Herne. Die Digitalisierung erreicht immer mehr Bereiche. Herne will sie für die Erhaltung seiner Straßen nutzen. Das Land fördert ein Modellprojekt.

Am Mittwoch sind die Träger des diesjährigen Mobilitätspreises verkündet worden. Vielleicht findet sich in einigen Jahren auch eine Lösung aus Herne auf der Liste - das Modellprojekt „Straßenerhaltung mittels digital gestützter Straßenzustandserfassung und -bewertung“. Das Land schiebt das Projekt mit 500.000 Euro an.

Um den Bescheid zu übergeben, hatte sich NRW-Kommunalministerin Ina Scharrenbach extra auf den Weg ins Herner Rathaus gemacht. Ganz offensichtlich ist sie vom Nutzen des Herner Ansatzes überzeugt. Die Stadt leiste echte Pionierarbeit, sagte sie.

Die Daten über den Zustand der Herner Straßen sind veraltet

Um ansatzweise zu verstehen, worum es geht, muss man nur an den schneereichen Winter zurückdenken. Als der Schnee geschmolzen war, kamen die Folgen des Frosts ans Tageslicht. Zahllose Schlaglöcher, die in den darauf folgenden Wochen ausgebessert werden mussten. Andere Straßen - zum Beispiel die Juliastraße in Baukau - werden komplett erneuert. Das bedeutet: Bislang hat die Stadt immer reagiert, frühestens, wenn sich die ersten Risse im Asphalt gebildet hatten. Zwar führt die Stadt auch eine Zustandserfassung der Straßen durch, doch die aktuellste stamme aus dem Jahr 2016, so Eva-Maria Stieglitz-Broll vom Fachbereich Tiefbau. Mit anderen Worten: Die Daten sind längst veraltet.

Hernes OB Frank Dudda freute sich, als er den Förderbescheid von NRW-Kommunalministerin Ina Scharrenbach unterzeichnen konnte.
Hernes OB Frank Dudda freute sich, als er den Förderbescheid von NRW-Kommunalministerin Ina Scharrenbach unterzeichnen konnte. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Der Plan, an dem der Fachbereich schon seit einigen Jahren arbeitet: Die Straßen sollen in Zukunft vier bis sechs mal unter die Lupe genommen werden, etwa mit einer Kamera, die an einem Wagen von Entsorgung Herne montiert ist. Auch Aufnahmen von einer Drohne aus seien denkbar. Diese Daten sollen ausgewertet werden, um so prognostizieren zu können, wann Schäden entstehen. Diese sogenannte „vorausschauende Instandhaltung“ ist bereits in anderen Bereichen im Einsatz, etwa wenn es um die Wartung von Maschinen geht.

Für die Auswertung der Daten soll ein Partnerunternehmen eine Software entwickeln

Herne werde aber nicht nur die Fahrbahn in Augenschein nehmen, sondern auch den Gehweg, so Fachbereichsleiter Josef Becker. Auch andere Faktoren würden betrachtet, um daraus später entsprechende Handlungen abzuleiten: Klima, Luftreinhaltung oder die Gesamtentwicklung der Mobilität.

So kommt ein Vielzahl an Daten zusammen - auswerten soll sie eine Software. Um diese zu entwickeln, sucht die Stadt Herne einen Innovationspartner aus der Wirtschaft. Oberbürgermeister Frank Dudda gefällt die Vorstellung, wenn dieser Partner für seinen Firmensitz auch Herne wählen würde.

Das Ziel: Durch effiziente Bewirtschaftung der Straßen Kosten sparen

Für Dudda leistet das Projekt einen Beitrag, um das Ruhrgebiet als Innovationsschmiede sichtbar zu machen. Und es könne einen Nutzen für den städtischen Haushalt haben. Straßen seien einer der wesentlichen Posten im Vermögen einer Stadt - und es gelte, dieses Vermögen möglichst effizient zu bewirtschaften. Das scheint Sinn zu ergeben: Straßenschäden in einem sehr frühen Stadium zu erkennen und zu beheben, dürfte auf lange Sicht weniger kosten als so lange gar nichts zu tun, bis ein Belag nicht mehr zu retten ist.

Das Projekt sei nur umzusetzen, weil der Fachbereich Tiefbau das Thema vorangetrieben habe - und weil das Land das Vorhaben mit 500.000 Euro anschiebe. Kommunalministerin Ina Scharrenbach nahm diese Vorlage auf. Wenn die Finanzlage einer Stadt schwach sei, dürfe sie nicht auch noch innovationsschwach sein - eine politische Umschreibung für das Sprichwort „Not macht erfinderisch“. In diesem Fall sei die Innovationskraft so groß, dass sie ganz Nordrhein-Westfalen zugute komme.

>> KOOPERATIONSPARTNER COESFELD

■ Die Stadt Herne kooperiert bei dem Projekt unter anderem mit dem Kreis Coesfeld. Ein Grund: Dort gibt es eine andere Struktur und eine andere Belastung der Straßen.

■ Von den Ergebnisse des Projekts sollen später auch andere Städten profitieren.