Herne. Die Mitgliederentwicklung verlief 2021 bei Herner Parteien unterschiedlich. Wer zulegte, für wen es abwärts ging und wer keine Zahlen verriet.

Zwei Parteien legen kräftig zu, die beiden Volksparteien verlieren weiter an Mitgliedern, eine Partei schweigt sich über Zahlen aus: die Mitgliederentwicklung bei SPD, CDU, Grünen, FDP, Linkspartei und der AfD in Herne.

SPD: Kein Grund zur Panik

Im Bund hat die SPD trotz des Siegs bei der Bundestagswahl Einbußen bei den Mitgliederzahlen und rutschte unter die 400.000. Die für Herne „magische Grenze“ von 1500 hat im Jahr 2021 mit 1501 Genossinnen und Genossen zwar gerade noch Bestand, doch mit einem Minus von 76 Mitgliedern (4,8 Prozentpunkte) verzeichnete auch der Herner Unterbezirk Verluste. Für Parteichef Alexander Vogt ist dies kein Grund zur Panik: Er verweist gegenüber der WAZ auf die nach wie vor „sehr starke Basis in Herne“ und eine Bereinigung der Mitgliederkartei um säumige Beitragszahler.

Die Zahl der Neueintritte – 44 in 2021 – sei höher gewesen als die Zahl der Abgänge durch Austritt oder Umzug. Das Minus im vergangenen Jahr sei auf die Altersstruktur und die damit verbundene relativ hohe Sterberate zurückzuführen. 2022 wolle die SPD - so wie in Wahljahren üblich - auch zur Mitgliederwerbung nutzen, so der Landtagsabgeordnete, der seit zehn Jahren an der Spitze der Herner Sozialdemokraten steht.

CDU: Absturz abgebremst

„Die Zeiten der großen Abstürze sind in der Herner CDU vorbei“, sagt Parteivorsitzender Timon Radicke. Ein Blick auf die Statistik bestätigt diese These: 2021 verlor die Union unterm Strich „nur“ zwölf Mitglieder. 548 Menschen haben aktuell in Herne ein Parteibuch der CDU. Der Mitgliederverlust sei abgebremst worden; die Zahl der Neueintritte habe die Zahl der Todesfälle in der wie die SPD stark überalterten CDU fast kompensiert, so Radicke.

Blickt für die CDU optimistisch in die Zukunft: (Noch-)Vorsitzender Timon Radicke, hier im November 2021 bei der Eröffnung der neuen Geschäftsstelle an der Bahnhofstraße.
Blickt für die CDU optimistisch in die Zukunft: (Noch-)Vorsitzender Timon Radicke, hier im November 2021 bei der Eröffnung der neuen Geschäftsstelle an der Bahnhofstraße. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

Im Zuge der heftigen internen Debatte um die K-Frage - Laschet oder Söder? - sei es 2021 auch zu einigen Austritten gekommen. Die Prognose des in Kürze nach fünf Jahren an der Spitze scheidenden Vorsitzenden: „Ich gehe davon aus, dass wir uns in Herne langfristig bei 500 bis 550 Mitgliedern einpendeln werden.“

Grüne: Aufschwung setzt sich fort

Die rasante Entwicklung bei den Grünen hat sich auch 2021 fortgesetzt: Die Zahl der Mitglieder stieg von 131 auf 149 Mitglieder (plus 13,8 Prozentpunkte). Zum Vergleich: Im Jahr 2017 hatten die Bündnisgrünen in Herne noch 89 Mitglieder; die 100er-Grenze wurde dann erstmals am 3. Juni 2019 genommen. Vor allem jüngere Menschen hätten sich seitdem der Partei zugewandt, so der Kreisverband.

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Setzt sich das jetzt im gleichen Tempo fort? Davon geht Parteivorsitzender Stefan Kuczera nicht unbedingt aus. „Oppositionszeiten sind tendenziell Wachstumszeiten“, sagt er. In Regierungszeiten könne es dagegen auch schon mal zu programmatischen Konflikten und in der Folge zu Austritten kommen. Er rechne aber auch weiterhin mit Eintritten, sagt der 39-Jährige, der seit dem Landtagswahlkampf 2017 Mitglied der Grünen ist.

FDP: Ein deutliches Plus

Thomas Bloch ist Vorsitzender der Herner FDP.
Thomas Bloch ist Vorsitzender der Herner FDP. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Gemessen allein an den relativen Zuwächsen waren die Liberalen in Herne 2021 so etwas wie die Gewinner: Der Anstieg der Mitgliederzahl von 84 auf 96 entspricht einem Plus von 14,3 Prozentpunkten. „Wir wollen 2022 die 100er-Grenze knacken“, kündigt FDP-Chef Thomas Bloch an. Die Vorzeichen seien günstig: Vor Wahlen verzeichne die FDP stets einen stärkeren Zuspruch.

Linke: Schwache Frauenquote

Abwärts geht es für die Linkspartei nicht nur bei Wahlergebnissen, sondern auch bei der Mitgliederzahl. Diese sank in Herne im vergangenen Jahr von 77 auf 71 (minus 7,8 Prozentpunkte). Immerhin: So überaltert „wie die zwei Boomer-Parteien“ (SPD und CDU) seien sie nicht, betont Vorsitzender Patrick Gawliczek. Mit einem Anteil von 28 Prozent (20 von 71) seien Frauen in der Herner Linken jedoch deutlich unterrepräsentiert, räumt der 29-Jährige ein. Immerhin gehöre seit einigen Monaten mit Jessica Romanowski auch wieder eine Frau dem Kreisvorstand an.

Umstritten: die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht. Im Herner Kreisverband war ihre NRW-Spitzenkandidatur für die Bundestagswahl 2021 der oder ein Grund für den Parteiaustritt.
Umstritten: die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht. Im Herner Kreisverband war ihre NRW-Spitzenkandidatur für die Bundestagswahl 2021 der oder ein Grund für den Parteiaustritt. © FUNKE Foto Services | Dietmar Wäsche

Stichwort Sahra Wagenknecht: Von vier Mitgliedern sei ihm bekannt, dass die Wahl der umstrittenen Politikerin zur NRW-Spitzenkandidatin bei der Bundestagswahl 2021 der Grund oder einer der Gründe für einen Parteiaustritt gewesen sei, berichtet Gawliczek.

>>> AfD hält sich bedeckt

Die Herner AfD wollte der WAZ keine konkreten Mitgliederzahlen verraten. Eine entsprechende Nachfrage ließ Parteichchef Guido Grützmacher unbeantwortet.

Was er nur mitteilte: „Die AfD Herne steht nach dem Abgang von Beate Fiedler und Uwe Lawrenz und einigen wenigen Austritten gut da. Gerade im Nachgang zum Bundestagswahlkampf konnten wir weitere Mitglieder gewinnen.“

Zur Erinnerung: Am Kreisparteitagmit Vorstandswahl und Nominierung des Bundestagskandidaten nahmen Mitte 2021 insgesamt sechs Herner AfD-Mitglieder teil.