Hattingen. Hattingens Paasmühle kümmert sich um kranke Wildvögel. Hier werden sie aufgepäppelt und wieder lebensfähig gemacht. Ihre (traurigen) Geschichten.

Thorsten Kestner ist ein Typ, mal etwas­ knarzig, mal etwas knorrig, manche mögen sagen, ein komischer Kauz. Doch das ist er nicht: Denn Thorsten Kestner macht nicht viele Worte, nein, er macht: Mit Liebe und Leidenschaft kümmert er sich um die Tiere, die auf seiner Wild­vogelstation an der Paasmühle in Stüter leben.

Am Montag kam etwa ein schwer verletzter Fischreiher aus Gelsenkirchen dazu. Eine Frau hatte die Polizei gerufen, nachdem das Tier in Ückendorf von einem Dach gefallen war. Nach einem kurzen Aufenthalt in einer Tierklinik wurde er nach Hattingen gebracht.

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Drei Sachen weiß Thorsten Kestner von der Wildvogelstation Paasmühle in Hattingen: „Die Ente wird nicht Mutter des Jahres.“ „Fliegen sind schlauer als wir.“ Und: „Entenküken ist ein Scheißjob.“ Er kennt traurige Geschichten von Wildvögeln.

Eulen nisten gern mal in Städten. So wie die Eltern vom kleinen Waldkäuzchen, das noch nicht fliegen kann und in der Paasmühle gelandet ist. Solange das Kleine noch Nestling war und im Nest hockte, war das kein Problem. Dann aber wuchs es heran zum Ästling. Heißt: Es hüpfte in der Bochumer City auf dem Boden herum, wurde von den Eltern versorgt, konnte aber noch nicht fliegen. „Die Eule im Ruhrgebiet hat halt ein Problem“, konstatiert Kestner. Ästlinge werden überfahren, gestört, erregen Aufmerksamkeit - und landen dann in der Paasmühle.

Ein Jung-Waldkauz in der Wildvogelstation Paasmühle in Hattingen. Zwar ist er kein Nestling mehr, sondern ein Ästling, aber das birgt „im Ruhrgebiet Probleme“, weiß Thorsten Kestner.
Ein Jung-Waldkauz in der Wildvogelstation Paasmühle in Hattingen. Zwar ist er kein Nestling mehr, sondern ein Ästling, aber das birgt „im Ruhrgebiet Probleme“, weiß Thorsten Kestner. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Waldkauz in der Paasmühle ist ein Tier in Not: Ästling saß in der City

Am 9. März kam der Kleine. Er kann noch nicht fliegen, schaut aber neugierig drein. Thorsten Kestner füttert ihn. Er weiß auch, was zu tun ist, wenn Menschen einen Ästling finden: „Im Wald einfach in Ruhe lassen. Die Eltern kümmern sich. Es sei denn, es sind Fliegen drauf. Fliegen sind schlauer als wir, die wissen dann, dass was nicht stimmt“, erklärt er und betont, dass die Fliegen auf dem Tier sein müssen, damit Handlungsbedarf besteht. „Davor oder drumherum sind sie gern mal, das macht nichts.“

Paasmühle Events und Spenden

Das Eulenfrühstück in der Paasmühle erfreut sich inzwischen großer Beliebtheit. Auch Kindergeburtstage können hier gefeiert werden. Demnächst soll es auch ein Abendevent geben. Fotoshootings sind möglich. Es gibt Seminare. Informationen auf www. paasmuehle. de oder auf Instagram unter paasmuehle_events.

Gerade stellt der Verein den Event-Bereich neu auf. Was eingenommen wird, geht in die Arbeit der Paasmühle, denn der Unterhalt ist teuer und die Spendenbereitschaft wie die Ehrenamtlichen-Mitarbeit zurückgegangen. Wer die Paasmühle finanziell unterstützen möchte: Sparkasse Witten, Wildvogelstation Paasmühle, Konto 108552316, BLZ 45250035, IBAN DE46 4525 0035 0108 5523 16.

Und er ermahnt: „Wenn man eine kleine Eule mitnimmt, unbedingt den Ort merken, im Handy speichern.“ Denn: Können die kleinen Eulen dann irgendwann fliegen, kann man sie an den Fundort zurückbringen und „die Eltern kümmern sich dann weiter“.

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Graureiher-Küken sieht aus wie ein wilder Punker und schnappt nach Fisch

Wie ein kleiner Punker sieht das Graureiher-Küken aus, das noch nicht laufen und fliegen kann. Am Mittwoch, 11. April, ist es gekommen, musste anfangs gestopft werden, inzwischen schnappt es nach Fisch. Reiher-Küken haben es in diesem Jahr schwer. „Es ist so nass, die Eltern sind unterwegs, wenn sie dauernd nass werden, erfrieren sie“, weiß er. Und da Reiher gern hoch oben in abgestorbenen Bäumen brüten, die bei stürmischem Wind gern mal umfallen, landen manche auch noch außerhalb des Nestes.

Autsch: Den Handwurzelknochen am rechten Flügel hat dieser Graureiher gebrochen, den Thorsten Kestner von der Wildvogelstation Paasmühle aufpäppelt.
Autsch: Den Handwurzelknochen am rechten Flügel hat dieser Graureiher gebrochen, den Thorsten Kestner von der Wildvogelstation Paasmühle aufpäppelt. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Reiher aus Recklinghausen mit gebrochener Handwurzel nach Hattingen gekommen

Der Reiher mit dem gebrochener Handwurzel am rechten Flügel ist seit drei Wochen in der Paasmühle und kommt aus Recklinghausen. Was ihm zugestoßen ist, weiß Kestner nicht. Er bleibt, bis er wieder ganz fit ist, wird dann ausgewildert.

Ein Schädel-Hirn-Trauma hat dieser Bussard in der Wildvogelstation Paasmühle in Hattingen. Er hatte einen Unfall.
Ein Schädel-Hirn-Trauma hat dieser Bussard in der Wildvogelstation Paasmühle in Hattingen. Er hatte einen Unfall. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Bussard mit Schädel-Hirn-Traume fehlt noch das Gleichgewicht

Am 3. April hat die Feuerwehr einen Bussard mit Schädel-Hirn-Trauma gebracht, der auf der Autobahn in Bochum gefunden wurde. „Bussarde wissen, dass es dort viel Futter gibt, weil viele Tiere überfahren werden. Ich habe sehr viele Bussarde hier.“ Bei den Vögeln, die einen Unfall mit einem Auto haben, besteht eine 50-prozentige Chance aufs Überleben. Am ersten Tag hat dieser Kandidat nicht gefressen. Inzwischen lässt er es sich schon wieder schmecken, hat aber noch Probleme mit dem Gleichgewicht. Wenn er wieder fit ist - und nicht dann gerade in der Mauser ist und damit nicht fliegen kann - entlässt ihn Kestner in die Freiheit. Allerdings kontrolliert. Die Bussarde können dann Ausflügen, werden erst mal gefüttert, trainieren wieder für die Selbstständigkeit.

Das Entenküken (l.) versteht sich mit dem Kanada-Gans-Küken (r.): Beide leben in der Wildvogelstation Paasmühle in Hattingen. Sie hatten es bisher nicht leicht.
Das Entenküken (l.) versteht sich mit dem Kanada-Gans-Küken (r.): Beide leben in der Wildvogelstation Paasmühle in Hattingen. Sie hatten es bisher nicht leicht. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Enten-Küken haben es weder mit Vater noch mit Mutter leicht - Gänse-Küken besser dran

Enten- und Gänseküken gibt‘s grad reichlich. Während die Gänse sich als Paar kümmern, hat der Erpel mit Brutpflege nichts im Sinn, sagt Kestner. Im Gegenteil: Er könne den Kleinen gefährlich werden. Und die Mutter wisse nicht mal, wie viele Küken sie habe. „Die gehen auf Masse. Mutter des Jahres werden sie nicht.“ Manche Küken fallen beim Weg zum Wasser in Gullis, andere enden als Futter. Feinde gibt‘s viele - im Wasser wie an Land. Kestner: „Entenküken ist ein Scheißjob.“