Hattingen. Neuer Schulsozialindex bewertet die meisten Schulen in Hattingen neu. Gymnasium Waldstraße höhere Belastung als Holthausen attestiert.

Vor knapp drei Jahren veröffentlichte das NRW-Schulministerium erstmals einen „schulscharfen Sozialindex“. Nun sind Grundschulen und Gymnasien, Real- und Gesamtschule in Hattingen erneut bewertet worden. Die meisten wurden dabei mit einem höheren Wert bemessen: Ihnen wurde also eine höhere Belastung attestiert. Reaktionen.

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Die Stufen 1 bis 9 umfasst der schulscharfe Sozialindex. Die Zahlen benoten dabei nicht die pädagogische Arbeit vor Ort. „Der Schulsozialindex identifiziert lediglich bestehende soziale Herausforderungen“, betont das Schulministerium. Also die höhere Belastung durch Kinder aus armen Familien, aus nicht Deutsch sprechenden Familien, mit eigener Migrations- oder Fluchterfahrung sowie mit Förderschwerpunkten. Indexstufe 1 ist entsprechend ein Standort mit der niedrigsten Belastung, Indexstufe 9 mit der höchsten Belastung.

Schulleiterin: Höherer Sozialindex macht schwierige Probleme noch bewusster

Die höchste Belastung in Hattingen wird erneut dem Team der Heggerfeld-Grundschule attestiert, nun mit dem Sozialindex 8. Schulleiterin Fatma Tek-Cordes begrüßt das: „Ich bin froh über den jetzt höheren Sozialindex unserer Schule. So werden die schwierigen Probleme hier vielen noch bewusster.“

Tek-Cordes sagt, an der Heggerfeld-Schule gebe es Kinder von mehr als 20 Nationalitäten. „Wir haben einen herausfordernden Schulalltag.“ Bei Elterngesprächen etwa sei nicht selten ein Dolmetscher erforderlich, damit es mit der Verständigung überhaupt klappt. „Unser Team arbeitet mit Herzblut“, betont Tek-Cordes. „Wir brauchen aber noch mehr Menschen, die für eine Schule wie unsere brennen.“ Zurzeit seien aber leider eine Lehrer- und eine sonderpädagogische Stelle unbesetzt.

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„Ich denke, dass unsere neue Sozialindexstufe die Belastungen unserer Schule richtig abbildet“, begrüßt auch Tanja Tönshoff die Höherstufung von 3 auf 6. Allerdings, betont die Leiterin der Erik-Nölting-Grundschule, sei der erstmals 2020/2021 von der Ruhruni Bochum entwickelte Sozialindex mit der aktualisierten Version nicht unmittelbar vergleichbar. Im aktuellen Index seien nämlich anders als zuvor fünf Prozent aller Schulen der höchsten Indexstufe zugeordnet, alle anderen zu gleichen Teilen auf die übrigen acht Stufen verteilt. „Dadurch sind viele Schulen nun einer höheren Indexstufe zugeordnet.“

Hoffnung, dass Höherstufung beim Sozialindex auch zu besserer Förderung führt

Die schulischen Verhältnisse hinsichtlich der sozialen Zusammensetzung der Schülerschaft würden so im Vergleich untereinander besser abgebildet, die tatsächlichen Verhältnisse an den Schulen müssten sich aber nicht unbedingt auch entsprechend verschlechtert haben, betont das NRW-Schulministerium.

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Tanja Tönshoff allerdings sagt: „Die Herausforderung an der Erik-Nölting-Schule ist seit dem ersten schulscharfen Sozialindex gestiegen. Damals etwa hatten wir hier drei Flüchtlingskinder, heute sind es 18.“ Bei insgesamt gut 230 Schülerinnen und Schülern, die Hälfte mit Migrationshintergrund (also mindestens einem nicht aus Deutschland stammenden Elternteil). Auch die inklusiven Kinder seien mehr geworden. Dass die Höherstufung beim Sozialindex nun auch zu einer besseren Förderung führt, mehr finanziellen Mitteln und mehr OGS-Plätzen: Das hofft Tönshoff sehr.

Die Sozialindizes der Hattinger Schulen

Hattingens Schulen haben diesmal folgende Sozialindizes erhalten (in Klammern die aus dem Jahre 2022):

Grundschulen: Grundschule Bredenscheid: 2 (1), Grundschule Oberwinzerfeld: 4 (3), Weiltorschule St. Franziskus: 5 (3), Grundschule Heggerfeld: 8 (6), Grundschule Bruchfeld: 4 (2), Grundschule Holthausen: 4 (3), Grundschule Niederwenigern Nikolaus Groß: 2 (1), Grundschule Alt-Blankenstein: 1 (1), Grundschule Erik-Nölting: 6 (3).

Weiterführende Schulen: Gesamtschule Hattingen: 3 (2), Gymnasium Holthausen: 2 (2), Gymnasium Waldstraße: 3 (1), Realschule Grünstraße: 5 (3).

Anmerkung: Bei den weiterführenden Schulen basiert die Berechnungsgrundlage diesmal nur auf den Schülerinnen und Schülern der Sekundarstufe 1. Beim Vorgängermodell wurde noch die gesamte Schülerschaft betrachtet.

„Absolut gerecht“ bewertet fühlt sich beim neuen Schulsozialindex Anette Christiani. Zwar habe sie sich „etwas gewundert“, dass dem Gymnasium Waldstraße mit dem Sozialindex 3 nun eine höhere Belastung als dem in Holthausen attestiert wird, so die Schulleiterin. „Letztlich stehen wir im schulweiten Vergleich aber immer noch ziemlich gut da, haben auch keinerlei Probleme, Stellen zu besetzen.“ Gründe für die Höherstufung? „Wir haben heute eine andere Schülerschaft mit deutlich mehr Kindern nicht deutscher Herkunft und Geflüchteten.“

Seit Jahren nimmt Anteil der Kinder mit nicht deutscher Familiensprache zu

Auch Jürgen Ernst, Leiter der Realschule Grünstraße, stellt gestiegene Herausforderungen fest. Seit Jahren nehme der Anteil der Kinder mit nicht deutscher Familiensprache an der Grünstraße zu. Und auch - „für eine Schule des gemeinsamen Lernens nachvollziehbar“ - der Anteil derer mit Förderbedarf steige. Insofern beschreibe die Sozialindexstufe 5 den „Ist-Zustand“.

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Die aktuellen Sozialindizes der Hattinger Schulen bildeten die „Realität deutlicher ab als zuletzt - mit all‘ ihren Herausforderungen“, betont schließlich Schuldezernent Matthias Tacke. Die Stadt als Schulträger versuche dabei, im Rahmen ihrer Möglichkeiten besondere Bedarfe an einzelnen Standorten auch besonders zu berücksichtigen. Zum Beispiel erhielten Schulen mit höherem Index auch mehr Schulassistenzen. Wichtig sei es aber auch, dass das Land finanzschwachen Kommunen wie Hattingen Gelder zur gezielten Unterstützung von Schulstandorten mit besonders hohen Belastungen zur Verfügung stelle.