Hattingen. Der Schutz des Kopfes wird auch in Hattingen zu sehr vernachlässigt. Beim Fußball gibt’s jetzt Konsequenzen. Das gilt bei Gehirnerschütterungen.
Das sind Zahlen, die zu denken geben: „91 Prozent der Handybesitzer schützen ihr Handy mit einer Hülle. Aber nur 23 Prozent aller Radfahrenden schützten 2019 ihren Kopf mit einem Helm.“ Mit dieser spannenden Information überraschte beim Altstadtgespräch Dr. Roland Sparing, stellvertretender Chefarzt in der Vamed Reha-Klinik in Hattingen. Einen breiten Raum nahm bei seinem Vortrag die Gehirnerschütterung ein.
Denn diese Verletzungen werden oft unterschätzt oder einfach nicht bemerkt. Anders als zu früheren Zeiten angenommen, ist eine Gehirnerschütterung nicht zwingend mit einer Bewusstlosigkeit oder Erbrechen verbunden. Und weil man die Verletzung oft nicht erkennt, wird sie als Bagatelle abgetan.
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Eine solche Kopfverletzung kann man sich überall zuziehen. Auf dem Schulhof, wenn Kinder toben und zusammenstoßen oder beim Mannschaftssport wie Fußball zum Beispiel. Fest steht mittlerweile, dass schon kleine Schädel-Hirn-Verletzungen statistisch das Risiko eines fortschreitenden Verlustes von Nervenzellen nach sich ziehen können.
Gefährlich sind Boxen, American Football, Fußball und Eishockey
So ist mittlerweile klar, dass vor allem Boxen, American Football, Fußball und Eishockey solche Folgen haben können. Schuld dabei sind die Kopfstöße, die man häufig bei den Sportarten macht oder erleidet. „Das jüngste Beispiel ist der bekannte Boxer René Weller, der an schwerer Demenz litt und jetzt im Alter von 69 Jahren gestorben ist. Viel zu früh“, sagte Roland Sparing. Das gleiche Schicksal erlitt Boxer-Ikone Muhammad Ali. Man spricht mittlerweile auch von Boxer-Demenz.
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Seit 2020 darf in England zum Beispiel bei Kindern unter zwölf Jahren kein Kopfballtraining mehr gemacht werden. Auch beim DFB sind ab 2024 neue Kleinfeldspielformen vorgeschrieben, bei denen es um „altersgerechtes Erlernen des Kopfpass-Spiels“ geht.
Auf jeden Fall einmal zu früh zum Arzt gehen, als einmal zu spät
Den Kopf zu schützen ist auch beim Fahrradfahren dringend vonnöten. Denn alleine bei Rädern ohne Motor steigen die Unfälle mit Personenschaden seit 2014 stetig an. Noch viel gravierender sind die E-Bike-Unfälle, die oft sogar tödlich enden. Bezogen auf 1000 Pedelec-Unfälle mit Personenschaden verliefen im Jahr 2021 acht tödlich, bei Rädern ohne Motor waren es drei auf 1000. Rasant steigen auch die Unfälle mit schweren Kopfverletzungen bei E-Scooter-Fahrern, denn viele fahren ohne Helm. Probleme gibt es hauptsächlich durch Großstädte und Alkohol.
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„Auf jeden Fall einmal zu früh zum Arzt gehen, als einmal zu spät“, betont Dr. Volker Völzke, Leitender Neuropsychologe der Vamed-Klinik. Das betrifft auch Kinder, die zum Beispiel beim Sport ein Bagatell-Trauma im Kopfbereich hatten.
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„Sinnvoll ist dann vor allem Ruhe, auf jeden Fall aufs Handy verzichten und 14 Tage auf keinen Fall Sport treiben. Wenn aber starke Kopfschmerzen auftreten oder Erbrechen dazu kommt oder sich der Zustand plötzlich verschlechtert, handelt es sich um einen Notfall. Dann ist unverzüglich ein Arzt aufzusuchen“, betont Völzke.
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Mittlerweile seien auch die Trainer in vielen Sportarten gut ausgebildet, um Kopfverletzungen richtig einzuschätzen. Völzke weist auf die Gesellschaft für Sport-Neuropsychologie hin, deren Seite man unter www.gsnp.de aufrufen kann. Dort wird auch auf „Erster Tag der Gehirnerschütterung“ am Freitag, 20. Oktober 2023 hingewiesen. Ein Tag später geht es auf einem Symposium um „Schütze deinen Kopf.“