Hattingen. Ob Virus, Krebs oder Schlaganfälle: Roland Wagenhäuser aus Hattingen hat sich immer wieder zurückgekämpft. Was er nun anderen sagen möchte.
Roland Wagenhäuser ist ein Mensch, der sich nicht unterkriegen lässt. Starke Kräfte hat er auch oft genug gebraucht. Zwei Schlaganfälle, Krebs, ein gefährlicher Virus: Das Leben des Hattingers hing immer wieder am seidenen Faden. Stets hat er sich zurückgekämpft. Von seinem Erfahrungsschatz sollen nun auch andere Menschen profitieren.
Mit elf erlitt Hattinger schwere Verletzungen bei Autounfall
Schon wenn der 54-Jährige von seinen ersten beiden Lebensjahren und den bedrohlichen Ernährungsstörungen erzählt, könnte man meinen, das Leben habe es von Anfang an nicht gut mit dem gebürtigen Hessen gemeint. Doch so denkt der frühere Mitarbeiter eines Telefonkonzerns nun mal nicht. Er habe doch alles überstanden – bis heute, sagt Wagenhäuser mit großer Gelassenheit.
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Als er elf ist, wird er von einem Auto angefahren und schwer an Bein und Knie verletzt. Seither hat er einen Klump- und Spitzfuß. „Damit habe ich mich abgefunden“, sagt er, ohne dass Groll in seiner Stimme mitschwingen würde. Wobei das schon was heißt für einen Mann, der als Kind von einer großen Fußballkarriere träumte. Die Mannschaft stand auch schon für den gebürtigen Frankfurter fest: die Eintracht, was auch sonst.
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Als junger Mensch machte er sich gleich mit zwei Ausbildungen (Einzelhandels- und Industriekaufmann) fit für den Arbeitsmarkt. Er startete bei einem großen Telefonkonzern durch, steig auf der Karriereleiter zügig nach oben. Läuft. Doch dann kam diese Nacht im August 1999, als er mit Schmerzen aufwachte und die Ärzte später „nicht erkannt haben, dass ich einen Schlaganfall erlitten hatte“. Das sollte sich erst bei späteren Untersuchungen herausstellen.
Nach dem zweiten Schlaganfall halbseitig gelähmt
Damals hat Roland Wagenhäuser nicht geahnt, was ihn noch alles erwartet. erst Hautkrebs, dann der zweite Schlaganfall 2006 mit 36 Jahren, bei dem es ihn noch heftiger erwischte als beim ersten Mal. Zwischenzeitlich spürte er seine Arme und Beine nicht mehr, saß im Rollstuhl. Roland Wagenhäuser war halbseitig gelähmt, musste wieder lernen zu laufen und mit Messer und Gabel zu essen. Glück im Unglück: Das Sprachzentrum im Gehirn war nicht betroffen.
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Körperlich hatte er sich zwar wieder zurückgeboxt, doch so recht wohl fühlte er sich nicht in seiner Haut. Schock und Ängste saßen tief, seine Stimmung rauschte in den Keller. Im Unternehmen stieg er aus seiner Führungsposition aus und hatte sich gerade anderen Arbeitsfeldern zugewandt, als auf einer Dienstreise in Deutschland ein Virus zuschlug: Lungen- und Herzbeutelentzündung ließen ihn schwer erkranken, abermals.
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Nach dem Burn-Out in der Firma hingeschmissen
Auch jetzt gelang es dem Hattinger die Leiden zu besiegen, doch als er in das Unternehmen zurückkehrte, beschlich in das Gefühl, am falschen Ort zu sein. Die Firma habe ihn zwar aufgenommen, aber nicht aufgefangen, sagt er. Für sein Schicksal habe sich niemand interessiert. Seine Werte, auf Miteinander zu setzen und nicht bloß auf Gewinnstreben zu schielen, hatten dort keinen angemessenen Platz.
Buch über die eigenen Erlebnisse geschrieben
Roland Wagenhäuser erfülle eine Vorbildrolle, sagt die Deutsche Schlaganfall-Hilfe. Er gebe seine Erfahrungen weiter. Sie hat ihn für den Motivationspreis vorgeschlagen, den die Stiftung mit Sitz in Gütersloh alle zwei Jahre vergibt. Der Festakt ist am 21. Oktober.
Dieberuflichen Wege führten den 42-Jährigen von Hessen über Köln und Essen schließlich nach Hattingen. Hier wohnt er seit neun Jahren mit seiner Frau zusammen.
In seinem vor zwei Jahren erschienen Buch „Tritt Dem Sündenbock in Den Arsch: Wie Resilienz ihnen Zu mehr Erfolg Im Leben verhilft“ (ISBN 979-8644291007) hat er eigene Erlebnisse verarbeitet und erklärt dem Leser, wie sie ihr Leben verändern können.
Hingeschmissen hat er aber erst als ihn ein Burn-Out mit voller Wucht traf. Während der anschließenden Therapie suchte er nach seinem eigenen Weg, „der zu mir passt und gefällt“, sagt Wagenhäuser. Er suchte sich einen Karrierecoach, der vorschlug, angesichts von Lebenserfahrung und fachlichem Wissen es ihm doch beruflich gleich zu tun. Zudem eigne sich Wagenhäuser doch auch als Resilienztrainer. Resilienz lässt sich salopp mit Widerstandsfähigkeit übersetzen.
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Der Hattinger folgte den Ratschlägen. Er absolvierte die erforderlichen Ausbildungen als Resilienztrainer und systemischer Coach, machte sich selbstständig und ist „Anwender einer positiven Psychologie“, so Wagenhäuser. Die Nachfrage mittelständischer Firmen und Privatkunden könne sich sehen lassen. Er verdiene zwar nur noch halb so viel wie früher, sagt er, sei dafür aber glücklich und zufrieden. Anderen Menschen zur Seite zu stehen, ist für ihn das Tüpfelchen auf dem i.