Hattingen. Im Ausschnitt finden verlassene Entenküken Wärme, so der Tipp des Experten von der Wildvogelstation Paasmühle in Hattingen. Was noch wichtig ist.

Viele Wildvögel-Küken landen aktuell in der Wildvogelstation Paasmühle in Hattingen. Was tun, wenn ein Fahrradfahrender, Wandernde oder Stadtbummelnde beim Ausflug ein verlassenes Entenküken entdecken? Ab in den Ausschnitt damit, sagt Thorsten Kestner von der Pflegestation für Eulen, Greifvögel und Wasservögel.

Enten, weiß Kestner, brüten oft an den seltsamsten Stellen. „Viele denken, sie brüten am Wasser, das stimmt aber meistens nicht.“ Eine vor dem Fuchs sichere Stelle würden Enten suchen. Dafür fliegen sie bis in die Städte. „Manchmal legen sie Eier in Blumenkästen. An den Weg zurück zum Wasser erinnern sie sich, können ihn aber mit den Kleinen nicht fliegen, sondern müssen laufen.“ Weil die Küken – rund 500 landen pro Jahr bei Kestner in der Pflegestation – noch nicht fliegen können.

Paasmühle Hattingen päppelt gerade viele Entenküken hoch

Der Marsch zum Wasser birgt Gefahren – nicht nur Autos. „Die Küken sind so klein, die fallen einfach in Gullys.“ Unbeachtet von der Entenmama übrigens. „Die läuft voran, die Küken müssen hinterher. Sie hat viele Küken, achtet nicht auf einzelne.“ Denn: Enten vermehrten sich in Mengen wegen der hohen Verlustrate. 15 Küken sind darum keine Seltenheit. Bis zu 80 Prozent der Küken bleiben wortwörtlich auf der Strecke.

Von Nestling zum Ästling

Gerade sind auch kleine Waldkäuze bei Thorsten Kestner in der Wildvogelstation Paasmühle in Stüter zu Gast – Nestlinge wie Ästlinge.

Nestlinge sitzen im Nest, Ästlinge auf dem Boden oder im Gebüsch. Für sie ist das gefährlich. „Hunde, Katzen, es lauern viele Gefahren“, sagt Kestner. Finde man ein verlassenes Küken, so sollte man sich auf jeden Fall die Position genau merken. Damit die Vögel gegebenenfalls dorthin zurückgebracht werden können. „Sitzt einer auf einer Hauptstraße, kann man auf jeden Fall sagen, dass er da nicht hingehört.“ Nestlinge können sich mit den Beinen noch nicht gut hochdrücken und nicht fliegen.

Fällt ein Vogel aus dem Nest, könne man ihn ruhig reinsetzen. Dass Mütter Junge nicht mehr annähmen, wenn Menschen sie berührt hätten, sei ein Gerücht.

Deshalb: Sehen Passanten ein hilfloses Entenküken, dann können sie es in die Paasmühle bringen. Wichtig dabei: Es darf nicht auskühlen. „Ich sage gern, wenn Radfahrer anrufen, dass sie es sich in den Ausschnitt stecken sollen. Das sorgt oft für Irritationen.“ Ist aber ernst gemeint. Da bleibt das Küken warm. „Aber vorher das T-Shirt in die Hose stecken, sonst fällt es unten wieder raus“, sagt Kestner lachend. Häufig würden Enten auch überfahren – die Küken blieben neben der toten Mutter einfach sitzen.

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Schwäne, sagt Kestner, seien dagegen fürsorgliche Eltern, agierten zu zweit und kümmerten sich rührend um ihre Küken – in zahlenmäßig deutlich geringerer Zahl. Und: Sie brüten am Wasser.

Gänse- und Entenküken kuscheln sich in der Paasmühle aneinander.
Gänse- und Entenküken kuscheln sich in der Paasmühle aneinander. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Teils bekommt Kestner Anrufe, wenn jemand zwei Kanadagänse mit 40 Küken sieht. „Das ist normal. Sie bilden Kindergärten, sind sehr sozial. Dann können die anderen Gänse schwimmen oder fressen gehen.“

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Auch auf begrünten Dächern in Wassernähe brüteten viele Vögel gern – mit dem Problem, dass die Jungvögel oft dann nicht vom Dach kämen.

Drei Wochen alt ist dieser Waldkauz etwa, der in der Paasmühle in Hattingen gepäppelt wird. Er ist noch ein Nestling – auf dem Weg zum Ästling.
Drei Wochen alt ist dieser Waldkauz etwa, der in der Paasmühle in Hattingen gepäppelt wird. Er ist noch ein Nestling – auf dem Weg zum Ästling. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Brutzeit hat sich im Laufe der Jahre verschoben

Zur Brutzeit insgesamt in diesem Jahr sagt Kestner: „Das hat sich alles verschoben. Viele Vögel haben die erste Brut verloren, weil es plötzlich wieder kalt wurde – und bekommen jetzt die zweite.“ Sind sonst um diese Zeit schon 300 Entenküken zu Gast, so sind es derzeit 100. „Aber die kommen noch“, weiß Kestner.

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Die Tiere, die gebracht werden, trägt Kestner in sein Buch ein. Hinter einigen Entenküken, die eine Tierschutzeinrichtung in der Region gebracht hat, vermerkte er „kalt!“. „Das mache ich bei Privatabgaben nicht, aber Einrichtungen sollten wissen, dass man Entenküken warm halten muss, sie haben normalerweise eine Körpertemperatur von 42 Grad. Bei 35-38 Grad sollte man sie halten. Diese Einrichtungen, die recht kalte Küken bringen, kontaktiere ich am Jahresende – und lade zu einer Fortbildung ein.“