Hattingen. Die Zahl der Einser-Abis steigt seit 20 Jahren. Immer mehr Schüler haben großen Ehrgeiz, gute Noten zu erreichen, so Hattingens Schulleitungen.
Der Abiturschnitt in Nordrhein-Westfalen wird immer besser, auch der Anteil der Abiturientinnen und Abiturienten mit der Traumnote 1,0 ist seit 2014 landesweit Jahr für Jahr gestiegen. Dies belegen Zahlen des NRW-Schulministeriums. Allein in Hattingen schafften in diesem Jahr 14 Mädchen und Jungen die Abi-Traumnote 1,0. Wird das Abi etwa immer einfacher?
Anette Christiani kann das so nicht bestätigen. Von 2010 bis Mai 2017 war sie Oberstufenkoordinatorin an einem Dortmunder Gymnasium, seitdem ist sie Schulleiterin des Gymnasiums Waldstraße. Die Abi-Durchschnittsnote, hat Christiani dort und hier festgestellt, liege „seit Jahren zwischen 2,4 und 2,5“. Und dass an der Waldstraße diesmal gleich acht der insgesamt 80 Abiturienten die Bestnote erzielt hätten, sei die Ausnahme. „Tatsächlich hatten wir in diesem Jahr einen außergewöhnlich leistungsstarken Jahrgang.“
Immer mehr Schüler haben einen großen Ehrgeiz, gute Noten zu erreichen
Allerdings attestiert Anette Christiani zunehmend mehr Schülerinnen und Schülern einen großen Ehrgeiz, gute Noten zu erreichen. Aufgrund der in NRW seit dem Schuljahr 2016/2017 an allen allgemeinbildenden Schulen des Landes umgesetzten Berufswahl-Orientierung wüssten viele schon frühzeitig, in welche Richtung ihr Weg nach der Schule gehen solle. Und dass für manche Studiengänge ein hoher Numerus clausus (NC) gelte, Abiturienten also eine (sehr) gute Abi-Note benötigen, um überhaupt zu ihrem Wunschstudium zugelassen zu werden. Angesichts der gestiegenen Abiturientenzahlen einerseits und der teils knappen Studienplätze andererseits seien dabei mehr Studiengänge als früher mit einem nicht geringen NC belegt, so die Schulleiterin. Und nennt als Beispiel den NC fürs Grundschullehramt.
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Auch Thorsten Köhne, Schulleiter am Gymnasium Holthausen, wo diesmal sechs der 82 Abiturienten eine 1,0 geschafft haben, sagt, das Abitur werde nicht zunehmend einfacher und die Schüler im Schnitt nicht immer besser. Aber die Schere zwischen den sehr guten Abiturienten, die einen Einser-Schnitt schaffen, und denen, die am Ende mit einer Drei-Komma-und abschließen, werde größer. Das Mittelfeld breche weg.
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Im Internet ist heute jeder Schulstoff verfügbar
Die Gründe sieht Köhne dabei unter anderem in der fortschreitenden Digitalisierung. So sei im Internet heute jeder Schulstoff verfügbar. „Ich habe das Gefühl, dass manche sich genau darauf dann auch verlassen und im Unterricht zu wenig aufpassen.“ Die Schüler, die am Ende die Einser-Abis machten, nutzten Erklär-Videos und anderes im Internet unterdessen nur als Zusatzangebot.
Blick in die Statistik
Die Entwicklung der Abi-Durchschnittsnote im Landesschnitt und in Hattingen: 2,68 / 2,80 (2002); 2,64 / 2,80 (2007); 2,51 / 2,56 (2012); 2,43 / 2,47 (2020); 2,36 /2,41 (2022).
Der Anteil der Einser-Abiturienten im Landesschnitt und in Hattingen in Prozent: 13,8 / 10,0 (2002); 15,6 / 10,7 (2007); 21,8 / 18,2 (2012); 25,1 / 21,2 (2020); 28,5 / 25,3 (2022).
Die Zahl der 1,0er-Abiturienten in Hattingen: 0-mal (2002), 0-mal (2007); 5-mal (2012), 11-mal (2020); 0-mal (2021); 9-mal (2022).
Gerade diesen ehrgeizigen Mädchen und Jungen komme zudem das Zentralabitur zu Gute. Die Aufgaben müssten ja allgemein und für alle NRW-Abiturklassen gut lösbar gestellt werden, da könne man die Anforderungen gut einschätzen, so Köhne. Zudem seien die Abi-Klausuren der letzten drei Jahre für die Schülerschaft herunterladbar. „Das ermöglicht ihnen eine Extra-Vorbereitung, die es früher so nicht gab.“
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