Hattingen. Auf dem Henrichshütten-Gelände Hattingen gibt es eine Vielzahl von Luftschutzanlagen. Warum Spionagesicherheit und Stahllamellen wichtig waren.

Wilfried Maehler und Michael Ide vom Studienkreis Bochumer Bunker e.V. erforschten in den Jahren 2003 bis 2009 die Luftschutz-Bauwerke der Henrichshütte Hattingen.

Sie entdeckten dabei nach eigenen Angaben bis dahin völlig unbekannte Bunker und Schutzanlagen, die sie vermessen und dokumentiert haben, „um künftigen Generationen das Wissen um diese Anlagen“ zu erhalten.

Schutzräume aus Stahllamellen sind Besonderheit der Henrichshütte Hattingen

Die beiden Experten erwähnen in ihrem Buch „Die Henrichshütte Hattingen im Zweiten Weltkrieg“ eine Besonderheit im Luftschutzbau der Henrichshütte, die nach dem Krieg weiterentwickelt wurde und vornehmlich im Bergbau zum Einsatz kam: Schutzräume aus Stahllamellen.

Auch auf dem Werksgelände gab es mehrere Deckungsgräben aus Stahllamellen, sie wurden aber in den 1960er-Jahren beseitigt – zeitgleich mit dem Flächengewinn durch die Ruhrverlegung.

Spionagesicherheit spielte bei Luftschutz-Planung eine Rolle

Maehler und Ide weisen auf Kriterien beim Luftschutz der Hütte hin – bei der Planung musste beispielsweise die Spionagesicherheit berücksichtigt werden: Werkselektriker durften so nicht mit Kriegsgefangenen in einem Schutzraum sein.

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„Es haben 10.000 Menschen hier gearbeitet, die mussten in fünf bis zehn Minuten bei drohendem Bombenangriff in Sicherheit gebracht werden“, erklärt Museumschef Robert Laube die Vielzahl an Luftschutzanlagen.

Bunker auf dem Gelände

Bunker gab es gleich vier auf dem Gelände. Der Hochbunker 1 – fertiggestellt 1944 – war sieben Etagen hoch und für 2000 Menschen geplant. Nach dem Krieg wurde erst die bombensichere Decke entfernt, der Bunker entkernt – und zur Vergütungsanlage umgebaut. Bei der Geländesanierung 2006/2007 kam es dann zum Abriss.

Der Hochbunker 2 gehört heute zum Unicorn-Park und ist weithin sichtbar – und neu genutzt.

Stollen zum Luftschutz

Hochbunker 3 war der so genannte Dietel-Turm mit der Luftschutz-Hauptbefehlsstelle. Auf dem Dach des siebengeschossigen Bunkers gab es einen Beobachtungsstand. Er wich in den 1960er-Jahren der Erweiterung des Stahlwerks. Unklar ist bis heute, ob die Planungen für einen vierten Bunker umgesetzt wurden.

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Gemauerte Toilettenabtrennung im Luftschutzraum in der Möllerung der Henrichshütte Hattingen.
Gemauerte Toilettenabtrennung im Luftschutzraum in der Möllerung der Henrichshütte Hattingen. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Zudem gab es Stollen zum Luftschutz: Stollen unter dem Wasserturm, Stollen Brucherstraße „Kasinostollen“(heutiger Beschuss-/Prüfstollen), Stollen Ledigenheim, Stolberg 1, Stollen August-Bebel-Straße (vormals Bismarckstraße), Luftschutzanlagen in den Erztaschen. Geplant war übrigens auch ein Stollen Erztaschen – von der Erztaschenmauer bis zum Kohlenbunker. Der Bau wurde nicht beendet, der Zugang wurde nach dem Krieg verschlossen.

Gerätewagenschutzraum ist heute Lagerraum einer Firma

Wie umfangreich die Beschäftigung mit dem Thema ist, zeigen die weiteren Themen, denen sich das Duo widmet wie Melderstollen, Luftschutzkeller, Splitterschutz, Baustellenluftschutz, Luftschutz der Kriegsgefangenen- und Zwangsarbeiterlager, Feuerlöschwesen, Schutz der Technik beispielsweise durch einen Gerätewagenschutzraum. Den gibt es auch heute noch – auf dem Gelände des Technologie- und Gründerzentrums Hattingen an der Werksstraße. Eine Firma nutzt ihn als Lagerraum.