber müsse deshalb alle paar Jahre ausgetauscht werden. „Es wird aber kein Vieh auf die Weide gebracht, nur abgeholt“, sagt Biolandwirt Jan Dickhöfer. Die Fläche der Emschergenossenschaft soll in Zukunft eventuell noch erweitert werden. Damit könnte auch die Herde wachsen. „Die Tiere haben sich sehr schnell an die Weide gewöhnt, sie fühlen sich echt wohl“, so Dickhöfer. Ein Grund sei die große Freiheit, die ihnen in Herne gewährt werde.

Das ist das Besondere an der Herner Weide

Laut Dickhöfer seien Struktur und Größe der Weide das Besondere an dem Projekt. Die Vielfältigkeit von Wald und offenen Wiesen gebe den Rindern viel Lebensraum. Auch Biologin Anette Schulte Bocholt ist von der großen Fläche, direkt an der Autobahn A 42, begeistert. „Dass zwei Städte und Organisationen zusammenkommen und alles möglich machen, ist toll.“ Besonders sei auch, dass es eine Ganzjahresweide sei, die Rinder also das ganze Jahr draußen seien. Ein Problem sei das nicht, im Gegenteil: Sie würden zwar während der kalten Jahreszeit etwas an Gewicht verlieren, aber „das macht sie stärker“, so Schulte Bocholt.

Und dann tauchen die Rinder zum Ende des Spaziergangs zur großen Freude der Besucherinnen und Besucher doch noch auf. Da die Rinder wenig Kontakt zu Menschen hätten, seien sie schon etwas verwildert, wissen die Experten. Auch Ruth (66) ist begeistert vom Spaziergang. Sie ist seit Anfang des Jahres Rentnerin und möchte endlich ihren Hobbys nachgehen. Deshalb komme ihr diese Aktion gelegen: „Ich bin von Haus aus Biologin und hab mich schon immer für die Natur interessiert“.

>>> Ausgleich für den Ausbau der A 43 in Herne

  • Mit diesem Projekt wird ein Ausgleich geschaffen für die Auswirkungen des sechsspurigen Ausbaus der A 43 auf die Natur.
  • Das Projekt wurde von der Emschergenossenschaft und dem Landesbetrieb Straßen NRW ins Leben gerufen