Hattingen. Drastische Maßnahmen fordert die Initiative Vor-Ort-Apotheken aus Hattingen in einer Petition, die jeder ab sofort online unterzeichnen kann.
Der „Initiative Vor-Ort-Apotheken“ aus Hattingen platzt der Kragen: Zu viel Bürokratie, Lieferengpassmanagement, Fachkräftemangel, fehlende Honoraranpassung prangern sie an. „Die Apotheken stehen vor dem Kollaps“, so heißt es in ihrer deutschlandweiten Petition. Darin fordern die Initiatoren drastische Maßnahmen.
„Perspektive für die Apotheke vor Ort – Streik Jetzt!“ ist die Petition überschrieben. Sie stammt aus der Feder des Rechtsanwalts Marc Raddatz von der Kanzlei Raddatz. Er hat die Petition „aus dem Bauch heraus geschrieben“. Ihn schockiert, dass „täglich eine Apotheke in Deutschland schließt“.
Initiative aus Hattingen warnt vor Apotheken-Sterben
Das Thema kommt bei ihm daheim allabendlich auf den Tisch. Denn er ist verheiratet mit der Apothekerin Margarethe Bogumila Seipolt, Inhaberin der Apotheke am Rathaus und der Augusta-Apotheke. Das Apotheken-Sterben treibt beide um.
Ärger über Pläne der Politik
Verärgert ist das Paar darüber, dass „Gesundheitsminister Lauterbach mit Sido über Cannabis-Clubs redet“ oder Gesundheitskioske einrichten möchte, „anstatt die Apotheken dabei zu unterstützen, die Arzneimittelversorgung vor Ort aufrecht erhalten zu können“.
Lieber sähen sie die Mittel in das bestehende System und dessen Qualität investiert.
Denn Hattingen sei zwar noch gut besetzt, aber bei den Notdiensten würde sich das schon bemerkbar machen, weiß Margarethe Bogumila Seipolt. Häufig müssen Hattinger zur Notdienstapotheke in eine andere Stadt fahren.
Öffnungszeiten schon eingeschränkt
Sie selbst hat bereits die Öffnungszeiten eingeschränkt. Freitags bleibt die Apotheke am Nachmittag geschlossen. „Seit einem Monat ist das ohne Anmeldung möglich.“ Fachkräfte fehlen. Aber auch die Personalkosten beschäftigen sie. Im Januar stünden die nächsten Tarifverhandlungen an. „Aber seit 20 Jahren sind unsere Honorare nicht angepasst worden, sie wurden im Gegenteil gekürzt.“ So könne man das Kerngeschäft nicht profitabel anbieten, ergänzt Marc Raddatz.
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Die Apothekerin berichtet, dass sie für jeden zweiten Kunden inzwischen Sonderprobleme lösen müsse. Dazu zählt: Rücksprachen mit dem Arzt halten, schauen, wo es ein Medikament doch noch gibt, Dosis umrechnen, wenn das Medikament nur in anderer Dosierung verfügbar ist. Das werde nicht honoriert, merkt ihr Mann an.
Kritik an Apothekerverband
Von ihrer Standesvertretung, ABDA – Bundesvereinigung Deutsche Apothekerverbände e.V., fühlt sich Margarethe Bogumila Seipolt nicht richtig vertreten. Denn Aktionen mit Postkarten, auf denen Kunden erklären, warum Vor-Ort-Apotheken unverzichtbar sind, reichten nicht.
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Darum steht in der Petition die Forderung an die eigene Standesvertretung, sofort weitere flächendeckende Streiks – wie im Juni – umzusetzen, um der „Bevölkerung vor Augen zu führen, welchen immensen Wert die Vor-Ort-Apotheken für ihre Gesundheit besitzen“.
Forderungen wie Versand-Verbot
Die Initiative fordert in der Petition zudem ein Versand-Verbot für verschreibungspflichtige Medikamente sowie eine Anpassung des Honorars auf zwölf Euro zuzüglich einer regelmäßigen automatischen Anpassung. Abgeschafft sehen möchten die Initiatoren das sogenannte Retaxationsverfahren. Dabei fordert die Krankenkasse an die Apotheke gezahlte Vergütungen für die abgegebenen Arzneimittel zurück, wenn beispielsweise Arztunterschriften fehlen, Rabattverträge nicht eingehalten werden, die Rezeptgültigkeit überschritten war.
Weichen soll zudem das Präqualifizierungsverfahren. Dabei müssen Apothekerinnen und Apotheker ihre Fachkunde und Leistungsfähigkeit nachweisen, um mit dem Zertifikat mit den Krankenkassen einen Vertrag abschließen zu können.
Mehr Schulen und Lehrstühle
Weitere Forderung: zusätzliche Schulen für Pharmazeutisch-Technische Assistentinnen und Assistenten (PTA) sowie Lehrstühle für Pharmazie.
Die Petition „Perspektive für die Apotheke vor Ort – Streik Jetzt!“ findet sich auf der Homepage www.openpetition.de.