Heiligenhaus. Die Verabschiedung des Heiligenhauser Haushalts für 2021 nutzten die Fraktionen zum traditionellen Schlagabtausch. Clarenbach-Schule bleibt Thema.
Er ist beschlossen, der Haushalt für das Jahr 2021. Mit über 250.000 Euro im Plus wird er abschließen – doch nur durch die Coronaisolationsgelder. Denn eigentlich wäre die Stadt bereits jetzt mit fast fünf Millionen Euro im Defizit. Dennoch haben die Fraktionen Spielraum genutzt – und sind nach den konstruktiven, inhaltlichen Beratungen nun in ihren Haushaltsreden im Rat am Mittwochabend politisch geworden.
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Eigentlich, so betonen es die Fraktionen, sei Heiligenhaus in den letzten Jahren haushälterisch wieder auf einem guten Weg gewesen. Doch dann kam Corona: Einbrüche bei den Gewerbesteuereinnahmen und Folgeschäden werden sich noch Jahre bemerkbar machen. So sind sich die Fraktionen einig, dass die Verwaltung ihr bestmögliches getan habe und das eben wenig Spielraum vorhanden gewesen sei, um politische Akzente zu setzen – das machten sie jedoch dann in den Haushaltsreden, die anders als zunächst geplant, vorgetragen und nicht nur zu Protokoll gegeben wurden, wie aus pandemischen Gründen vom Bürgermeister vorgeschlagen.
Clarenbach-Schule wird weiter Thema bleiben
In altbekannter Manier eröffnete für die CDU Ralf Herre den Schlagabtausch, verwies auf die tolle Entwicklung der Stadt in den letzten Jahren – und kritisierte scharf die Ablehnung der geplanten Mittel für die Zweizügigkeit der Clarenbach-Schule. „Hier lehnt das neue Linksbündnis 150.000 Euro Planungskosten, ebenso wie die Unterstützung unserer Feuerwehr zu Gunsten von Containerabriss, Hundeauslaufeinzäunung und Hundefriedhof kategorisch ab.“ Aus mehreren Gründen könne die CDU dem Haushalt nicht zustimmen und enthielt sich bei der Abstimmung: „Aus den bescheidenden Möglichkeiten dieses Haushaltes hätte wir mehr machen können. Es geht um unser Heiligenhaus und nicht um ein linkes Bündnis gegen die CDU vor Ort. Der Bürger hat uns nicht zum Verhindern, sondern zum Gestalten gewählt.“
Davon sichtlich unbeeindruckt ergriff dann Ingmar Janssen zum ersten Mal für seine SPD-Fraktion das Wort. Er hingegen wundere sich, warum die CDU die Mehrausgaben für die Spielplätze nicht mittragen wollte: „Es passt nicht zusammen, den Zustand der Spielplätze zu beklagen, zwischendurch weitere Maßnahmen zu beantragen, wie den durchaus sinnvollen Wasserspielplatz, sich dann aber der notwendigen Mittelbereitstellung zu verweigern.“ Er betonte, dass die SPD sehr wohl auch Anträgen der CDU zugestimmt habe.
Umweltpolitik koste Geld, sei aber die wichtigste Investition in die Zukunft
Vergnügungs- und Wettbürosteuer
Erhöht worden ist nun die Vergnügungssteuer: In den Jahren 2018 und 2019 betrugen, so die Verwaltung, die jährlichen Erträge rund 310.000 Euro. 2020 liege das vorläufige Ergebnis bei rund 255.000 Euro. Mit den neuen Steuersätzen würden sich die Erträge um rund 85.000 Euro erhöhen: Hiervon entfallen auf die Spielhallen rund 36.000 Euro und auf die Geldspielgeräte in Gaststätten etwa 49.000 Euro.
Überhaupt erstmalig eingeführt worden ist nun eine Wettbürosteuer. Das Oberverwaltungsgericht NRW hatte im August 2020 die Zulässigkeit einer solchen bescheinigt, jedoch die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen. Trotz eines Restrisikos einer juristischen Zulässigkeit habe die Stadt diese nun beschlossen, da es derzeit zwar nur ein Wettbüro gebe, man aufgrund der Entwicklung davon aber ausgehe, dass Sportwetten immer beliebter werden – auch in Heiligenhaus. Der Steuersatz beträgt drei Prozent auf die aufgewendeten Wettbeträge.
Dass Klimapolitik ins Geld gehe und damit generell eher unbeliebt sei, das ist Vanessa Henkels von den Grünen bewusst. Geld, das man in der Krise nicht habe. Jedoch sei man schon mitten in der Klimakrise: „Umweltschutz kostet Geld, das wir nicht haben. Aber der Klimawandel kostet jetzt schon Geld.“ So wünschen sich die Grünen künftig mehr Entschlossenheit sowie mehr Mut und Phantasie in der Stadtentwicklung, zum Beispiel bei Neubauten oder neuen Wegen. Eine Campusallee fast ohne Bäume, dafür mit zu vielen Pflastersteinen, sei nicht die Zukunft und auch kein Nahversorgungszentrum „nur aus Beton“, ohne Photovoltaik oder Begrünung.
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Lob verteilte auch FDP-Chef Volker Ebel – der selber wiederum von vielen Fraktionen positive Worte hören durfte. Immerhin können die Liberalen bei Abstimmungen das Zünglein an der Waage sein. „Aufgrund der düsteren Prognose“, so Ebel, „fällt es schwer, Entscheidungen mit Blick auf die nächsten Jahre zu treffen, da die finanzielle Situation der kommenden Jahre durch hohe Unsicherheiten geprägt sind.“ Es wäre nun keine Zeit für ein politisches Wünsch-dir-was. Er forderte unter anderem, nun „den Dampf auf den Kessel zu erhöhen“ um die Vermarktung der Innovationspark-Flächen voranzutreiben.
Neue Akteure bedanken sich für herzliche Aufnahme
Fehlenden Spielraum in der derzeitigen Situation, den findet auch Stefan Okon von der WAHL schade, streitbare Großprojekte seien ausgeblieben und die erhöhten Planungskosten für die Clarenbach-Schule nicht zu verbuchen. „Wir haben ja auch kein Ausgabenproblem, sondern ein Einnahmenproblem. Dieses ist zu einem guten Teil hausgemacht. Wenn man vorhandene Gewerbeflächen samt und sonders in Wohnen umwandelt, muss man sich nicht wundern, dass die Kasse leer bleibt.“ Zum Thema Isenbügel äußerte sich Okon: „Der Beschluss der Zweizügigkeit in Isenbügel stellt aus unserer Sicht ein schwerwiegendes Problem im Umgang mit den Themen Integration und Chancengleichheit dar.“
Die Neulinge im Rat ergriffen ebenfalls das Wort: Marco Schild für die AfD-Fraktion und Dominik Döbbeler, der für die Linken im Rat sitzt. Beide bedankten sich für die herzliche Aufnahme seitens der anderen Fraktionen und betonten auch die überraschenderweise gemeinsame gute Zusammenarbeit trotz der eigentlichen politischen großen Entfernung von ganz links bis hin „rechts der Mitte“, wie Döbbeler sagte. Schild betonte, sich für Integration und innere Sicherheit weiter einsetzen zu wollen, Döbbeler kritisierte die verpasste Chance, keine Wohnungsbaugesellschaft gegründet zu haben. Schließlich gebe es viele Menschen, die auf der Suche nach bezahlbarem Wohnraum seien.
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Letztendlich wurde der Haushalt beschlossen – wenn auch mit Enthaltungen der CDU-Fraktion, von Bürgermeister Michael Beck und der AfD-Abgeordneten Jessica Malisch. Der Haushalt für 2022 wird bereits nach der Sommerpause durch den Kämmerer Björn Kerkmann eingebracht.