Herne. Beim Digitalranking der Großstädte belegt Herne nur Platz 67 von 81. Was hinter dieser Rangliste steckt und was Stadt und Politik dazu sagen.

Platz 67 von 81: Im aktuellen „Smart City Index“, der Digitalrangliste der deutschen Großstädte, liegt Herne nach wie vor weit hinten, auch wenn es im Vergleich zum Vorjahr ein wenig nach oben ging. Was konkret bewertet wurde, warum sich die Stadt bei der Digitalisierung trotzdem auf einem sehr guten Weg sieht und was Vertreter der Politik sagen.

Die Ergebnisse

Um sechs Plätze - von 73 auf 67 - ging es für Herne in der Digitalrangliste 2021 nach oben; schlechter schnitt im Ruhrgebiet nur Mülheim (Platz 76) ab. Top im Revier ist Bochum auf Rang 7, Gelsenkirchen landete knapp dahinter auf Platz 11. Smart City Nr. 1 ist nach wie vor Hamburg, die rote Laterne hat Salzgitter.

Einzelne Bewertungen

Bei der Bewertung der fünf Themenbereiche gibt es für Herne relativ große Schwankungen. In der Rubrik „IT und Kommunikation“ verbesserte sich die Stadt um 24 Plätze auf Rang 39, vor allem durch gute Noten in Rubriken wie „Breitband“ und „Mobilfunk“. Die schlechteste Einzelbewertung erzielte Herne ausgerechnet im Bereich „Verwaltung“, in dem es um sechs Plätze nach unten auf Rang 73 ging. Schlechte bis mittelmäßige Werte gab es hier unter anderem in den Unterrubriken „Pilotprojekte“, „Online-Dienstleistungen“ und „Service-Portal“.

Die Platzierungen in den weiteren drei Themenbereichen: Platz 71 in Energie & Umwelt (plus 3 Plätze im Vergleich zu 2020), Platz 53 in Mobilität (plus 18) und Platz 61 in Gesellschaft (plus 8). Zu letzterem Themenbereich zählen unter anderem Unterrubriken wie Öffentlichkeitsbeteiligung, Geodatenportal und Lokaler Handel.

Das sagt die Stadt

Der städtische Digitalexperte Pierre Golz - hier im September 2021 bei der Vorstellung der überarbeiteten Herne-App - sieht Herne auf einem guten Weg.
Der städtische Digitalexperte Pierre Golz - hier im September 2021 bei der Vorstellung der überarbeiteten Herne-App - sieht Herne auf einem guten Weg. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Daran kann aus Sicht des städtischen Digitalexperten Pierre Golz auch der „Smart City Index“ nichts ändern: „Herne braucht sich nicht zu verstecken und ist in Sachen Digitalisierung gut unterwegs“, sagt der Leiter der Stabsstelle Digitalisierung. Das Ranking von Bitkom sei nicht unseriös, verzerre jedoch in mehreren Punkten das Bild und gebe nicht die wirkliche Leistungs- und Innovationsfähigkeit wieder.

Zum einen: Der „Smart City Index“ sei eine Momentaufnahme, die den Status quo abfrage, aber erst nach dem Stichtag umgesetzte Neuerungen wie zum Beispiel Rats-TV oder den für Anfang 2022 geplanten neuen Internetauftritt der Stadt berücksichtige. Außerdem werde die Stadt im März/April mit 120 Service-Angeboten online gehen. „Ich bin deshalb überzeugt davon, dass Herne beim nächsten Index erneut einen größeren Sprung machen wird“, so der Stadtmitarbeiter. Digitalisierung sei ein Marathon-Lauf, kein Sprint. Es geht darum, die Strukturen auf allen Ebenen nachhaltig und langfristig zum Nutzen der Bürgerinnen und Bürger zu verändern: Das geschehe in Herne - im Rahmen der begrenzten finanziellen Möglichkeiten, die deutlich schlechter seien als in vielen anderen Kommunen.

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Golz sieht auch methodische Schwächen in der Erhebung: Die zugrunde gelegten Kriterien seien sehr starr. „Mehrere Punkte, die wir angehen, passen offenbar nicht in das Raster oder werden zumindest nicht angemessen berücksichtigt“, sagt der Stadtmitarbeiter. Er nennt als Beispiele das Modellprojekt für eine digitale Straßenzustandserfassung, mit dem Herne Pionierarbeit in NRW leiste, und die Anstrengungen bei dem Thema Logistik.

Wo räumt die Stadt dringenden Handlungsbedarf ein? „Wir müssen bei der Digitalisierung unser Marketing verbessern“, sagt Golz. Bochum könne hier Vorbild sein. Und: Innerhalb der Verwaltung sollten die Ressourcen in einer „zentralen Kompetenzstelle“ für Digitalisierung gebündelt werden, die den Prozess steuere.

Das sagt die Politik

FDP-Ratsherr Thomas Bloch relativiert die Aussagekraft des „Smart City Index“.
FDP-Ratsherr Thomas Bloch relativiert die Aussagekraft des „Smart City Index“. © FUNKE Foto Services | Alexa Kuszlik

Auch FDP-Ratsherr Thomas Bloch misst dem „Smart City Index“ begrenzte Aussagekraft bei: „Jede Kommune ist im Detail anders organisiert sowie personell und finanziell unterschiedlich aufgestellt.“ Herne sei auf einem guten Weg, es seien „viele kleine Puzzleteilchen“ zusammengesetzt worden“, sagt Bloch. Die Vernetzung der verschiedenen Themenfelder sei schon vor längerer Zeit begonnen worden; für den Transformationsprozess benötige Herne jedoch einen langen Atem. Uneingeschränkt teile er zudem die Einschätzung von Pierre Golz, dass sich Herne bei der Digitalisierung unter Wert verkaufe und das Marketing verbessern müsse.

„Herne ist ja zumindest auf dem Weg nach oben.“ Das sagt Roberto Gentilini (SPD), Vorsitzender des nach der Kommunalwahl gegründeten Ausschusses für Digitales, Infrastruktur und Mobilität (DIM), über das Ranking. Die Untersuchung zeige, dass Herne mit der Bündelung dieser drei Zukunftsthemen in einem neuen Ausschuss den richtigen Schritt gegangen sei. Nun seien Visionen, Begeisterung, Entschlossenheit und Tempo notwendig: „Und wir brauchen natürlich auch Geld.“

WEITERE INFORMATIONEN: So wurde der Smart City Index ermittelt

Zum nunmehr dritten Mal hat das Netzwerk Bitkom für das Jahr 2021 den „Smart City Index“ für die 81 deutschen Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern erstellt.

Dafür wurden knapp 11.000 Datenpunkte erfasst, überprüft und qualifiziert, gegliedert nach den fünf Themenbereichen Verwaltung, IT und Kommunikation, Energie und Umwelt, Mobilität sowie Gesellschaft.

Die fünf Bereiche fächern sich in 36 Indikatoren auf, die wiederum aus insgesamt 133 Parametern bestehen – von Online-Bürger-Services über Sharing-Angebote für Mobilität und intelligente Mülltonnen bis hin zur Breitbandverfügbarkeit.

Vor Veröffentlichung erhielten alle Städten die Gelegenheit, die Daten zu prüfen und zu ergänzen. 79 Prozent der Städte haben von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, darunter auch Herne.