Hattingen. Für den Werkschutz gedacht war der Luftschutzstollen Hattingen- Bredenscheid. Warum eine rostige Tür auf eine geplante Befehlsstelle hinweist.

Er beginnt und endet im Wald – und seine Geschichte ist eine unvollendete: Der Luftschutzstollen in Bredenscheid ist nie fertig gestellt worden.

Sein Eingang liegt mitten im Wald in einer Steinwand, in der ein großes Loch prangt. „Das ist die Versteinerung eines Baumstamms“, sagt Ulrich Jordan vom Amt öffentliche Sicherheit und Ordnung und Verein Bergbauaktiv. Er kennt den Stollen, dessen Eingang überdacht ist, wie seine Westentasche.

Stollen in Hattingen-Bredenscheid: gedacht für den Werkluftschutz des Benzolverbandes

Auf dem mit Teerpappe abgedeckten Holzdach über dem Eingang liegen Blätter, wachsen kleine Pflanzen. Sechs Stufen führen zur Tür hinunter. Rostig ist sie, der Schlüssel klemmt – die Witterung verzieht die Tür, hinter der eine Stufe lauert. Vor der warnt ein Schild an der Tür. „Der Eingang war damals komplett zugeschüttet mit Erdreich“, erinnert sich Jordan. Nichts sei da zu sehen gewesen von dem Türbogen aus Stein.

Stollen in Bredenscheid

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Gedacht war der Stollen für den Werkluftschutz. „Der Benzolverband wollte ihn nutzen. Der Stollen war auch dafür gedacht, hier die Hollorith-Maschinen unterzubringen für den Fall, dass das Werk in Bochum zerbombt wird“, erklärt Wilfried Maehler vom Studienkreis Bochumer Bunker e.V., der den etwa 140 Meter langen Stollen vermessen hat. Für 200 Menschen war er gedacht.

Bau begann 1944 – Luftschutzstollen bleibt unvollendet

Wilfried Maehler, Studienkreis Bochumer Bunker, und Ulrich Jordan, Amt für öffentliche Sicherheit und Ordnung und von Bergbauaktiv Ruhr e.V. am Eingang des Luftschutzstollens aus dem Zweiten Weltkrieg in Hattingen-Bredenscheid.
Wilfried Maehler, Studienkreis Bochumer Bunker, und Ulrich Jordan, Amt für öffentliche Sicherheit und Ordnung und von Bergbauaktiv Ruhr e.V. am Eingang des Luftschutzstollens aus dem Zweiten Weltkrieg in Hattingen-Bredenscheid. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

„Der Stollen ist in den Berg gesprengt eigens für Luftschutzzwecke“, sagt Jordan. 1944 startete der Bau, der nie fertiggestellt wurde, weil 1945 der Krieg endete.

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Oben an der First ist ein Loch zu sehen, das ganz durch eine Art Sturz geht. „Das sind die Bohrpfeifen für die Sprengladungen“, so Jordan.

Gestein fällt in den Stollen

Die Höhe des Stollens variiert, maximal 2,40 Meter ist er hoch. Der Grund: „Wird gesprengt, entsteht ein Loch. Dann muss man sehen, wo lockeres Gestein ist. Das beseitigt man, so kommt es zu unterschiedlich hohen und breiten Abschnitten“, sagt Maehler. Ein wenig wie kleine Räume, zwischen denen Stürze sind, wirkt der etwa zwei Meter breite Stollen dadurch.

Heutige Nutzung

Der Luftschutzstollen in Hattingen-Bredenscheid öffnet sich ab und an für Jugendgruppen.

Bei den Exkursionen geht es um das Thema Angst und Dunkelheit. Denn ist man tief im Stollen, kann mittels eines Schalters das Licht gelöscht werden. So können die Jugendlichen erfahren, wie sich Verschüttete fühlen, wenn sie tagelang im Dunkelen sitzen.

Hier und da weist Maehler darauf hin, dass Steine von oben oder seitlich herunterzufallen drohen. Interessant ist die Gesteinstruktur – inklusive geologischer Störungen und weiß glitzernden Kalkausspülungen an einigen feuchten Steinen.

Ein eingemauerter rostiger Türrahmen im Stollen in Bredenscheid zeugt davon, dass im Bunker eine Befehlsstelle vorgesehen war.
Ein eingemauerter rostiger Türrahmen im Stollen in Bredenscheid zeugt davon, dass im Bunker eine Befehlsstelle vorgesehen war. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Schmales Kohleflöz trägt Abbauspuren

Wenige Meter nach dem Eingang verläuft ein kleines Kohleflöz, dort geht es seitlich etwas tiefer in den Berg – ein Zeichen dafür, dass Privatleute später hier spärlich Kohle abklopften. „Das Flöz setzt sich nach unten fort und wird dicker. Es ist früher über den Stollen Braut abgebaut worden“, weiß Jordan.

Das Gestein im Stollen, in dem die Temperatur konstant bei sieben, acht Grad Celsius liegt, ist sehr unterschiedlich: Sandstein, Hottenstein, Tonschiefer finden sich. Aus der First ragt noch ein alter Holzdübel, an dem früher eine Lampe angebracht gewesen sein muss.

Am Schacht waren Baracken geplant

Nach etwa 30 Metern knickt der Stollen nach links ab. In der Ecke häuft sich Gestein bis an die Decke. „Dort oben ist ein Schacht, an der Stelle waren Baracken geplant. Nach dem Krieg hat man den Abraum hier reingeschüttet. Wir wissen gar nicht, ob der Stollen eventuell links auch noch weitergeht“, erklärt Jordan.

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Dass Stollen abknicken, sei gewollt und dem Splitterschutz geschuldet. Hier hätte eine Schleuse eingebaut werden sollen. Weiter geht es – aber nicht gerade, sondern in einem leichten rechten Bogen. „Man folgte beim Bau dem weichsten Gestein. Überhaupt schuf man den Stollen von zwei Seiten, in der Mitte traf man sich“, beschreibt Maehler. Ein bis zwei Abbiegungen seien zum Schutz vor Bombensplittern und Druckwellen immer eingebaut worden.

Stollen endet am Notausgang

Die „zweite Seite“, das ist der Notausgang. Doch zunächst führt der Weg hin zu einer Abzweigung, an der sich rechts ein rostiger, halb eingemauerter Türrahmen findet, vor dem diverse Metallschilder liegen. „Das sollte wohl ein Befehlsstelle werden“, vermutet Jordan. Folgt man dem Stollenverlauf weiter, biegt er plötzlich rechts ab, um dann steil bergan inklusive einer Rechtskurve weiterzugehen. „Hier gab es früher Treppen, aber von oben rieselt Erde hier herunter, sie sind nicht mehr zu sehen“, sagt Maehler. Dafür aber ein Licht am Ende des Stollens: der Notausgang.

Genutzt worden ist der indes nie. Dabei war der Bau nicht billig. „Man rechnet für so einen Stollen mit 10.000 bis 20.000 Reichsmark“, meint Jordan.