Heiligenhaus. Die Heiligenhauser Sozialdemokratin Ulrike Martin war 16 Jahre stellvertretende Bürgermeisterin. Warum sie nun die politische Bühne verlässt.
Ein Grußwort hier, ein Blumenstrauß dort: Seit 27 Jahren ist Ulrike Martin in der Heiligenhauser Kommunalpolitik aktiv und seit 16 Jahren stellvertretende Bürgermeisterin der Stadt. Doch nun hat die Sozialdemokratin ihr Amt niedergelegt, denn sie wollte nicht erneut für den Rat kandidieren. Nun hat sie viel mehr Zeit für Familie – und ihren eigenen kleinen Strand vor der Haustür.
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Denn die SPD, das ist wahrlich nicht die einzige Leidenschaft, die das Ehepaar Ulrike und Friedrich-Ernst Martin teilt. „Seit über 30 Jahren fahren wir an die Ostsee, nach Hohwacht, und immer noch kommt die ganze Familie mit“, berichten beide. Und damit sie auch den Rest des Jahres ein wenig von diesem Urlaubsfeeling genießen können, haben sie auch in ihrem Garten einen Strandkorb stehen. „Bei schönem Wetter sitze ich hier, habe die Füße im Sand – das ist doch herrlich“, erzählt Martin strahlend.
Den richtigen Ton getroffen
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Nun, nach so vielen Jahren in der Kommunalpolitik, wird Ulrike Martin auch mehr Zeit haben, das eigene Idyll zu genießen. Gemeinsam mit ihren Kindern Alexander und Christiane sowie deren Familie leben sie alle unter einem Dach, jeder separat, und dennoch alle gemeinsam. Enkel Ben findet die Nähe zur Oma toll, „sie wäre auch eine gute Lehrerin“, findet er. Denn wenn er mal nicht ganz so bei der Sache ist bei den Hausaufgaben, könne Oma auch mal streng werden. „Du hast einen richtigen Ton, da wären alle Schüler leise, hat er mir mal gesagt“, berichtet Ulrike Martin lachend.
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Doch den richtigen Ton hat sie oft getroffen, wenn sie als Vertreterin der Stadt eingeladen war und sprechen sollte. „Am Anfang habe ich mich schon schwer getan, da war ich noch recht schüchtern“, erinnert sich Martin. „Doch ich selber bin mit der Aufgabe gewachsen, sie hat mich selbstbewusster gemacht. Das finde ich toll.“ Vor den Terminen habe sie sich hingesetzt, Notizen gemacht und ein Konzept im Kopf gehabt, „ich wollte nicht unvorbereitet erscheinen. Und dennoch habe ich dann ganz oft doch sehr spontan geredet und mich direkt auf die Anwesenden bezogen.“ Das sei gut angekommen, „ich habe zumindest oft ein schönes Feedback erhalten.“
Interesse kam mit Willy Brandt und Helmut Schmidt
In die SPD eingetreten sind sie und ihr Mann vor 46 Jahren. „Damals war die Zeit der großen Politiker, das Interesse kam mit Brandt und Schmidt“, berichtet das Ehepaar. Die Ost- und Friedenspolitik habe sie angesprochen, „die SPD war zu der Zeit wie eine Familie.“ Viele Veranstaltungen habe es gegeben und in der Hochzeit sogar 300 Mitglieder. „Das Interesse an der Politik war zu der Zeit generell größer“, so Martin.
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Los ging es für Ulrike Martin dann vor 27 Jahren mit der ASF, der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen. Über die Ratsreserveliste zog sie dann in den Rat ein, „ein Jahr, bevor die Ratsperiode endete. Ich wollte mir das erstmal anschauen, ob das was für mich ist.“ Ebenfalls aktiv war Martin da bereits als sachkundige Bürgerin. Der Grund für ihr Engagement? „Es war ein Ausgleich für mich als Mutter und Hausfrau“, erinnert sie sich. Und mit jeder Sitzung, mit jedem Wortbeitrag, sei ihr Selbstbewusstsein gewachsen.
Schlimmer Moment in der Kommunalarbeit
Doch einen Moment, den vergisst sie nie. „Ich war Mitglied im Schulausschuss und damals das Zünglein an der Waage, was den Umzug der Realschule von der Hülsbecker Straße an den Nordring betraf. Ich habe dafür gestimmt.“ Eine schlimme Zeit folgt, denn sie selber war eben nicht nur Fachfrau für die SPD, sondern ihr Kind besuchte die Realschule. „Ich wurde offen angefeindet, das war überhaupt nicht schön. Im Nachhinein betrachtet hätte ich keine andere Entscheidung getroffen – aber ich hätte mich vertreten lassen sollen in der öffentlichen Sitzung“, so Martin.
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Dass die Politik rauer geworden sei, könne man auch auf lokaler Ebene feststellen. „Da muss man ein dickes Fell haben“, weiß Ulrike Martin. Doch ihr gegenüber seien die Menschen meist nett gewesen. „Ich habe ja immer die offene Sprechstunde als stellvertretende Bürgermeisterin im Rathaus angeboten. Mal war viel los, mal weniger. Aber ich habe immer versucht, den Leuten direkt zu helfen, bin mit ihnen zu Sachbearbeiterin im Rathaus gegangen oder habe versucht, andere Lösungen zu finden.“ Denn ihrer Erfahrung nach wolle der Bürger einfach eine Antwort auf seine Frage, „da ist dann erstmal egal, ob die gut oder schlecht für ihn ist.“
Gute Zusammenarbeit mit Rathausführung
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Das habe ihr Spaß gemacht, genauso wie die langjährige Zusammenarbeit mit Heinz-Peter Schreven, ebenfalls stellvertretender Bürgermeister, jedoch für die CDU, und mit den hauptamtlichen Bürgermeistern Dr. Jan Heinisch und Michael Beck. „Gerade zu Zeiten von Heinisch, und als Schreven noch beruflich aktiv war, habe ich natürlich eine Menge Termine wahrgenommen“, so Martin. Und auch wenn sie jetzt mehr Zeit für Freizeit und Familie hat, ganz ohne kann sie auch nicht: Die AG 60 Plus in der SPD wird sie weiter begleiten, auch bei der Awo aktiv bleiben sowie im Freundeskreis für körperbehinderte Erwachsene und Jugendliche.
Und natürlich behält sie weiter die Entwicklung der Stadt im Auge. „Heiligenhaus ist meine Heimat. Die Stadt hat sich sehr gut entwickelt. Die Innenstadt müsste nur interessanter werden. Mehr Lokale, mehr Geschäfte und kleine Boutiquen und ein Schuhladen, das fehlt schon.“ 70 Jahre ist Ulrike Martin jüngst geworden. „Ich fühle mich zwar noch nicht so, aber weitere fünf Jahre im Rat, das wollte ich auch nicht“, ist sie ehrlich. Und nimmt ihren politischen Hut, um von ihrer Sonnenterrasse aus weiter das Geschehen in der Stadt und ihrer SPD zu beobachten. Hier lesen Sie weitere Nachrichten aus Heiligenhaus.