Herne. Zollverein ist Weltkulturerbe, jetzt soll das ganze Ruhrgebiet den Unesco-Titel bekommen. Auch Herne soll mitmachen – mit diesen zwölf Orten.
Das ganze Ruhrgebiet soll nun Weltkulturerbe werden. Nach 2014 gibt es dazu einen zweiten Anlauf. Aber wollen das die Städte im Revier überhaupt? In den Kommunen wird dazu gerade ein Meinungsbild abgefragt, jetzt startet die Diskussion auch in dieser Stadt. Herne, so schlägt es die federführende Industriedenkmalstiftung vor, soll mit zwölf Objekten ins Rennen gehen.
Die Stadt Herne äußert sich positiv. Sie schlägt dem Rat vor, den Welterbeantrag zu unterstützen; im Juni soll darüber abgestimmt werden. 132 Standorte im Revier – vom Gasometer in Oberhausen bis zur Jahrhunderthalle in Bochum – sollen zum Welterbe gehören, auf 91 Seiten hat die Stiftung einen Antrag zur „Industriellen Kulturlandschaft Ruhrgebiet“ formuliert. Herne soll mit den folgenden Orten dabei sein: Emscher-Hauptlauf, Absturzbauwerk Ostbach, Emscherdeich Dannekamp, Köln-Mindener-Bahn, Emschertalbahn, Zechenbahn Hibernia, Erzbahntrasse, Zechenbahnen GBAG, Rhein-Herne-Kanal, Polder Emscherbruch, Grünzug D (zentraler Bereich) sowie Siedlung Teutoburgia.
Herne: Welterbe-Status würde den Tourismus ankurbeln
Die Verwaltung begrüßt den Antrag, ebenso die ausgewählten Orte. Sie sieht keine negativen Auswirkungen für die Stadtentwicklung, heißt es in der Beschlussvorlage für die Politik. Im Gegenteil: Für die potenziellen Welterbe-Stätten gebe es Entwicklungsmöglichkeiten, außerdem würde ein Welterbe-Status den Tourismus ankurbeln.
SPD-Fraktionsvorsitzender Udo Sobieski äußert sich positiv: Das Ruhrgebiet sei ein hervorragendes Beispiel für den Strukturwandel, sagt er zur WAZ. Dabei sei es nirgendwo so gut gelungen wie hier, industrielle Gebäude und Anlagen einer neuen, modernen Nutzung zuzuführen und dabei gleichzeitig viele als Denkmäler für die Nachwelt zu erhalten. „Unsere Region bietet sich daher für die Aufnahme in die Vorschlagsliste für das Unesco-Weltkulturerbe geradezu an“, so Sobieski. CDU-Fraktionschef Timon Radicke ist deutlich zurückhaltender: Die Auswirkungen eines Welterbe-Status auf den kommunalen Städtebau seien noch nicht abzusehen. Diese müssten geklärt werden, bevor die CDU-Fraktion abstimmt.
Stadtmarketing: Tourenangebote erschließen Räume
Die Stadtmarketinggesellschaft begrüßt den Vorstoß. „Eine Auszeichnung als Welterbe kann für die Stadt und die Region weitere positive Effekte erzielen“, sagt Stadtmarketing-Sprecher Alexander Christian zur WAZ. Ein Welterbe sei „eine Chance für die Vermarktung der Herner Sehenswürdigkeiten im Bereich Industriekultur“. Die Tourenangebote von Stadtmarketing erschlössen schon jetzt Räume und bezögen die Industriekultur mit ein: „Sie machen dadurch den Wandel der Region durch die Nutzung von Vehikeln, wie zum Beispiel Bus, Segway oder Fahrrad anschaulich erlebbar.“
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Sollte die Politik im Juni Ja sagen, dann könne anschließend über die einzelnen Orte gesprochen werden, heißt es im Rathaus. Auch Änderungsvorschläge seien dann möglich. So sei es etwa sinnvoll, die Gebietsabgrenzung für die Siedlung Teutoburgia zu ändern. Auch über das Absturzbauwerk Ostbach müsse gesprochen werden, weil es in den nächsten Jahren durch die Emschergenossenschaft zurückgebaut werden soll.
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Für die Bewerbung um den Welterbe-Status gibt es nicht nur Zustimmung im Ruhrgebiet, sondern auch Bedenken und Gegenwind. Kritik äußert etwa die CDU-Fraktion im Ruhrparlament. Vorsitzender Roland Mitschke nennt eine Bewerbung mit Standorten der Industriekultur rückwärtsgewandt. Er kritisiert, dass ein wiederholtes Unterstreichen von Vergangenheit gegen alle Bestrebungen der Region stünde, die Zukunft im Blick zu haben.
Auch Städte sagen Nein. Die Politik in Bochum hat den Antrag jüngst abgelehnt, auch die Rathäuser in Essen und Gelsenkirchen winken schon mal ab. Bleibt es dabei, dann wären ausgerechnet drei wichtige Großstädte außen vor.